Burka-Verbot kommt trotz Kritik

Verschleierte Frau
Verschleierte FrauAPA/dpa/Frank Leonhardt
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Staatssekretärin Duzdar steht zur Einigung mit der ÖVP: „Das wird nicht aufgemacht.“ Möglich ist aber, dass das Verhüllungsverbot erst ab Herbst gilt.

Wien. Von den Rechtsanwälten bis zur Bischofskonferenz gibt es massive Bedenken gegen das geplante gesetzliche Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum: Damit würden Grundrechte und persönliche Freiheitsrechte eingeschränkt. Nicht nur Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz und dessen ÖVP wollen das Verhüllungs- und Burka-Verbot, das Teil des neuen, umfangreichen Integrationsgesetzes für Zuwanderer und Flüchtlinge ist, dennoch umgesetzt sehen.

Auf SPÖ-Seite steht auch Kanzleramts-Staatssekretärin Muna Duzdar grundsätzlich zu dem Verbot. „Es gibt diese Einigung. Das wird nicht nochmals aufgemacht“, ließ Duzdar am Donnerstag der „Presse“ ausrichten. Einwände werden aber nicht einfach vom Tisch gewischt: „Die Stellungnahmen müssen ernst genommen werden“, wird betont.

Die Begutachtungsfrist für das Integrationsgesetz ist am Mittwoch insbesondere mit heftiger Kritik am darin vorgesehenen Verhüllungsverbot zu Ende gegangen. Für Kurz bleibt es dabei, dass das Integrationspaket, wie im Koalitionszeitplan vorgesehen, Ende März beschlossen wird.

Möglich ist allerdings, dass das Burka-Verbot, nicht, wie vorgesehen, ab 1. Juli, sondern erst ab Herbst dieses Jahres in Kraft tritt. Grund dafür: Das Innenministerium hat im Zuge der Begutachtung den Start ab Herbst 2017, „angeregt“, um zuvor entsprechende Einschulungen der Beamten vornehmen zu können.

Im Außen- und Integrationsministerium will man sich noch nicht festlegen, zeigt auf „Presse“-Anfrage aber Verständnis für das Anliegen des Innenressorts von Wolfgang Sobotka (ÖVP). Auf ein Inkrafttreten zwei, drei Monate später komme es nicht an. Bei Verstößen gegen das Verbot ist eine Verwaltungsstrafe von 150 Euro vorgesehen. Befürchtungen, dass Männer ihre Frauen bei einem Burka-Verbot nicht mehr aus dem Haus lassen, könnten, so Kurz, nicht ernst gemeint sein: „Da müssen wir klarmachen, was tolerieren wir und was eben nicht.“

„Negativer Höhepunkt“

Die Widerstandsfront gegen ein Verhüllungsverbot ist breit – von der Arbeiterkammer über Sozialorganisationen bis zur Islamischen Glaubensgemeinschaft. Für die Rechtsanwaltskammer ist das Verbot „gleichermaßen unnötig wie ungeeignet“. Ohne sachlichen Grund würden Grundrechte der Gewissensfreiheit und der Freiheit des Privatlebens in verfassungswidriger Weise eingeschränkt.

Katholische und evangelische Kirche erheben ebenfalls Einwände gegen den Entwurf. Die Bischofskonferenz ist gegen ein allgemeines Verhüllungsverbot. Die grundsätzliche Freiheit, Kleidung frei wählen und in der Öffentlichkeit tragen zu können, müsse gewährleistet bleiben. Eine Einschränkung dürfe es nur in bestimmten Ausnahmefällen geben. Für Amnesty International ist das Verbot der „negative Höhepunkt“ des Gesetzespakets. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2017)

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