Für bis zu 876 Stunden im Jahr will Sobotka Demos an einem Ort verbieten können. Haftung des Leiters in entschärfter Form geplant.
Wien. Seit Montag ist der Entwurf von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) für ein neues Versammlungsrecht fertig. Kernstück ist, dass Demonstrationen an bestimmten Orten untersagt werden können sollen, wenn wichtige Gründe dafür sprechen.
Zwar konnte die Behörde schon bisher Veranstaltungen mit guter Begründung verbieten, doch will Sobotka die Untersagung nun erleichtern. Und zwar, indem künftig er das Heft in die Hand nimmt. „Der Bundesminister für Inneres kann durch Verordnung festlegen, dass an bestimmten Plätzen oder in bestimmten Straßenzügen für bestimmte Zeiten Versammlungen verboten sind, wenn dies erforderlich ist, um einen durch die Abhaltung von Versammlungen übermäßigen Eingriff in berechtigte Interessen anderer hintanzuhalten“, heißt es in dem der „Presse“ vorliegenden Gesetzesentwurf.
Wobei das Verbot nicht dauerhaft gelten soll. So darf das Verbot laut Gesetzesentwurf auf einem Platz oder in einem bestimmten Straßenzug nicht länger als ein Zehntel des Jahres bestehen. Das sind 876 Stunden, wie das Gesetz festhält. Mit der Bestimmung will Sobotka etwa erreichen, dass an besonders frequentierten Einkaufstagen die Mariahilfer Straße in Wien nicht wegen Demos gesperrt wird. Auch am Ring (aus Verkehrsgründen) oder in der Nähe von Krankenhäusern (aus Lärmgründen) könnten Versammlungen so untersagt werden.
Die Pläne des Innenministers sind umstritten, ist das Demonstrationsrecht doch ein Grundrecht. Die zuletzt besonders kritisierte Idee, laut der der Versammlungsleiter einer Demo für alle durch Veranstaltungsteilnehmer verursachten Schäden aufkommen soll, findet sich so nicht im Entwurf. Zwar werden die Pflichten des Veranstalterleiters genannt (etwa, dass dieser „für den sicheren Verlauf der Versammlung“ zu sorgen hat). In den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf heißt es aber, dass ein „Außerachtlassen der Pflichten eines Versammlungsleiters nicht automatisch einen Schadenersatzanspruch gegen diesen begründen wird können“. So werde „der Frage der Vorwerfbarkeit eine entscheidende Bedeutung zukommen“.
Noch nicht mit SPÖ abgesprochen
Der Gesetzesentwurf wurde am Montag auch Koalitionspartner SPÖ übermittelt. Diese hatte zuletzt die Idee, das Demonstrationsrecht einzuschränken, mit großer Skepsis betrachtet. Auch, dass Sobotka sich ohne Absprache mit dem Koalitionspartner an das Demonstrationsrecht heranwagt, war von SPÖ-Seite scharf kritisiert worden. (aich)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2017)