Was bringen Impfungen bei Senioren?

(c) AP (Matthias Rietschel)
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Bei Älteren produzieren Immunzellen nach einer Schutzimpfung nicht mehr so viele Antikörper. Impfungen im Alter sind auch ein Thema bei den Brain Days.

Hält der Impfschutz gegen FSME nach heutigem Stand des Wissens bei Kindern und Erwachsenen etwa fünf Jahre, so benötigen Senioren schon alle drei Jahre eine Auffrischungsimpfung. Ganz ähnlich verhält es sich mit einigen anderen Schutzimpfungen, etwa jener gegen Tetanus.

Bei älteren Erwachsenen – als Faustregel gilt ab 50 Jahren, doch da gibt es individuelle Unterschiede – produzieren Immunzellen nach einer Schutzimpfung nicht mehr so viele Antikörper; Impf-Experten sprechen auch von „niedrigeren Impf-Titern“. Hinzu kommt, dass sich das Immunsystem älterer Menschen schwertut, auf ganz neue und bislang unbekannte Antigene zu reagieren.

Impfung gegen Gürtelrose

Diese nachlassende Immunfunktion im Alter hat zwei Hauptgründe, erklärt Univ.-Prof. Dr. Beatrix Grubeck-Loebenstein, Direktorin des Instituts für Biomedizinische Alternsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck. „Zum einen lässt die Antikörperproduktion der B-Zellen selbst nach, zum anderen haben ältere Menschen weniger aktive T-Zellen als jüngere.“ T-Zellen sind jedoch nötig, um gegen Krankheitserreger eine spezifische Abwehr zu erzeugen.

Gerade die nachlassende Aktivität und Zahl der sogenannten „naiven“ T-Zellen ist dafür verantwortlich, dass ältere Personen auf neue Impfungen schlechter ansprechen bzw. mitunter im Fall von Lebendimpfungen Impf-Reaktionen zeigen. „Das betrifft etwa die Impfung gegen Gelbfieber oder Tollwut. Das sollte man angesichts der zunehmenden Reisefreudigkeit von Senioren bedenken“, sagt Grubeck-Loebenstein. Sie empfiehlt daher älteren Menschen, die eine Fernreise machen wollen, zumindest genügend Zeit zwischen Impfung und Reiseantritt einzuplanen.

Speziell für ältere Personen entwickelt wurde die seit Kurzem ab dem 50. Lebensjahr empfohlene Impfung gegen Herpes zoster. „Herpes zoster oder Gürtelrose ist die Spätfolge einer Varicellen- oder Feuchtblatterninfektion in der Kindheit – und die hatte praktisch jeder einmal“, erläutert Dr. Birgit Weinberger von der Abteilung für Immunologie am Institut für Biomedizinische Alternsforschung.

Das Herpesvirus versteckt sich ein Leben lang im Nervensystem, wird aber in der Regel vom Immunsystem gut in Schach gehalten. „Mit der nachlassenden Immunfunktion im Alter kommt es häufig zu schmerzhaften Herpes-zoster-Erkrankungen mit der möglichen Komplikation einer postherpetischen Neuralgie – einer langwierigen, oft nur schwer zu behandelnden Erkrankung“, sagt Weinberger.

Da die Impfung das Immunsystem wie ein „Trainingsreiz“ wieder auf das Herpesvirus aufmerksam macht, kann sie das Risiko einer Herpes-zoster-Erkrankung um etwa die Hälfte verringern. „Im Vergleich zur Gruppe, die einen Placeboimpfstoff erhielt, ging bei geimpften Personen auch die Häufigkeit der postherpetischen Neuralgie um 67 Prozent zurück.“

Grippeschutz ab 50 empfohlen

Ab dem 50. Lebensjahr besonders empfohlen wird die jährliche Grippeschutzimpfung, deren Wirksamkeit laut Grubeck-Loebenstein und Weinberger erst in jüngsten Untersuchungen gut dokumentiert wurde. Besonders profitieren von dieser Impfung jene Menschen, die an COPD (chronisch obstruktiver Lungenkrankheit) leiden, und das sind unter den über 70-Jährigen bereits bis zu 45 Prozent.

„Exazerbationen, also zum Teil dramatische Verschlechterungen einer COPD, werden häufig durch Influenzaviren oder Pneumokokken ausgelöst“, erwähnt Dr. Arschang Valipour, Facharzt für Lungenkrankheiten am Sozialmedizinischen Zentrum Baumgartner Höhe (Otto-Wagner-Spital).

Mithilfe der Grippeschutzimpfung kann das Risiko einer solchen Exazerbation – und damit einer Verschlechterung der Lungenfunktion – deutlich verringert werden. Womit letztlich auch weniger Spitalsaufenthalte nötig sind.

„Auch die Sterblichkeit ging bei Geimpften zurück, wie eine Untersuchung an mehr als 170.000 Personen zeigte“, sagt Valipour. Die Impfung gegen Influenza wird daher unabhängig vom Alter allen Patienten mit COPD von heimischen Lungenfachärzten empfohlen, „hinsichtlich der Pneumokokkenimpfung haben wir für eine Empfehlung aber noch nicht genügend Daten aus klinischen Studien.“

EMPFEHLUNGEN

Spezielle Impf-Empfehlungen für Senioren: Grippeschutzimpfung: jährlich, besonders empfohlen für Menschen ab dem 50. Lebensjahr und alle Patienten mit COPD. FSME: alle drei statt alle fünf Jahre. Diphtherie/Pertussis/Tetanus: alle fünf statt alle zehn Jahre. Herpes zoster: einmalige Impfung ab dem 50. Lebensjahr.

Impfungen im Alter sind ein Schwerpunktthema der diesjährigen Brain Days, die von 24. bis 29. Mai 2009 in Rust stattfinden. „Die Presse“ ist Kooperationspartner.

Infos: ? 01/532 27 58.

www.braindays.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2009)

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