No-Go der Grünen für Zusammenarbeit mit ÖVP heißt Sobotka

Mit Innenminister Wolfgang  Sobotka können die Grünen nicht
Mit Innenminister Wolfgang Sobotka können die Grünen nichtAPA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Grünen-Bundessprecherin Ingrid Felipe sieht "Schnittmengen" zu anderen Parteien außer der FPÖ und Teile der ÖVP, mit denen sie gut kann.

Für die designierte Grünen-Bundessprecherin und Tiroler LHStv. Ingrid Felipe wäre ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka ein No-Go für eine etwaige Zusammenarbeit mit der Volkspartei nach der Nationalratswahl am 15. Oktober. "Mit ihm kann ich mir das nicht vorstellen", sagte Felipe im APA-Interview: "Es gibt aber Teile der ÖVP, mit denen ich gut kann".

Zunächst müsse aber einmal abgewartet werden, welchem Flügel sich der designierte ÖVP-Chef, Außenminister Sebastian Kurz, zuwenden wird. "Aber auch mit anderen Parteien gibt es Schnittmengen - bis auf die FPÖ", betonte Felipe. Es werde generell darum gehen, mit den "progressiven Kräften bzw. den Reformkräften der anderen Parteien zum Wohle Österreichs zusammenzuarbeiten", so die designierte Bundessprecherin: "Und darum, dass wir keine Rechtspopulisten in der Regierung haben - und ich sage bewusst Rechtspopulisten, und meine damit nicht nur die FPÖ". Dafür werde es die Grünen in der Regierung brauchen, zeigte sie sich überzeugt.

Die Grünen seien die einzigen, die für "Offenheit, Internationalität und Solidarität" stünden. "Mit (der designierten Spitzenkandidatin, Anm.) Ulrike Lunacek als Europäerin und Frau haben wir jemanden, der seit Jahrzehnten für Gleichstellung und Gleichberechtigung eingetreten ist", betonte die 38-Jährige. Und für etliche Herausforderung wie etwa jene des Klimawandels brauche es Internationalität und Vernetzung, so Felipe: "Denn alleine können wir das nicht lösen". Obwohl die Themen Umweltschutz und Ökologie von vielen anderen Parteien mittlerweile übernommen wurden, und die Zivilgesellschaft in diesem Bereich vieles geleistet habe, brauche es die Grünen, um diese Errungenschaften zu verteidigen. Denn ständig fänden Angriffe auf das eigentlich bereits Selbstverständliche statt, meinte Felipe und verwies auf US-Präsident Donald Trump und den angekündigten Rückzug der Vereinigten Staaten vom Pariser Klimaabkommen sowie auf die Diskussion über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) in Sachen 3. Flughafenpiste.

Gegen Kopftuchverbot

Auch werde es um die Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts gehen, sagte Felipe: "Wie können alle Menschen in Österreich - im Sinne von existenzgesichert - gut leben". In der Kopftuchfrage plädiert sie für Zwangs- und Verbotsfreiheit: "Es darf nicht sein, dass Frauen gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen. Aber ein Kopftuchverbot ist keine Antwort auf diesen Zwang", so die Argumentation. Schließlich gebe es genug Frauen, die es aus Überzeugung tragen würden, so Felipe: "Frauen sollen selbstbestimmt entscheiden dürfen".

Dass die Grünen in Integrationsfragen zu dogmatisch seien, wies die designierte Bundessprecherin zurück. Vielmehr würden die Grünen in jenen Ländern, in denen sie in Regierungsverantwortung sind, beweisen, wie "pragmatisch" sie mit diesem Thema umgehen. "Wir müssen die Rahmenbedingungen definieren, wie wir gut miteinander leben können, und jeder an der Gesellschaft teilhaben kann". Die Kritik des ehemaligen grünen Bundesrats Efgani Dönmez, dass die Ökopartei zu einer Sekte mutiert sei, könne sie nicht nachvollziehen. Dass er angekündigt hat, die Grünen zu verlassen, sei für Felipe nicht überraschend gekommen. Schließlich habe es viele Ereignisse gegeben, die gezeigt hätten, dass er nicht mit grünen Werten leben könne.

Keine Wahlempfehlung für Peter Pilz

Felipe bezeichnete den Abgeordneten Peter Pilz als einen "erfahrenen Teil unserer grünen Truppe". Sie schätze seine Arbeit sehr, insbesondere jene im Eurofighter-Untersuchungsausschuss, sagte die designierte Grünen-Bundessprecherin und Tiroler LHStv. im APA-Interview. Eine Wahlempfehlung für Pilz für den Bundeskongress am 25. Juni in Linz wolle sie dennoch nicht abgeben.

"Ich gehe aber davon aus, dass es für ihn nicht schwierig sein wird, wieder im Team zu sein", so Felipe: "Ich würde meinen, dass sich das für den Peter leicht ausgeht". Sie selbst wünscht sich am Bundeskongress eine "breite Zustimmung" als Bundessprecherin. Ein Wunschergebnis bzw. eine untere Schranke wollte sie nicht definieren. Vom Bundeskongress erwarte sie sich insgesamt eine "Aufbruchsstimmung" und eine "bunte Liste". Bei ihr selbst bleibe es - wie angekündigt - bei einer "Solidaritätskandidatur - weit weg von einem wählbaren Listenplatz". Schließlich wolle sie bei der Tiroler Landtagswahl als Spitzenkandidatin antreten und die Grünen dort erneut in die Regierung führen.

Ihre Ernennung zur Bundessprecherin habe bisher weder Einfluss auf ihre Arbeit als LHStv. noch auf die Zusammenarbeit mit der Volkspartei gehabt, gab sich Felipe überzeugt. Letztere sei auch weiterhin "professionell und konstruktiv". "Wir haben auch in der Vergangenheit immer gut zusammengearbeitet, auch wenn es bundespolitisch nicht immer harmonisch war". Auch innerhalb der Grünen seien die "allermeisten Rückmeldungen" positiv und erbauend ausgefallen. Freilich habe es vereinzelt auch Stimmen gegeben, die gefragt hätten, wie sich das ausgehen soll. "Natürlich muss man strukturell anders arbeiten und sich stärker koordinieren - aber mit der Erfahrung der ersten zwei Wochen funktioniert das bisher hervorragend".

Bis zur Landtagswahl in Tirol im kommenden Frühjahr gebe es noch eine Reihe von Themen und Projekte, die sie abarbeiten möchte. Unter anderem sollen noch flankierende Maßnahmen für die paktierte Tarifreform folgen und die Vernetzung im öffentlichen Verkehr Richtung Südtirol vorangetrieben werden. Auch wünsche sie sich ein Fortkommen in den Fragen von Luftreinhaltung und Lärmschutz, Stichwort Sektorales Fahrverbot. "Ein Anliegen wäre mir auch, Natura 2000 abzuschließen", betonte Felipe. Dies hänge aber auch maßgeblich von der Gesprächsbereitschaft von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella ab, so Felipe: "Wir sind aber dran, einen Termin zu bekommen". Auch das Naturschutzgesetz sei noch offen, wiewohl hier keine Dringlichkeit bestehe, da ja von allen Seiten bestätigt worden sei, dass die Qualität des Tiroler Naturschutzgesetzes "hervorragend" ist.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.