Recycling: Der Kreis schließt sich, langsam

(c) Dapd (Mario Vedder)
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Die Wiederverwertung von Baustoffen setzt sich nach und nach durch. Langfristig ist sie nicht nur umwelttechnisch, sondern auch aus Kostengründen sinnvoll.

Mit 1.Juli 2013 tritt die neue Bauprodukteverordnung in Kraft und damit auch eine Vorschrift, die sich auf die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen bezieht. Demnach müssen ab diesem Zeitpunkt nicht nur umweltfreundliche Rohstoffe und Sekundärbaustoffe verwendet werden, sondern Gebäude insgesamt recycelbar sein. „Die Hersteller von Bauprodukten müssen sich künftig bei der Entwicklung darüber Gedanken machen, wie austauschbar diese sind und gleichzeitig, in wie hohem Maße sie in den Kreislauf zurückgebracht werden können“, sagt Peter Maydl, Leiter des Instituts für Materialprüfung und Baustofftechnologie der TU Graz. Er rechnet beispielsweise damit, dass künftig weniger Baukleber und stattdessen leicht abbaubare Schraubverbindungen eingesetzt werden.

Spitzenwerte in Österreich

Nach Angaben des Österreichischen Baustoff-Recycling Verbands (BRV) werden heute rund 80Prozent aller Bauabfälle wiederverwertet. „Das ist ein Spitzenwert im europaweiten Vergleich“, sagt BRV-Präsident Martin Car. Weitere zehn Prozent würden in Deponien wandern, der Rest entweder zwischengelagert oder thermisch verwertet werden.

Laut Car wird derzeit für jede deponierte Tonne Bauschutt eine Abgabe von acht Euro pro Tonne fällig. Ab 2012 wird dieser Betrag auf 9,20 Euro erhöht, was vor allem für kleinere Bauherren einen Anreiz darstelle, verstärkt auf Recycling zu setzen. Bereits heute würden immer seltener Gebäude „gebrochen“ und vor Ort „einplaniert“, da sie dann als „wilde Deponien“ eingestuft werden und die Altlastenabgabe eingehoben werden kann. „Hier können ganz schöne Zahlungen zusammenkommen“, sagt Car. Maydl bestätigt ebenfalls, dass Österreich beim Baustoff-Recycling „vorne dabei“ sei. „Auch wenn hier der wirtschaftliche Druck nicht so groß ist“, meint er. Der Experte spricht damit an, dass hierzulande aufgrund der – geologisch bedingten – großen Sand- und Kiesvorkommen reichlich „hochwertiges Naturmaterial“ zu geringen Kosten vorhanden ist. Maydl will einen langsamen Umdenkprozess hin zu mehr Kreislauffähigkeit und Recycelbarkeit von Baustoffen ausmachen, der zum Teil durch Green Building Zertifikate vorweggenommen wird.

Das Problem sei, dass viele Beteiligte kurzfristig denken. „Auf kurze Sicht entstehen durch das Recycling vielleicht Mehrkosten, je mehr es allerdings zum Standard wird, desto erheblichere Einsparungen sind langfristig möglich“, so der Experte.

Nach Angaben des BRV zeichnet die österreichische Bauwirtschaft für bis zu 60Prozent des gesamten heimischen Abfallvolumens verantwortlich – was die Bedeutung des Baustoff-Recycling vor Augen führt. Der Löwenanteil fällt dabei mit rund 20 Millionen Tonnen pro Jahr auf „Bodenaushubmaterial“. Dabei handelt es sich streng genommen um Erde – sprich, jene Masse, die beim Ausheben oder Abräumen eines natürlich gewachsenen Bodens oder Untergrunds anfällt. Es gilt dann als Abfall, wenn es mehr als fünf Prozent Baurestmassen und mehr als geringfügige Anteile an organischen Abfällen wie Holz und Papier oder an Kunststoff enthält. Neben Bodenaushubmaterial fallen jährlich sechs Millionen Tonnen an Baurestmassen – dazu gehören Beton, Asphalt und Ziegel – an.

Gewinnung von Granulat

Jener Bauabfall, der wiederverwertet werden kann, wird gereinigt und zerkleinert. Die übrig gebliebenen Granulate werden häufig für den Straßenbau oder zum Füllen von Arbeits- oder Leitungsgräben verwendet. Aber auch für kleinere Bauprojekte kommt recyceltes Material zum Einsatz. Wie der BRV-Geschäftsführer erklärt, eignet sich etwa Ziegelgranulat gut zur Begrünung von Dächern, da es sehr leicht ist und gleichzeitig Wasser speichern kann. „Holzabfälle werden heute großteils thermisch verwertet“, erklärt Hermann Kaufmann, Geschäftsführer des gleichnamigen Architekturbüros, der als „ausgewiesener Holzbauer“ gilt. Es sei denn, es handele sich um sehr altes historisches Holz.

Qualitätseinbußen sind laut Car durch den Einsatz von Recycling-Baustoffen nicht zu befürchten – im Gegenteil. „Baustoffe müssen definierte Vorgaben erfüllen“, sagt er. Kurz: Baustoffe – egal, ob recycelt oder nicht – müssten sich nach der Qualität des Bauwerkes richten und nicht umgekehrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2011)

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