Erste Hoffnung auf Impfung gegen HIV

lab technician working with the HIV Vaccine Trial Phrase Project in Thailand
lab technician working with the HIV Vaccine Trial Phrase Project in Thailand(c) AP
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Beim Test eines Impfstoffs gegen HIV in Thailand hat sich erstmals ein Hoffnungsschimmer gezeigt: Es erkrankten weniger Geimpfte als Ungeimpfte, und zwar gleich um 31,2 Prozent.

Beim Test eines Impfstoffs gegen HIV in Thailand hat sich erstmals ein Hoffnungsschimmer gezeigt: Es erkrankten weniger Geimpfte als Ungeimpfte, und zwar gleich um 31,2 Prozent. „Das ist ein historischer Meilenstein“, interpretierte Mitchell Warren von der internationalen Aidsimpfungs-Forschungsgruppe Aids Vaccine Advocacy Group. Andere urteilten vorsichtiger: „Wir sind nicht am Ende der Straße, ich möchte keine Worte wie ,Durchbruch‘ verwenden, aber es gibt keinen Zweifel, dass das ein wichtiges Ergebnis ist“, erklärte Anthony Fauci, Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases der USA, das an dem Test beteiligt war: „Wir können nun beginnen, sehr wichtige Fragen zu stellen.“

Denn an dem Test ist vieles unklar, zunächst seine Aussagekraft: Getestet wurde an 16.000 Freiwilligen, die eine Hälfte erhielt den Impfstoff – RV 144 –, die andere ein Placebo, dann wurde drei Jahre lang auf HIV getestet. Von den Nichtgeimpften wurden 74 infiziert, von den Geimpften 51. Das bringt zwar die 31,2 Prozent, aber die absoluten Zahlen lesen sich doch weniger eindrucksvoll – so kleine Zahlen erlauben keine Schlüsse –, und mit 31,2 Prozent Wirkung hätte ein Impfstoff bei keiner anderen Krankheit eine Chance (70 bis 80 Prozent müssen es schon sein).

Zudem ist völlig unklar, wie der Impfstoff gewirkt haben mag – wenn er es denn tat –, und die Geschichte der Suche nach einem HIV-Impfstoff lehrt obendrein Vorsicht: Zu Beginn, Mitte der Achtzigerjahre, war man zuversichtlich, dass man bald einen haben werde, und zwar einen, der das Virus erst gar nicht in den Körper hereinlässt. Für so etwas sorgt das Immunsystem mit seinem einen Ast, Antikörpern, die Eindringlinge zerstören. Alle Versuche in diese Richtung misslangen. Deshalb wandte man sich dem zweiten Ast des Immunsystems zu, den Blutzellen, die das Eindringen von Eindringlingen zwar nicht verhindern, aber diese dann zerstören. Wieder kein Erfolg.

Unter Forschern herrschte Depression

„Anfang der Neunzigerjahre war alles fehlgeschlagen“, erinnerte sich später Aidsforscher Robert Gallo, der als einer von wenigen weitertat, „unter uns Forschern herrschte die blanke Depression.“ Die steigerte sich noch, als die Firma Merck vor zwei Jahren doch noch einmal einen Anlauf nahm: Dieser Impfstoff half nicht nur nichts, er verschlimmerte alles, sorgte für höhere Infektionsraten (bis heute ist ungeklärt, warum). Umso willkommener nun der hoffentliche Erfolg in Thailand.

Aber er ist rätselhaft: Man hat zwei frühere Testimpfstoffe kombiniert (einen für Antikörper, einen für zelluläre Abwehr), die beide alleine keine Wirkung hatten. Und wie sie jetzt gekommen ist, weiß niemand: Die Geimpften, die doch infiziert wurden, hatten die gleiche Virenbelastung wie Ungeimpfte. So gibt der Test in Thailand zwar der Forschung zu tun, potenzielle Virenopfer werden aber so rasch nichts davon haben: 7000 Menschen weltweit infizieren sich jeden Tag.

HIV: Schwer angreifbar

Zwei Waffen hat das Immunsystem, Antikörper und Abwehrzellen. Mit beiden hat man bisher Impfstoffe versucht, beides ist gescheitert. Der jetzige kombiniert beide, aber seine Wirkung ist – sofern sie überhaupt vorhanden ist – völlig unklar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2009)

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