KPÖ: „Mit dem Stalinismus radikal abgerechnet“

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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KPÖ-Chef Mirko Messner über die Linke in Österreich, Chinas Kommunismus und den LIF-Kandidaten Rudi Vouk.

Die Presse: Herr Messner, wieso sollte jemand 19 Jahre nach dem Fall der „Berliner Mauer“ eine kommunistische Partei wählen?

Mirko Messner: Also: Die heutige KPÖ hat mit dem, was Ostblock genannt wird, so wenig zu tun wie ich mit einer Prada-Handtasche. Die KPÖ hat mit dem Stalinismus, der auch in der KPÖ nach 1945 als Politikmodell vorherrschend war, radikal abgerechnet. Wir dulden Politikvorstellungen, die nur irgendwie in die Nähe des Stalinismus kommen, nicht mehr. Der Realsozialismus hat abgewirtschaftet – ökonomisch und demokratiepolitisch. Wieso man heute KPÖ wählen sollte? Weil die KPÖ die Linke in der österreichischen Gesellschaft repräsentiert. Sämtliche andere Parteien, inklusive der Sozialdemokratie, sind im neoliberalen Mainstream verankert.

In Deutschland ist das Bedürfnis nach einer politischen Kraft links der Sozialdemokratie offenbar da. Man könnte auch sagen: Während der Protest dort links ist, ist er bei uns rechts.

Messner: Das ist nicht so weit daneben. Eine Ursache ist sicher, dass der KPÖ ihr antifaschistisches Engagement nicht gelohnt wurde, wir wurden sogar dafür bestraft. SPÖ und ÖVP haben die Nazis integriert und auch ideologische Konzessionen gemacht. Sie überlegen sich heute noch bei jeder politischen Aktion, die Rechte nicht zu verärgern. Das krasseste Beispiel ist die Kärntner SPÖ.

Ist Lafontaines deutsche Linkspartei ein Vorbild für die KPÖ?

Messner: Wir brauchen auch in Österreich eine neue Linke. Und die wird sich auch konstituieren – aus Leuten aus der linken Sozialdemokratie, aus Kommunisten, linken Grünen und Katholiken.

Eine Zusammenarbeit mit dem neuen Linksprojekt im Wahlkampf hat die KPÖ jedoch abgelehnt.

Messner: Das war nicht das, was wir uns unter einer Linken vorstellen. Das ist eine Wahlplattform von wenigen Wiener Kleingruppen unterschiedlicher Couleurs. Unsere Vorstellung von einer Linken muss auf einer breiteren gesellschaftlichen Basis beruhen.

Wozu braucht es heute eine Linke?

Messner: Weil das System, so wie es ist, eine menschliche und soziale Katastrophe ist. Die Politik funktioniert als riesige Umverteilungsmaschinerie. Der Reichtum wird gesellschaftlich geschaffen und privat angeeignet. Wenn ein Prozent der Bevölkerung ein Drittel des Vermögens einer Gesellschaft besitzt, dann ist das eine unvernünftige Gesellschaft. Die bürgerliche Vernunft klickt aus, wenn es ums Vermögen geht.

Aber Enteignungen schweben der KPÖ nicht vor?

Messner: Uns schwebt eine strukturelle Änderung der Gesellschaft vor, die diesen Reichtum verunmöglicht.

Über steuerpolitische Maßnahmen?

Messner: Wir wollen eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine Wertschöpfungsabgabe, Spekulationssteuern, die Tobin tax, Mietzinsstopp für 5 Jahre, Freifahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die KPÖ geißelt immer wieder die Globalisierung. Diese schafft aber auch Arbeitsplätze und Wohlstand. Gerade in Regionen, die wir früher als Dritte Welt bezeichnet haben – wie etwa in Indien.

Messner: Natürlich werden Arbeitsplätze geschaffen. Woher soll der Profit denn sonst auch kommen? Da steckt aber bestimmt kein Altruismus dahinter. Das ist ja das Widersprüchliche: Der Reichtum auf der einen Seite ist derart unbeschreiblich wie die Armut auf der anderen Seite. Es nehmen Arbeitsplätze zu, es nimmt aber auch die Armut zu. Wie in China: Menschen, die früher nichts getan haben, haben plötzlich Arbeitsplätze, die für unser gewerkschaftliches Niveau aber unvorstellbar wären.

Wie denken Sie über China? Ein kapitalistisches Land, das nur noch eine kommunistische Hülle hat.

Messner: Das würde ich auch so sehen. Im Grunde ist das Sozialdemokratie auf chinesischem Niveau. Kapitalistische Ökonomie, sozialstaatlich abgefedert.

Warum wurden Sie Kommunist?

Messner: Das hatte biografische Gründe. Meine Mutter war jugoslawische Partisanin. Und die KPÖ war die einzige Partei, die uns junge Kärntner Slowenen unterstützt hat, als wir zweisprachige Aufschriften angebracht haben.

Der Slowenen-Vertreter Rudi Vouk kandidiert nun für das LIF.

Messner: Ich finde es gut, er soll das machen. Was er allerdings bei den Liberalen sucht, das muss er erst erklären. Denn die slowenische Bevölkerung ist eine der Bauern und der Arbeiter.

ZUR PERSON: MIRKO MESSNER

Der Kärntner Slowene Mirko Messner ist seit 2006 mit Melina Klaus Bundessprecher der KPÖ. Er führt die Partei nun als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl. Messner wurde 1948 in Slovenj Gradec im damaligen Jugoslawien geboren, wuchs in Kärnten auf. Die Mutter war Partisanin, Vater Janko, ein Kärntner Slowene, machte sich als Schriftsteller einen Namen.

Mirko Messner ist von Beruf „Textarbeiter“ (Publizist). Zwischenzeitlich führte er eine EDV-Firma.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2008)

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