Shangri La: Das Geisterhotel am Schubertring

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im Februar sprang die asiatische Hotelkette Shangri La von einem Projekt in Wien ab. Seither sucht die Immobilienfirma einen neuen Betreiber und sitzt inzwischen auf einem leeren Gebäude. Ein Lokalaugenschein.

Wien. „Theoretisch wäre es denkbar, noch heuer zu eröffnen“, sagt Robert Hahn. Theoretisch. Denn noch ist nicht klar, wer das Hotel überhaupt in Betrieb nehmen soll – das Hotel am Schubertring, so nennt es der Projektleiter der Bauträger Austria Immobilien (BAI). Den ursprünglichen Namen, Shangri La, nimmt man bei der BAI nicht mehr in den Mund. Denn seit die asiatische Hotelkette im Februar kurz vor der Abnahme plötzlich vom gemeinsamen Projekt absprang, ist man merklich auf Distanz gegangen – der Schriftzug am Eingang wird schon länger von einem schwarzen Tuch verdeckt.

Schließlich sitzt die Immobilientochter der Bank Austria nun auf einem luxuriösen Geisterhotel am Schubertring, für das sie nach einem Betreiber suchen muss. Einsam lehnt ein Portier im Eingangsbereich hinter einem Pult. Viel hat er nicht zu tun. Denn der Betrieb in einem leer stehenden Hotel hält sich in Grenzen. Ein Facility Manager ist neben ihm die zweite Person, die regelmäßig im Haus anzutreffen ist. Daneben rückt einmal pro Woche ein Putztrupp zur Grundreinigung an, bei Bedarf werden auch noch andere kleinere Arbeiten erledigt. Und dann gibt es auch noch laufend Führungen – zwei- bis dreimal pro Woche geht Robert Hahn durch das Gebäude, begleitet von potenziellen neuen Betreibern, vornehmlich von internationalen Hotelgruppen.

„No Event“ am Infoscreen

Vor allem für sie wird das Haus so gepflegt und in Szene gesetzt, als könnten sofort Gäste einziehen. Die Räume sind beleuchtet, auf den Tischen stehen frische Blumen in Vasen, im hoteleigenen Restaurant sind zwei Tische gedeckt. Sogar einige Infoscreens vor den Konferenzräumen sind in Betrieb genommen – allein, sie können nichts anderes vermelden als „No Event/keine Veranstaltung“.

Die Zimmer sind eingerichtet und bezugsfertig – zumindest eines pro Kategorie, von den 33 Quadratmeter großen Zimmern mit Blick in den modern-barock begrünten Innenhof bis zu den zweigeschoßigen Galeriezimmern. Und natürlich die 190 Quadratmeter große Präsidentensuite. Alle Zimmer eingerichtet mit der hauseigenen Möbelserie, einer modernen Variante von Biedermeier. Ebenso zum Standard gehören dunkles Holz, Messing und Leder.

Nicht alle Zimmer wurden für Besucher hergerichtet – dort sind die Betten nicht überzogen, kein Sekt steht auf der Anrichte, kein Obst auf dem Tisch. Auch die eine oder andere Altlast findet sich darin. Bürosessel etwa an den Schreibtischen, spartanische Büroleuchten darauf. „Das wollte Shangri La so“, sagt Hahn. Für potenzielle neue Betreiber hat man die Stühle durch dick gepolsterte Sessel ersetzt. „Die passen besser zu unserem Konzept des Hotels.“

„Kulturelle Unterschiede“

Woran es nun tatsächlich lag, dass Shangri La abgesprungen ist, darüber wird noch gestritten. „Sicher“, sagt Hahn, „es gab kulturelle Unterschiede.“ Nicht immer war man sich mit der asiatischen Kette einig, was in Wien funktioniert und was nicht. Den „Private Dining“-Bereich im Restaurant etwa, der etwa zehn Menschen eine dezente Rückzugsmöglichkeit zum Essen gibt, den hätte man selbst wohl eher nicht gemacht. Doch bei allen kulturellen Unterschieden – den Vorwurf von Shangri La, dass man nicht rechtzeitig fertig geworden sei, den will man nicht auf sich sitzen lassen. „Wir waren fertig“, sagt Hahn. „Dass es bei einem Projekt dieser Dimension noch Adaptionen geben muss, das ist ja klar.“

Bei genauerem Hinsehen sieht man auch gleich einige Adaptionen, die vor einer Eröffnung notwendig sind. Dass etwa noch keine Kunstwerke aufgestellt wurden, keine Bilder aufgehängt, und in manchen Bereichen noch keine Leuchten. Damit, so Hahn, warte man noch auf den neuen Betreiber. Denn diese Dinge müssten zu dessen Stil passen.

Immerhin: Das Geschirr, das noch von Shangri La bestellt wurde und jetzt in Kartons verpackt in den Küchen steht, müsse man wohl nicht austauschen. „Rosenthal Porzellan“, sagt Hahn, „nicht gebrandet.“ Die Suche nach einem neuen Betreiber läuft jedenfalls. Man sei mit mehreren Interessenten in Verhandlung. Hahn rechnet mit einer Entscheidung im Spätsommer. Bis dahin, beziehungsweise bis zur tatsächlichen Eröffnung, werden rund 20.000 Quadratmeter Nutzfläche, werden 207 Zimmer und Suiten eben nur auf Sparflamme betrieben. Und bleibt ein echter Betrieb im Hotel am Schubertring noch vor allem eines: Theorie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2011)

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