Direkte Demokratie: Wieder Begräbnisse der 3. Klasse im Parlament

Volksbegehren, Volksbefragung, Petition, Bürgerinitiativen! In der Nutzt-Nix-Gesellschaft wird es viel mehr Aktivitäten geben müssen, bis die Politik den Wert der direkten Demokratie erkennt. Hoffentlich rechtzeitig, bevor anti-demokratische Kräfte sie zu manipulieren beginnen. Das gab's schon!

Die beiden Langzeit-Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP haben es ja nicht so mit Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie. Und Liebe der beiden Oppositionsparteien FPÖ und Grüne ist auch dann am stärksten, wenn Instrumente wie Volksbegehren parteipolitisch eingesetzt werden können.

Gerade jetzt erreichte die Öffentlichkeit wieder die Nachricht von einer „Vollbremsung der Koalition bei direkter Demokratie“ („Die Presse“ vom 7. Juli). Es wird also wieder nichts mit einem anderen Umgang mit erfolgreichen Volksbegehren. Sie werden nicht, wie angekündigt, automatisch einer Volksbefragung unterzogen. Die Zeit sei noch nicht reif, rechtfertigten sich die Verfassungssprecher von SPÖ und ÖVP. Sie wissen gar nicht, wer das ist? Peter Wittmann und Wolfgang Gerstl! Wer? So wichtig ist die Bundesverfassung geworden! Früher hatten Mitglieder der ersten Parteireihen diese Funktion inne.

Mit dem Zeit-Argument kann man so ziemlich alles verhindern, das nicht in den parteipolitischen Kram passt. Wenn die Berichte stimmen, dann wurde mit den Grünen gar nicht über eine Zweidrittel-Mehrheit geredet. Eine Änderung ist also nicht möglich, weil eine Verfassungsmehrheit, die gar nicht erst gesucht wurde, nicht möglich ist. Alles klar? Parteipolitische Logik pur, falls Sie sich wundern sollten.

Und wie um diese Schmecks-Demokratie-Politik zu unterstreichen werden am Donnerstag, 9. Juli, als letzter Tagesordnungspunkt der letzten Sitzung des Nationalrats vor der Sommerpause mindestens 16 Petitionen und Bürgerinitiativen in einem Begräbnis 3. Klasse zu Grabe getragen ohne weitere Konsequenzen „endgefertigt“, schubladisiert. Das ist bei Sammelberichten des Petitionsausschusses so üblich.

Unter diesen Petitionen (Nr.59) ist auch jene der Initiative „Verwaltungsreform Jetzt“, mit der Wolfgang Bauer die Diskussion um Einsparungen und Schuldenabbau öffentlich weiter treiben wollte. Mehr als 11.000 Bürger haben unterzeichnet.

Wolfgang Bauer hat zumindest die Genugtuung, dass der Ausschuss das Anliegen sinnerfasst zusammengefasst hat:

"Zu den Anliegen dieser Bürgerinitiative: Die parteifreie Aktion 'Politreform-jetzt' hat eine Bürgerinitiative vorgelegt, die vor allem eine Reduktion der Ausgaben des Staates um 6 Mrd. €, wirksam ab dem Budget 2017, zum Inhalt hat. Gleichzeitig soll eine Schuldenbremse in der Verfassung - ähnlich wie in der Schweiz - verankert werden, um eine Krisenreserve aufbauen zu können. Die gesamte Staatsstruktur (Föderalismus, Verwaltung, Förderdschungel, Privilegien, geschützte Bereiche etc.) müsse durchforstet und entbürokratisiert werden. Dabei sei ein professionelles Vorgehen unter Einbindung der führenden politischen Kräfte und Experten von Seiten der Wirtschaftsinstitute, des Rechnungshofs etc. erforderlich. Erst dann sei es möglich, die ebenfalls dringend notwendige Reduktion der überdimensional angewachsenen Steuer- und Abgabenquote von über 45 Prozent vorzunehmen.”

In der Stellungnahme des Finanzministeriums  zu der Initiative wird der Eindruck erweckt, als würde die Regierung ohnehin bereits alles unternehmen. Für eine Schuldenbremse habe es 2011 keine Verfassungsmehrheit gegeben.

Siehe oben! 

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