Kreditzinsen: Auf die Marge kommt es an

Oesterreichische Sparzinsen
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Für Kreditnehmer gibt es wenig zu maulen: Die Zinsbelastung ist deutlich geringer als vor wenigen Jahren. Zugleich verdienen die heimischen Kreditinstitute sehr gut an ihnen. Eine (scheinbar) tolle Konstellation.

Wien. Wenn die Zinsen extrem niedrig sind und sich die Sparer ärgern, dann müssten sich die Kreditnehmer eigentlich freuen. Denn sie sollten für bestehende variable Kredite oder neu aufgenommene Darlehen deutlich weniger zahlen.

Eines vorweg: Die Schuldner werden heute tatsächlich deutlich weniger belastet als noch vor Monaten respektive Jahren. So einfach ist die Sache bei genauerem Hinsehen aber dann auch nicht. „Die Banken haben auch die niedrigen Marktzinsen genutzt, um ihre Kreditmargen zu erhöhen, daher verlangen sie auch bei langjährigen Kunden mit sehr guter Bonität eine Marge von bis zu 2,5 Prozent. Das ist gut für die Bank und schlecht für den Kunden“, sagt Dietmar Plattner, Finanzierungsexperte und Geschäftsführer von Mercurplus.

Marge herunterverhandeln

Bei der Kreditmarge gibt es für die Kunden eine Devise: verhandeln! Bei langjährigen Kunden mit sehr guter Bonität sollte es keinen höheren Zinsaufschlag als ein bis 1,5Prozentpunkte geben. „Einen Wohnbaukredit kann man in diesem Fall mit 1,25 Prozent Zinsen bekommen“, so Plattner. Dabei handelt es sich freilich um den Nominalzinssatz (Basiszinssatz plus Marge von einem Prozent, das ergibt rund 1,25 Prozent). Hinzu kommen Kosten für Bearbeitung, Kontoführung, Grundbucheintragung, Ablebensversicherung. Im Endeffekt muss man zwischen 0,5 und 1,5 Prozentpunkte dazurechnen. Damit ergäbe sich ein Effektivzinssatz von 1,7 bis 2,7 Prozent (abhängig von Kredithöhe, Laufzeit und Nebenkosten).

1,7 Prozent – verglichen mit den Jahren vor der Finanzkrise ist das wirklich wenig. In der Praxis kommen aber Schuldner schwer zu so günstigen Konditionen. Laut den Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) verlangten die Banken für neu ausgegebene Wohnbaukredite im Durchschnitt zuletzt etwas mehr als 2,8 Prozent. Da wird deutlich, dass die Kreditinstitute eine ordentliche Marge aufschlagen. Das ist für Kunden in Zeiten, in denen die Basiszinssätze (Euribor) extrem niedrig notieren, relativ einfach verkraftbar. Aber langfristig können diese Darlehen durch die hohen Margen bei steigenden Leitzinsen richtig teuer werden.

Aktuell ist von derart steigenden Zinsen nicht viel zu merken. Die Volkswirtschaften in der Eurozone sind (wohl noch lange) nicht robust genug, um höhere Zinsen vertragen zu können. Das haben auch die Verantwortlichen der Europäischen Zentralbank (EZB) relativ deutlich klargemacht. Und damit ergibt sich eine angenehme Konstellation: Die Kreditnehmer maulen nicht, weil sie deutlich weniger zahlen als früher. Zeitgleich verdienen die Banken kräftig.

Alternative Darlehen erscheinen in der aktuellen Lage unattraktiver. Etwa Fixzinskredite. Für die muss man derzeit mit 2,5 Prozent rechnen (bei sehr guter Bonität). „Da zahlt man doppelt so viel, wie eigentlich notwendig wäre. Dass die Zinsen bald signifikant steigen, ist unwahrscheinlich. Daher finde ich, dass eine Absicherung mit einem Fixzinskredit bzw. einem Zinscap derzeit nicht notwendig und zu teuer ist“, merkt Plattner an. Auch Bauspardarlehen haben einen Nachteil. Zwar orientiert sich deren Zinsbelastung grundsätzlich an den Euribor-Zinssätzen. Den Kunden nützen die niedrigen Marktzinssätze wenig, weil es bei Bausparkrediten eine Mindestverzinsung gibt, etwa 2,25 Prozent. Dazu kommen die Gebühren. Vorteil ist die Zinsobergrenze von sechs Prozent. Dieses Angebot der Bausparkassen ist also für jene interessant, die sich künftig um stark steigende Zinsen sorgen.

Bei einem Bauspardarlehen muss der Kunde nämlich keine zusätzliche Zinsabsicherung kaufen. Oft hört man von Finanzexperten reflexartig, man solle sich einen Zinscap besorgen, der die Zinsen von normalen Bankkrediten nach oben hin begrenzt. Die Praxis ist nicht so einfach. Zinsabsicherungen sind aktuell billiger, als sie es noch vor etwa zwei Jahren waren. Ein Beispiel: Ein Zinscap (ISIN: AT0000A0NWQ3) für ein tilgendes Darlehen kostet derzeit 34Euro (für eine Kreditsumme von 1000 Euro) – und nicht mehr über 60 Euro wie noch im Jahr 2011.

Zinscap rechnet sich oft nicht

Damit sichert sich der Kreditnehmer ab, und zwar, dass seine Zinsbelastung nicht steigt, auch wenn der Basiszinssatz (Euribor 3 M) bis Ende 2021 auf über drei Prozent anschwellen sollte. Aber Achtung: Diese Zinsobergrenze gilt nur für den Basiszinssatz, die Kreditmarge wird freilich nicht berücksichtigt. Dadurch erscheint das doch sehr teuer. Eine Rückblende: Der 3-M-Euribor notierte zuletzt vor mehr als vier Jahren bei über drei Prozent. Damit sich ein Zinscap für den Kunden rechnet, müsste der Basiszinssatz künftig schon über Jahre bei (deutlich) über drei Prozent liegen. Von diesen Niveaus ist man heute weit entfernt, aber bis 2021 kann ja noch viel passieren.

Was Sie beachten sollten bei... Krediten

Tipp 1

Zinssatz. Wenn von Kreditzinsen gesprochen wird, dann handelt es sich meist um Nominalzinssätze (Basiszinssatz plus Zinsmarge). In diesem Zinssatz sind viele Kosten noch nicht berücksichtigt, etwa Kontoführungsgebühren oder Kosten für die Ablebensversicherung. Relevanter ist daher der Effektivzinssatz, der die Kosten inkludiert. In den meisten Fällen liegt der effektive Zinssatz um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte höher als der Nominalzinssatz.

Tipp 2

Kosten. Diverse Spesen treiben die Kreditkosten in die Höhe. Da ist es wichtig, von vornherein gute Konditionen zu bekommen, zu vergleichen und auf alle Fälle mit der Bank zu verhandeln. Denn die Unterschiede sind groß, allein bei Kontoführungsgebühren. Die variieren zwischen 15 und 40 Euro pro Quartal. Letzteres würde in 15 Jahren also 2400 Euro ausmachen. Das ist enorm – und nicht notwendig, denn da kann man Kosten sparen.

Tipp 3

Lange Laufzeiten. Einige Kreditinstitute rühmen sich, dass sie Kredite mit extrem langen Laufzeiten zur Verfügung stellen, sogar bis zu 40Jahren. Das gefällt vielen Kunden, weil die Raten leistbar werden und sie vielleicht erst so die gewünschte Kredithöhe aufnehmen können. Aber: Mit längerer Laufzeit nimmt der Zinsendienst überdimensional zu, der Schuldner zahlt in Summe weit mehr zurück als etwa bei einer um fünf Jahre kürzeren Laufzeit.

Tipp 4

Teure Zinscaps. Eine Zinsabsicherung ist eine Spekulation, bei der eine Partei verliert, entweder der Kunde oder die Bank. Dass bei den Banken gewiefte Experten sitzen, muss jedem klar sein. Daher kann es vorkommen, dass Zinsabsicherungen nicht immer nützlich sind, frei nach dem Motto: Außer Spesen nichts gewesen! Der Schuldner profitiert nur, wenn die Euro-Geldmarktzinsen langfristig stark ansteigen. Das ist derzeit nicht absehbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2013)

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