Erster Bezirk, erste Adresse: Der Innenstadthype geht weiter

(c) Bilderbox
  • Drucken

Die Innere Stadt ist ein teures Pflaster – mit preislichem Steigerungspotenzial. Experten prognostizieren Quadratmeterpreise von bis zu 40.000 Euro. Käufer aus dem Osten machen Spitzenwerte möglich.

Eine simple Postleitzahl bringt die Begehrlichkeiten auf den Punkt: 1010 Wien. Denn sie verheißt eine Adresse im ersten Bezirk – und die liegt in der Nachfrage der internationalen Klientel ganz oben. „Allerdings gibt es keine große Bandbreite an wirklich schönen Objekten, der Markt ist dünn“, konstatiert Christoph Koch von Dr. Koch Traumrealitäten. Und: „Die Eigentümer haben wahnsinnig hohe Preisvorstellungen“, ergänzt Andrea Mittermayr, Wohnimmobilienexpertin von Spiegelfeld Immobilien.

Kauffreudige Klientel

Absolute Liebhaberpreise sind folglich keine Seltenheit. Da trifft es sich gut, dass jene, die sich am brennendsten für die Wiener Innenstadt interessieren, auch das nötige Kleingeld mitbringen: Es sind in erster Linie Russen, aber auch Käufer aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, aus der Ukraine und China, die bei Wohnflächen von 400 bis 500 Quadratmetern und Objekten in der Größenordnung von fünf bis sieben Millionen Euro nicht Nein sagen. „Entscheidungsgrundlage für ein Objekt ist zumeist nicht die Quadratmeterzahl, sondern die Anzahl der Schlafzimmer, die für den Käufer und seine Familie benötigt werden“, berichtet Richard Buxbaum von Otto Immobilien.

Die Quadratmeterpreise haben zuletzt vereinzelt Spitzenwerte von 25.000 Euro erreicht. Auch wenn die Schallgrenze von 20.000 Euro noch nicht so häufig fällt, zeigt die Tendenz weiter nach oben, das Interesse von Käufern aus dem Osten wird noch stärker zunehmen, glauben die Experten. „Wien hat im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen wie Paris und London einigen Aufholbedarf. Man spricht von möglichen Quadratmeterpreisen von bis zu 40.000 Euro. Wenn man sich den Markt ansieht, ist das auch wahrscheinlich“, konstatiert Koch.

Warum der Innenstadt-Hype? „Wien wird immer bekannter dafür, dass es sich hier gut leben und in Immobilien investieren lässt, man kommt zudem mit der Familie gern für ein paar Wochen zum Wohnen hierher. Die Käufer haben in vielen Fällen bereits Objekte in London, Paris oder Monaco und wollen das Objekt in Wien als europäischen Zweit- oder Drittwohnsitz nutzen“, erläutert Buxbaum die Beweggründe der Immobiliensuchenden. Er hat zudem eine verstärkte Nachfrage aus der Schweiz geortet, Koch weiß auch von vermehrten Käufen englischer Klientel zu berichten.

Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei klassische Altbauwohnungen. Der Grund dafür ist schnell erklärt: „Die internationale Käuferschicht sucht gerade diesen besonderen Charme, das spezielle Flair des traditionellen Altbaus“, so Koch. Man kauft also nur zu gern nebenbei auch ein Stück Geschichte. Hinzu kommen laut Mittermayr Kriterien wie ein attraktiver Ausblick, helle Räume und ruhige Schlafzimmer.

Alt versus modern

Ausstattungstechnisch liegt der Maßstab bei modernster Technik, Luxusmaterialien, Garage und Lift, Niedrigenergiestandard – und nach Möglichkeit Balkon oder Terrasse, was im Altbau freilich Seltenheitswert hat und eher bei Neu- oder Dachausbauten zu finden ist. Darüber hinaus sind „ein Bad pro Schlafzimmer und ein hoher Sicherheitsfaktor gefragt, das beginnt schon bei hochwertigen Eingangstüren und Videogegensprechanlagen“, führt Buxbaum aus. Mit dem persönlichen Architekten werde ohnehin in den meisten Fällen noch Hand angelegt.

Auch innerhalb eines Gebäudes gibt es klare Prioritäten: Im optimalen Fall liegt die Wohnung aufgrund der besseren Lichtverhältnisse so hoch oben wie möglich – konkret heißt das, im letzten Geschoß unter dem Dach. Moderne Penthouses spielen in einer anderen Liga, sie sind genauso wie Neubauprojekte stärker unter heimischen Käufern nachgefragt. Aktuell steht ein Penthouse in einem Innenstadtpalais mit Terrasse und acht Zimmern für 5,9 Millionen Euro zum Verkauf, berichtet Koch.

Russen suchen Nähe zur Oper

Als Hotspots der Wiener City gelten wie eh und je Lagen rund um Stephansplatz, Kohlmarkt und Kärntner Straße. Alternativen liegen laut Koch beim Burggarten oder Stadtpark. Denn: Ein Objekt kann mit einem Blick auf einen Park oder eine begrünte Freifläche punkten, was sich unmittelbar auf den Preis niederschlägt. Zumindest aber sollte es kein direktes oder zu nahes bauliches Gegenüber aufweisen, um Spitzenverkaufswerte zu erzielen. Vor allem die russische Klientel fragt die Nähe zur Staatsoper nach, kulturelle Abendgestaltung in Fußnähe ist hier inklusive. Nicht zuletzt aus diesen Gründen ist ein Concierge-Service Teil des Kriterienkatalogs, schließlich will man die kostbare Zeit nicht für Ticketreservierungen oder Ähnliches vergeuden. Der Einzugsbereich Staatsoper reicht über den Ring hinaus – etwa auf den Schillerplatz. Weiters gefragt sind das Börseviertel und der Franz-Josefs-Kai bis hinauf zum Hohen Markt.

Im klassischen Altbau bewegen sich die Quadratmeterpreise durchschnittlich bei 16.000 bis 18.000 Euro, Wohnungen in 1960er-Jahre-Bauten erzielen deutlich niedrigere Preise, sie sind um rund 10.000 Euro pro Quadratmeter zu erwerben. Gerade in den begehrtesten Zonen rund um Graben und Kohlmarkt gibt es selten ein entsprechendes Angebot, eher ist dies noch im Börseviertel der Fall, „aber auch hier haben die Preise schon ziemlich angezogen“, sagt Mittermayr. Deutlich gestiegen ist auch das Preisniveau rund um den ersten Bezirk, im zweiten beispielsweise ist das Interesse auf den Karmelitermarkt fokussiert – hier ist mit Preisen von durchschnittlich 4000 bis 5000 Euro pro Quadratmeter zu rechnen. Eigentlich macht man in dieser Luxusklasse keine Kompromisse. In Ermangelung eines breiten Angebots werden dennoch Mikrolagen in Fußreichweite zum Zentrum immer attraktiver – und damit auch die Bezirke 3, 4, 6, 7, 8 und 9. Ein Ende der Innenstadt-Euphorie? Nicht in Sicht.

Die City, die Preise

Im internationalen Vergleich ist Wien noch immer günstig. Künftig sollen jedoch auch hierzulande Quadratmeterpreise von bis zu 40.000 Euro üblich werden. Die Klientel gibt es bereits: Käufer aus Russland, der Ukraine, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder China. Sie erwerben als europäischen Drittwohnsitz Objekte in einer Größenordnung von fünf bis sieben Millionen Euro. Im Fokus ihres Interesses: die klassische Altbauwohnung. Heimische Käufer setzen eher auf neue Dachausbauten und Penthouses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

New Articles

Türme für den »Bergstamm«

Wohn-Wahnsinn auf höchstem Niveau. In Tokio wachsen luxuriöse Wohntürme als »vertikale Städte«.
New Articles

Die teuerste Adresse an der Themse

Der Handel mit Luxusimmobilien in London boomt. Italiener, Griechen oder Russen legen ihre Millionen in den Nobelbezirken an.
Wohnen

Nobel-Penthouse fürs Töchterchen

In New York bieten Russen, Chinesen und Brasilianer eifrig auf dem Immobilienmarkt mit und treiben so die Preise kräftig in die Höhe.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.