Abschied von feinsinnigem Juristen

Karl Korinek (1940−2017)
Karl Korinek (1940−2017)(c) Michaela Bruckberger
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Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Karl Korinek, ist 76-jährig verstorben. Der Opernliebhaber war ein Mahner vor Überwachungsstaat und Briefwahl.

Wien. Unglücklich hatte er gewirkt, als er 2008 seinen Abschied als Verfassungsgerichtshofspräsident verkünden musste. Herzprobleme zwangen Karl Korinek dazu, vorzeitig das von ihm geliebte Amt des obersten Verfassungshüters aufzugeben. Eine 80- bis 90-Stunden-Woche sei einfach nicht mehr drin, hatte sich der Jurist damals eingestehen müssen.

Am Donnerstag ist Karl Korinek (76) verstorben. Seine Meinung hatte er auch in der Pension, wie schon als Gerichtspräsident, gern kundgetan. So warnte er davor, dass der Kampf gegen den Terror in einem Überwachungsstaat zu enden drohe. Besonders kritisch sah der Jurist auch die Briefwahl: Die geheime und persönliche Wahl seien „unglaublich wichtige Grundsätze“ – auch wegen der „Gschichterln, die mein Vater von der Volksabstimmung über den sogenannten Anschluss erzählt hat“, hatte Korinek erklärt.

Als Sohn des Wirtschaftskammerfunktionärs und späteren Finanzministers Franz Korinek war Karl Korinek im Dezember 1940 in Wien zur Welt gekommen. Auch den Sohn verschlug es nach dem Jus-Studium als Konsulent in die Kammer. Korinek habilitierte sich an der Universität Salzburg, wurde Professor an der Universität Graz und lehrte später an der WU und der Uni Wien. 1978 wurde er Richter am Verfassungsgerichtshof (VfGH), 2003 dessen Präsident.

In seine Amtszeit fielen wichtige Entscheidungen. So wurde die schwarz-blaue Pensionsreform für verfassungskonform erklärt, während das Modell zur Krankenkassensanierung aufgehoben wurde. Die meisten Auseinandersetzungen gab es aber rund um die Kärntner Ortstafelfrage. Korinek mahnte trotz rauen Gegenwinds aus dem dritten Lager dazu, die VfGH-Erkenntnisse umzusetzen. Aus seiner politischen Einstellung hat Korinek (er war Mitglied der ÖVP) nie ein Hehl gemacht, wiewohl er über Parteigrenzen anerkannt war.

Nicht nur juristische Werke

Doch Korinek war weit mehr als nur ein Jurist: Er war ein Kulturliebhaber, der schon als Mittelschüler zweimal pro Woche mit einer Stehplatzkarte in die Oper ging. Er schrieb Bücher über Josef Haydn oder den „Rosenkavalier“ ebenso wie Anekdoten über den Wiederaufbau Österreichs. Aber auch auf dem Fußballplatz konnte man den Juristen treffen. Einst verausgabte sich Korinek, weil er sich über den Schiedsrichter bei einem Spiel auf der Hohen Warte ereifern musste, derart, dass er wegen seiner angeschlagenen Stimme fast einen Vortrag hätte absagen müssen.

Nun ist Korineks Stimme ganz verstummt. Und damit eine wichtige Stimme Österreichs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2017)

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