Mitterlehner: "Skurrile Geschichten" bei den Gegengeschäften

Reinhold Mitterlehner
Reinhold MitterlehnerAPA/HELMUT FOHRINGER
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Am letzten Befragungstag im Eurofighter-U-Ausschuss sagte der frühere Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zu den umstrittenen Gegengeschäften aus.

Im Eurofighter-Untersuchungsausschuss sind am Mittwoch die letzten Auskunftspersonen, darunterEx-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), befragt worden. Eventuell wird der Ausschuss in der neuen Legislaturperiode nach der vorgezogenen Nationalratswahl fortgesetzt.

Mitterlehner hält Gegengeschäfte grundsätzlich für etwas Positives. Was das Gesamtvolumen im Gegenzug des Eurofighter-Ankaufs anbelangt, zeigte er sich jedoch skeptisch. Der Umfang der erwarteten Gegengeschäfte im Ausmaß von 200 Prozent berge eine "gewisse Problematik", auch für Airbus (früher EADS) sei ein Volumen von vier Mrd. Euro keine einfache Angelegenheit, stellte er fest. Die Gegengeschäfte seien "im wesentlichen gut und korrekt geprüft worden". Für die endgültige Summe der angerechneten Deals müsse man aber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten, erklärte er. Die "wirkliche Belastung" für die Republik liege aber nicht bei den Gegengeschäften, sondern beim Vergleich, den der frühere Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) abgeschlossen hat, meinte der ehemalige ÖVP-Obmann.

"Am Anfang etwas blauäugig"

Mitterlehner war zunächst bis Dezember 2008 in der Wirtschaftskammer als stellvertretender Generalsekretär für die Arge Offset zuständig. Seine Aufgabe sei es gewesen, Kontakte zu EADS herzustellen und die Möglichkeit für Gegengeschäfte auszuloten. Als Minister habe er danach eine formal kontrollierende Aufgabe gehabt: "Ich habe nicht die Geschäfte rechnerisch geprüft." Bei der Arge Offset seien verschiedene Klein- und Mittlere Unternehmen der Auffassung gewesen, dass sie nun auch von dem großen Vertrag profitieren können: "Das habe am Anfang etwas blauäugig auch ich so gesehen", räumte das frühere Regierungsmitglied ein. "Die Möglichkeit, dass man in eine Dauergeschäftsverbindung kommt, das ist wunderbares Anspruchsdenken, aber taktisch schwierig zu verwirklichen."

Mit dem Kooperationsbüro in Wien, Eurofighter Business Development (EBD), seien Infoveranstaltungen in ganz Österreich durchgeführt worden. Das Ergebnis dieser Roadshows war jedoch "bescheiden", denn ganz wenige Unternehmen schafften konkrete Geschäftsverbindungen, erklärte Mitterlehner. Einigermaßen konsterniert sei er darüber gewesen, dass dann die Umsätze von Wirten, bei denen diese Veranstaltungen abgehalten wurden, in die Gegengeschäfte eingerechnet worden seien: "Der Sinn und Zweck der Geschichte war das nicht." Die Task Force im Ministerium habe die Geschäfte geprüft, dabei seien zum Teil "skurrile Geschichten" entdeckt worden. Teilweise wurden dann neue Geschäfte eingemeldet.

Als in weiterer Folge Korruptionsvorwürfe laut wurden, habe er mit der Staatsanwaltschaft eine Kooperation und Datenaustausch vereinbart. Auch sollten Sachverständige die Plausibilität und Nachhaltigkeit der Gegengeschäfte prüfen. Die Untersuchung dürfte sich in der Schlussphase befinden. Airbus- (früher EADS-)Chef Thomas Enders habe er ebenfalls kontaktiert, da er nicht wollte, dass das Unternehmen mit kleinen Gegengeschäften - "Pipifax- und Mickey Maus-Geschichten" - diskreditiert werde. Ziel sei dann auch gewesen, die Gegengeschäfte überzuerfüllen, dies laufe auch korrekt ab. Nun gelte es jedenfalls abzuwarten, wie die Staatsanwaltschaft nach den Ermittlungen entscheidet.

FPÖ-Mandatar Reinhard Bösch hielt Mitterlehner eine Aussage des früheren Verteidigungsministers Norbert Darabos (SPÖ) im Ausschuss zu den Gegengeschäften vor. Demnach habe Mitterlehner ihn 2009 bei einer Konferenz angesprochen und gesagt, dass gewisse Geschäfte "vorgeschoben" worden seien. Das sei "nicht logisch und nicht nachvollziehbar", wies Mitterlehner die Darstellung zurück und erklärte, dass es "aus meiner Sicht keinen objektiven Sinn ergibt, so eine Behauptung zu machen". Er könne sich auch nicht daran erinnern.

Ungewöhnlich ungiftig gab sich der Eurofighter-Bekämpfer Peter Pilz: Mitterlehner sei der einzige Verantwortliche aus der ÖVP, der die ganze Zeit über "nicht die Interessen von EADS, sondern die Interessen der Republik Österreich vertreten hat", streute der Noch-Grüne dem Ex-Minister Rosen. Auf die Frage, ob er Hinweise auf die Fälschung von Gegengeschäfts-Bestätigungen gehabt habe, meinte Mitterlehner, dies sei ihm neu, "ich bin da nicht konkret informiert gewesen". Ermittlungen seien aber Aufgabe der Staatsanwaltschaft.

(APA)

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