Phantomtunnel gefährdet Kulturerbe

Phantomtunnel gefaehrdet Kulturerbe
Phantomtunnel gefaehrdet Kulturerbe(c) ORF (Riha)
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Der Kapuzinerbergtunnel, eine Verbindung zwischen dem Stadtteil Schallmoos und dem Franz-Rehrl-Platz im Süden des Berges, erregt die Gemüter heftig. Dabei ist der Tunnel nicht mehr als ein Phantom.

Salzburg. Was die Waldschlösschenbrücke 2009 in Dresden war, könnte der Kapuzinerbergtunnel in der Stadt Salzburg sein: der Stein des Anstoßes, der zur Aberkennung des Status als Weltkulturerbe führt. Icomos, jene Organisation, die die Unesco als Hüterin des Weltkulturerbes unterstützt, hat in einem Schreiben an die Straßenrechtsabteilung des Landes ihre Sorge ausgedrückt, dass das Tunnelprojekt im Widerspruch zum Weltkulturerbe stehen würde.

Der Kapuzinerbergtunnel, eine Verbindung zwischen dem Stadtteil Schallmoos und dem Franz-Rehrl-Platz im Süden des Berges, erregt die Gemüter heftig. Dabei ist der Tunnel nicht mehr als ein Phantom. Im Abstand von ein paar Jahren taucht er regelmäßig als Möglichkeit auf, das innerstädtische Verkehrsproblem in den Griff zu bekommen. Um dann mangels Finanzierung wieder zu verschwinden.

Im Oktober 2007 hatte die Stadt die Arbeiter- und Wirtschaftskammer mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Die Sozialpartner kommen zum Schluss, dass die Lösung die Innenstadt vom Verkehr entlasten würde. Ein Ergebnis, mit dem Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) keine Freude hat. Vorrang genießt derzeit ein Projekt mit Wohnungen für betuchte Käufer neben dem Krankenhaus am Franz-Rehrl-Platz, wo die Einfahrt des Tunnels wäre.

Wohnbau statt Tunnel

Planungsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste) gilt ebenso wie Schaden als Verfechter des Wohnprojekts. Nicht nur, weil sie einen architektonischen Akzent in unmittelbarer Nähe zur Altstadt setzen möchten. Sie könnten damit auch den von der Bürgerliste ohnehin seit Jahren abgelehnten Kapuzinerbergtunnel versenken.

Während SPÖ, Bürgerliste und FPÖ eine ideale Möglichkeit sehen, die Diskussion ein für alle Mal zu beenden, kämpft Vizebürgermeister Harald Preuner (ÖVP) darum, zumindest so viel Platz freizuhalten, dass die Chance, den Tunnel irgendwann doch zu realisieren, nicht vertan wird. Weil die ÖVP in der Stadt mit ihrer Meinung in der Minderheit ist, versuchen die Tunnelbefürworter nun einen Umweg über das Land: Dort wird eine Trassenfreihaltungsverordnung erarbeitet, um den Platz für die Ein- und Ausfahrten zum Straßenplanungsgebiet zu erklären. Eine Einmischung, die in der Stadt – abgesehen von der ÖVP – unisono für Empörung sorgt.

„Schluss mit diesem Wahnsinnsprojekt“, forderte Schaden. Der Tunnel sei ohnehin nur ein „Hirngespinst“. Schließlich werde es angesichts des Sparzwangs in den nächsten 20 bis 30 Jahren kein Geld dafür geben. Dass Salzburg damit auch keine warnenden Briefe der Unesco mehr bekommen wird, ist nicht sicher. Schließlich sieht Icomos auch das Wohnprojekt mit einer gewissen Sorge.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2012)

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