Wer gesund stirbt, hat mehr vom Leben

Wie ist gesundes Altern möglich? Ein Buch gibt Tipps und nimmt medizinische Studien unter die Lupe.

Vitamine gegen Herzinfarkt, ein Glas Rotwein gegen Krebs? Täglich prasseln Unmengen von Botschaften auf den Konsumenten beziehungsweise auf den Patienten ein. Immer mehr Medien versorgen die Menschen mit mehr oder weniger nützlichen Informationen zum Thema Gesundheit.

Medizinische Studien gibt es wie Sand am Meer. Eine Studie löst die andere ab und zeitigt neue „Ergebnisse“. Der gesundheitsinteressierte Mensch erfährt davon in den Medien, und so manchen beschleicht das Gefühl, dass man längst nicht alles glauben soll, was einem vermittelt wird. Dieses Gefühl verfestigt sich bei der Lektüre des Buches „Wer gesund stirbt, hat mehr vom Leben“. Der Mediziner Univ.-Prof. Dr. Siegfried Meryn und der Journalist Christian Skalnik haben darin unzählige medizinische Studien und Gesundheitstipps unter die Lupe genommen und kritisch kommentiert. Den beiden entscheidenden Lebensstilfaktoren Ernährung und Bewegung ist der Großteil des Buches gewidmet. Sie sind es auch, die unsere Gesundheit und unsere Lebensspanne bestimmen. Gene? Auch sie sind relevant, entscheidend ist aber der Lebensstil. Etwa das Rauchen. Nicht zu rauchen verlängert das Leben um Jahre. Zum Vergleich: „Regelmäßige Brustkrebsfrüherkennungsuntersuchungen verlängern das Leben statistisch gesehen um ganze 24 Tage“, so die Autoren.

Medizin: Nicht überbewerten

Die moderne Medizin spiele überhaupt keine so große Rolle, wie man annehmen möchte. „Bloß zehn bis 20 Prozent der gewonnenen Lebensjahre gehen auf die Kunst der Ärzte zurück.“ Dennoch wird Geld vor allem in „Reparaturleistungen“ anstatt in Vorsorge gesteckt. Gesundheitsökonomen warnen längst vor einem drohenden Kollaps des Gesundheitssystems. Immer mehr Menschen werden älter und brauchten daher teure medizinische Behandlung. Letzteres müsse nicht sein, so die Autoren. Denn im Grunde wäre es ein Leichtes, die Bevölkerung gesund zu halten. Am Beispiel Diabetes: Die Behandlung verschlingt Milliarden, doch: „85 Prozent aller Typ-II-Fälle ließen sich durch vernünftigere Ernährung und Bewegung aus der Welt schaffen.“

Dass nicht alle dieses Ziel verfolgen, ist klar: Übergewichtige und kranke Menschen sorgen für „gesunde“ Pharma- und Nahrungsmittelhersteller und verschaffen Milliardeneinnahmen. Eine Ernährungslehre löst die andere ab, eine Diät folgt der nächsten. Sinnlose Geldverschwendung zumeist, wie man längst weiß.

Den Autoren ist es gelungen, in leicht lesbarer und durchaus spannender Form, viele Mythen aufzulisten und Studien zu hinterfragen. Auf 256 Seiten bietet sich dem Leser ein Überblick über den medizinischen Wissensstand unserer Zeit. Sämtliche gesundheitsrelevanten Fragen werden beleuchtet oder zumindest angeschnitten. Grundlage ist die Frage: Wie kann es uns gelingen, lange zu leben, und dies in möglichst gesundem Zustand?

Den Jahren mehr Leben geben

Die Erkenntnis der Autoren ist so simpel, dass es viele vielleicht nicht hören möchten. Man müsse nur die Lebensgeschichten sehr alter Menschen analysieren: Sie waren schlank, ihr ganzes Leben in Bewegung, pflegten ein reges Sozialleben, waren gelassen, mit sich im Reinen und blickten optimistisch in die Zukunft. Mit einem erfüllten Leben ist es im Grunde auch nicht entscheidend, ob man denn zum Lebensende hin noch ein Jahr schafft und dann noch eines. Entscheidend ist, dass man den Jahren, die einem vergönnt sind, mehr Leben einhaucht. (th)

„Wer gesund stirbt, hat mehr vom Leben“, Ecowin Verlag, 256 Seiten, 19,95 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2010)

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