Fremdenrechtspaket passiert großteils den Innenausschuss

Symbolbild: Parlament
Symbolbild: Parlament (c) Clemens Fabry (Presse)
  • Drucken

Vor dem Ausschuss-Beschluss fand auf Wunsch der Grünen ein öffentliches Expertenhearing statt. Deren Meinungen reichten von argen Bedenken bis Lob.

Der Großteil der geplanten Verschärfungen im Fremdenrecht hat am Dienstag mit Stimmen von SPÖ, ÖVP und Team Stronach den Innenausschuss des Nationalrates passiert. Zuvor wurden die Vorhaben von den zum Ausschuss-Hearing geladenen Experten teils kritisiert, teils verteidigt. Die Pläne sehen unter anderem Sanktionen für jene vor, die das Land trotz Ausreisebescheids nicht verlassen bzw. erneut einreisen.

Grundsätzlich sind die Eckpunkte des Fremdenrechtspakets schon seit längerem zwischen SPÖ und ÖVP ausgehandelt. Dazu gehört die sogenannte Wohnsitzauflage. Diese bedeutet, dass sich der zum Asylverfahren zugelassene Asylwerber in dem ihm zugewiesenen Bundesland niederlassen und an einer konkreten Adresse Unterkunft nehmen muss. Bei Missachtung drohen künftig Strafen zwischen 100 und 1000 Euro. Ein weiterer Teil des Pakets sieht hohe Verwaltungsstrafen vor, wenn Betroffene das Land trotz aufrechten Ausreisebescheids nicht verlassen oder erneut illegal einreisen. Die Höhe der möglichen Geldstrafen liegen zwischen 5000 und 15.000 Euro - oder einem Ersatzarrest von bis zu sechs Wochen.

Außerdem wird die Möglichkeit, Schubhaft zu verhängen, auf bis zu 18 Monate in Serie ausgedehnt (bisher maximal zehn Monate). Bei kriminell gewordenen anerkannten Flüchtlingen - oder bei jenen, gegen die eine Anklage erhoben wird - sollen die Verfahren zur Aberkennung des Status beschleunigt werden. Darüber hinaus ist auch das Instrument der Beugehaft vorgesehen, wenn ein ausreisepflichtiger Fremder sich weigert, "Mitwirkungsleistungen "zu erbringen, (im Rahmen des Ausreiseverfahrens), die nur er selbst erbringen kann. Das meint beispielsweise eine Unterschrift auf einen Antrag zur Erlangung eines Heimreisezertifikats oder die Beantragung eines Reisepasses.

"Ist jemand gefährlich, wird ohnehin U-Haft verhängt"

Vor dem Ausschuss-Beschluss fand auf Wunsch der Grünen ein öffentliches Expertenhearing statt. Die von SPÖ und ÖVP geladenen Experten begrüßten die Pläne bzw. attestierten ihnen Großteils Verfassungskonformität. Kritik - wenn auch aus unterschiedlichen Motiven - äußerten die von Grünen und FPÖ geladenen Experten.

Der von den Grünen geladene Anwalt Clemens Lahner sah etwa die vorgesehenen hohen Geldstrafen "äußerst problematisch". Kritisch betrachtete er auch die Möglichkeit der raschen Einleitung von Aberkennungsverfahren bei angeklagten Flüchtlingen: "Wenn eine Person gefährlich ist, wird ohnehin Untersuchungshaft verhängt", hier müsse man nicht "voreilig ein Aberkennungsverfahren einleiten" - nur, um es danach wieder zu stoppen. Und die Pläne, wonach eine negative Entscheidung im Zulassungsverfahren und Verweigerung der Mitwirkung an der Ausreise zu Verlust der Grundversorgung führen soll, werde "nicht zur Ausreise, sondern zur Obdachlosigkeit" führen. Grundsätzlich glaubt er nicht, dass die Novelle eine Verringerung des Flüchtlings-Zustroms zur Folge haben werde: Die Pull-Faktoren seien "ganz andere" als etwa drohende Schubhaft oder höhere Sozialleistungen als anderswo, meinte er. Vielmehr würden Menschen dorthin gehen, wo sie bereits eine Community vorfinden.

Gänzlich anders sah dies der von der FPÖ geladene Richter am Bundesverwaltungsgericht, Thomas Gruber - auch wenn er ebenso an eine Wirkungslosigkeit der Vorhaben glaubt. Gerade weil Österreich Leistungen ausschütte, die andere Staaten nicht ausschütten, würden viele Personen sich weiterhin nicht von einer Migration nach Österreich abhalten lassen, so seine Einschätzung. Und auch die vorgesehenen Druckmittel werden seiner Meinung nach nicht zur vermehrten Rückführungen beitragen: "Weil abgeschoben werden in Wirklichkeit nur Leute, die keinen Widerstand leisten. Es bedarf eines besonderen Maßes an Willfährigkeit, dass man hier abgeschoben wird. Wenn ich motiviert bin, dann werde ich nicht abgeschoben - es ist sehr einfach", sagte er.

Am 1. November sollen Änderungen in Kraft treten

Der von der SPÖ geladene Gerhard Hesse vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes attestierte den Vorhaben Verfassungskonformität. Von einem nach wie vor hohen Migrationsdruck auf Europa berichtete der von der Volkspartei nominierte Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Wolfgang Taucher. Er halte das Paket mit den Mitwirkungspflichten für einen "Motor" dafür, dass die Betroffenen höher motiviert sein werden, eigenständig und aktiv auszureisen.

Die Änderungen im Fremdenrechtspaket sollen zum Teil über die am Dienstag im Innenausschuss auf den Weg gebrachte Novelle realisiert werden, andere Teile der Vorhaben dürften - voraussichtlich per Abänderungsantrag - direkt ins Plenum eingebracht werden, wo die Gesamtpläne noch in der Juni-Sitzung abgestimmt werden sollen. In Kraft treten soll der Großteil der Änderungen per 1. November.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild: EU
Innenpolitik

Sobotka fordert Solidarität bei EU-Flüchtlingsverteilung

Der Innenminister bedauert, dass die Frage der "Relocation" weiter ungelöst seien und übt Kritik an der Haltung Tschechiens. Die FPÖ fordert indes eine "Minus-Zuwanderung".
Symbolbild: Asylwerber
Innenpolitik

Koalition macht bei Fremdenrechtspaket "Nägel mit Köpfen"

Die Vorlage soll noch im Juni vom Nationalrat beschlossen werden. Künftig können damit illegal Aufhältige noch effektiver und konsequenter außer Landes gebracht werden.
Wolfgang Sobotka
Innenpolitik

SPÖ und ÖVP einigen sich bei Fremdenrecht

Die Wohnsitzauflage für Asylwerber wird nun auch bei einem negativen Bescheid gelten. Zu den weiteren Verschärfungen gehört das Instrument der Beugehaft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.