ÖVP-Vorstand bereitet am Sonntag den Parteitag vor
Der Bundesparteitag wird am 1. Juli in Linz stattfinden. Dort werden der neue Obmann und seine Stellvertreter gewählt sowie die statutarischen Neuerungen verankert.
Der ÖVP-Bundesparteivorstand sowie die Parteileitung treten am Sonntagabend zusammen, um Vorbereitungen für den Bundesparteitag am 1. Juli in Linz zu treffen. Am Parteitag werden nicht nur der neue Obmann Sebastian Kurz und seine Stellvertreter gewählt, auch die von ihm geforderten statutarischen Neuerungen werden verankert.
Wie berichtet, soll der designierte Parteichef Kurz neue Stellvertreter bekommen, die bisherigen Vizeobleute werden nicht verlängert. Besprochen werden in der internen Sitzung am Sonntag auch aktuelle Themen, ein Medientermin ist dem Vernehmen nach nicht geplant.
Ein Blick zurück: Nach dem Rücktritt von Reinhold Mitterlehner als Vizekanzler, Wissenschafts- und Wirtschaftsminister sowie ÖVP-Bundesparteichef hatte sich die schwarze Führung auf Kurz als neuen Obmann geeinigt. Der 30-Jährigte stimmte dem aber nur unter Bedingungen zu. Sein Forderungskatalog:
1. Kurz forderte die Zustimmung der Partei, dass er mit einer eigenen Wahlliste antreten kann, die von der ÖVP unterstützt wird. Sie kann aber auch von anderen Personen unterstützt werden, die ebenfalls kandidieren können.
2. Auf sämtlichen Kandidatenlisten erfolgt die Reihung nach dem Reißverschlussprinzip, Männer und Frauen scheinen abwechselnd auf.
3. Der Parteiobmann erhält ein personelles Durchgriffsrecht, er erstellt alleinverantwortlich die Bundesliste und hat bei den Landeslisten ein Vetorecht.
4. Der Obmann bestellt den Generalsekretär und das Regierungsteam und benötigt dafür keinen Beschluss des Vorstandes mehr.
5. Der Parteichef hat freie Hand für die Verhandlung von Koalitionen.
6. Der Bundesobmann kann die inhaltliche Richtung der Partei vorgeben. Ihm „obliegt die inhaltliche Führung der Partei“.
7. Der Bundesparteivorstand beschließt schriftlich, all diese Forderungen durch eine Änderung der Statuten umzusetzen.
Mit nur 30 Jahren wurde Sebastian Kurz der 17. Obmann der ÖVP. Glaubt man Umfragen, könnte er mit 31 Kanzler werden. Schon bisher verlief der Aufstieg des derzeitigen Außenministers rasant. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
Die Karriere des gebürtigen Wieners reiht sich durchaus in eine gewisse österreichische Tradition ein. Mit Hannes Androsch (SPÖ) und Karl-Heinz Grasser (FPÖ/später ÖVP) gab es schon zweimal Jungstars, die sich kaum der Schule entwachsen aufmachten, mit geschliffener Rhetorik die Herzen von Volk und Medien zu erobern. Freilich, für ganz vorne reichte es für beide aus unterschiedlichen Gründen letztlich nie. Daraus hat Kurz offenbar gelernt. Taktisch geschickt hat er seine Karriere Schritt für Schritt aufgebaut. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Dabei begann für Kurz, Sohn einer Lehrerin und eines Ingenieurs, die ÖVP-Karriere durchaus holprig. Als er sich als Schüler bei der Jungen ÖVP Meidling bewerben wollte, riet man ihm dort davon ab. Er ließ sich nicht entmutigen, heuerte in einer anderen Bezirksorganisation an und schaffte es, mittlerweile Jus-Student, 2008 an die Spitze der Wiener Jungen ÖVP, die Bundesorganisation leitet er seit 2009. (c) APA (HERBERT PFARRHOFER)
Politisch aufgefallen ist er erstmals 2008, als ihn der damalige Wiener Parteichef Johannes Hahn als Kandidaten für die Nationalratswahl auf die Liste nahm. Mit einem Mandat wurde es nichts, das holte er sich zwei Jahre später im Wiener Landtag nach einem eher grenzwertigen Wahlkampf, sein Geil-o-Mobil ist dank Kurz' späterer Karriere der wahrscheinlich bekannteste Polit-Bolide des Landes. (c) APA/Dragan TATIC (Dragan TATIC)
Damals hätte wohl kaum jemand vorausgesagt, dass jener frech bis präpotent auftretende Jung-Politiker sechs Jahre später bereits wohl eingesessener Außenminister sein wird, der in Wien den Gastgeber der Syrien-Friedensgespräche geben durfte und international zum Schließmeister der Balkan-Flüchtlingsroute ausgerufen wurde. (c) Presse
Zu verdanken hat er das dem damaligen Vizekanzler Michael Spindelegger, der Kurz im April 2011 zur allgemeinen Überraschung nicht einmal 25-jährig zum Staatssekretär machte, und das auch noch im heiklen Integrationsbereich. Viel Häme schlug dem manchmal schnöselig wirkenden Polit-Jungspund entgegen, der kurz davor noch mit schlüpfrigen Slogans wie "24-Stunden-Verkehr" aufgefallen war. Doch Kurz bekehrte seine Kritiker rasch. Ihm zugeschrieben wurde eine Versachlichung der Integrationsdebatte. Er selbst präsentierte sich in der Sache firm, gab sich bescheiden und vermied Fehler jeglicher Art. (c) APA/DRAGAN TATIC (DRAGAN TATIC)
Schnell hatte nicht nur der Boulevard einen neuen Liebling gefunden. Was auch immer Kurz vorschlägt, wird heute gerne medial transportiert. Überdies hat er sich mit einer viel-gelikten Facebook-Seite auch seinen eigenen PR-Kanal geschaffen. (c) APA/HANNES DRAXLER (HANNES DRAXLER)
Dennoch schluckte so mancher, als Kurz mit nicht einmal annähernd 30 zum Außenminister aufstieg. Ohne abgeschlossenes Studium und jegliche außenpolitische Erfahrung würde selbst das Polit-Talent am Minoritenplatz an seine Grenzen stoßen, meinten Freunde wie Feinde. Den selbstbewussten Neo-Minister focht das nicht an. Forsch ging Kurz seine neue Aufgabe an und vollzog gleich die nächste Image-Korrektur. (c) APA/AFP/GALI TIBBON (GALI TIBBON)
Als die Flüchtlingswelle losging, gab der Außenminister den Mahner. Bis heute redet er einer gewissen Abschottung das Wort, da ansonsten die Integration der Asylsuchenden nicht funktionieren würde. (Im Bild: Außenminister Sebastian Kurz besichtigt, die Simulation eines Grenzüberwachungseinsatzes auf einem Frontex-Schiff im Rahmen eines Arbeitsbesuches in Malta.) (c) AUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC (DRAGAN TATIC)
Ähnlich offensiv geht er es in der Türkei-Politik an. Kurz scheut die Auseinandersetzung mit Ankara nicht, ist auch einer der Skeptiker des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei. Seinen Beliebtheitswerten schadet all das nicht, kommen von ihm doch in der Regel mehrheitstaugliche Ideen. Kurz ist in so gut wie allen Politiker-Rankings ziemlich einsamer Spitzenreiter, was vor allem den Koalitionspartner ziemlich verdrießt. (c) APA/DRAGAN TATIC (DRAGAN TATIC)
Zur Person: Sebastian Kurz, geboren am 27. August 1986 in Wien. 2008-2012 Vorsitzender der Wiener JVP, seit 2009 Obmann der Bundes-JVP. 2010 bis 2011 Abgeordneter zum Wiener Landtag. Ab Juni 2011 Staatssekretär für Integration, seit März 2014 Außen- und Integrationsminister. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Die EU-Abgeordnete und neue ÖVP-Generalsekretärin, Elisabeth Köstinger, will sich für eine potenzielle Koalition »alle Optionen offen lassen«. In der Partei gebe es »eine neue Art des Miteinanders«. Und das bedeutet zugespitzt: Der Chef entscheidet.
Parteichef Sebastian Kurz baut die Parteizentrale um: EU-Mandatarin Elisabeth Köstinger wird Generalsekretärin, Vize-Kabinettschef Axel Melchior Geschäftsführer.
Das Potenzial der rot-schwarzen Regierung wurde nicht voll ausgeschöpft, vieles sei im Streit untergegangen, bedauert der neue Vizekanzler: "Es war wirklich oft zum Mäusemelken." Ob er bei der vorgezogenen Nationalratswahl kandidiert, ließ er offen.