Deutsche Stadtquartiere blühen wieder auf

Gerling Quartier
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Urbane Entwicklung: In Städten wie Bremen, Berlin und Köln wachsen ganze neue Bezirke heran. Zum Teil auf historischen Flächen oder auch auf einem zugeschütteten Hafen.

Was der Kölner Unternehmer Hans Gerling während der deutschen Wirtschaftswunderzeit der Nachwelt in Stein und Stahl hinterlassen hat, ist bereits Kulisse für zahlreiche internationale Film- und Fernsehproduktionen gewesen: Über 33.000 Quadratmeter erstreckt sich das Areal mitten in der Domstadt Köln. Die Bauwerke des Gerling Quartiers gehörten einst dem Versicherungskonzern Gerling. Derzeit realisiert die Immofinanz gemeinsam mit ihrem Projektpartner Frankonia Eurobau AG eines der größten innerstädtischen Quartierentwicklungsprojekte in Deutschland. Auf insgesamt 94.000 Quadratmetern entstehen Luxuswohnungen sowie Büro- und Gewerbeflächen (45.000 Quadratmeter), das Investitionsvolumen beträgt 370 Millionen Euro. „In Köln besteht große Nachfrage nach hochwertigen Wohn- und Büroräumen. Insbesondere die Premium-Wohnungen schließen eine Angebotslücke auf dem Immobilienmarkt“, sagt Uwe Schmitz, Frankonia-Vorstandsvorsitzender in Berlin.

Kölner Kulissenwechsel

Die hauptsächlich in den 1950er-Jahren errichteten Bürogebäude der Versicherung stehen unter Denkmalschutz. Bis 2013 werden 139 Eigentumswohnungen, auf sechs Wohnhäuser aufgeteilt, zwischen 60 und 370 Quadratmetern errichtet. Serviced Apartments mit einer Fläche von 45 bis 70 Quadratmeter sollen das Interesse von Anlegern wecken. Nach italienischem Vorbild wird eine durch den Nord- und Südteil des Gebäudeensembles verlaufende Straße in eine Piazza umgestaltet und soll eine neue Klientel zum Shoppen oder Essen in die Gourmetrestaurants bringen. Das Quartier wirkt wie ein kleines Dorf mitten in der Stadt.

Generell sind Wohn- und Gewerbequartiere in deutschen Städten – wie auch in Hamburg die Hafencity – im Aufwind. In Bremen wächst direkt am Fluss in den alten Hafenrevieren mit der „Überseestadt“ ein neues Quartier heran. Der Wandel des Areals rund um den zugeschütteten ehemaligen Überseehafen ist neben dem Gerling Quartier eines der größten städtebaulichen Projekte in Deutschland: Das Gebiet ist dreimal so groß wie die Bremer Innenstadt und bietet einen Nutzungsmix aus Dienstleistung, Büros, Gewerbe, Hafenwirtschaft, Kultur und Wohnen. Das Projekt umfasst eine Fläche von 288 Hektar, mehr als 300 Millionen Euro investiert die öffentliche Hand in Infrastrukturmaßnahmen, und zwei Milliarden steuern private Investoren bei. Erschließung, Entwicklung und Vermarktung erfolgen durch die von der Stadt eigens dafür gegründete WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH.

Ein Stararchitekt für Bremen

Zur Zeit sind bereits 450 Unternehmen mit rund 8800 Mitarbeitern angesiedelt. Bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2025 erhofft man sich 16.000 Arbeitsplätze, die unter anderem Platz in einer 17.000 Quadratmeter großen Immobilie finden – das ehemalige Verwaltungsgebäude einer großen Rösterei wurde hier zu einem Bürokomplex umgebaut. Im sogenannten Weser Quartier der Überseestadt wurde der 82 Meter hohe Weser Tower unter der Leitung der Projektgesellschaft Siedentopf errichtet. Das vom amerikanischen Stararchitekten Helmut Jahn entworfene Haus ist das höchste Bremens: 22 Stockwerke mit einer Bruttogeschoßfläche von 18.500 Quadratmeter wurden im vergangenen Jahr fertiggestellt, Hauptmieter ist ein Oldenburger Energieversorger. „Unser Konzept basiert auf der langfristigen Vermietung, und die Projekte scheinen deshalb eher anziehend für größere, stabile, häufig traditionsreiche Unternehmen zu sein“, sagt Bernd Schmielau, Geschäftsführer von Siedentopf. Damit das Gebiet abends nicht zu einem verlassenen „Geisterviertel“ verkommt, siedelte man ein Theater und diverse Gastronomiebetriebe an. „Die Uferlinie wurde nicht vollständig für Bürogebäude verplant, sondern eine Parkanlage an der Promenade geschaffen“, beschreibt Schmielau den Standort. Neben allen Neuerungen prägen traditionelle Branchen den Charakter der neuen Stadtteils: So dienen viele Speichergebäude weiterhin der Logistik und Lagerhaltung.

Berliner Beamtenhaus

Rund 370 Kilometer Luftlinie entfernt in Richtung Osten hat in Berlin der Vertrieb eines neuen Immobilienprojekts begonnen: Auf den denkmalgeschützten Altbauten des früheren königlichen Hofbeamtenhauses entstehen 2650 Quadratmeter Fläche, verteilt auf 13 Eigentumswohnungen im Dachgeschoß. Die neobarocke Fassade wurde restauriert. Die im teuersten Stadtteil Mitte gelegenen Penthouse-Wohnungen werden „weniger von typischen Berliner Familien nachgefragt, sondern von Privatpersonen aus dem überregionalen Bereich, die sich einen zweiten Wohnsitz in der Bundeshauptstadt leisten wollen“, erklärt Ralf Rosinus, Immobilienberater bei der für den Verkauf zuständigen Ziegert Bank- und Immobilienconsulting in Berlin. 8000 Euro pro Quadratmeter werden für die mit Fernwärme ausgestatteten Wohnungen verlangt.

Auf einen Blick

Für das Kölner Gerling Quartierrechnet man mit einem Investitionsvolumen von 370 Mio. Euro. Für die Bremer Überseestadtinvestiert die öffentliche Hand 300 Mio. Euro, zwei Milliarden kommen von privaten Investoren. Für das Berliner Hofbeamtenhaus fließen 22 Mio. Euro.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.gerling-quartier.com

www.koenigsdaecher.de

www.siedentopf.de

www.ueberseestadt-bremen.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2011)

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