Sie sei im Dezember 2015 über die Vorwürfe der sexuellen Belästigung durch Peter Pilz informiert worden, sagt die Ex-Grünen-Chefin. Und habe ihn damit konfrontiert.
Die frühere Grünen-Chefin und Klubobfrau Eva Glawischnig weist im Zusammenhang mit der Causa Pilz "den Vorwurf der politischen Intrige aufs Schärfste zurück". Peter Pilz sei mit den Vorwürfen der sexuellen Belästigung einer Mitarbeiterin detailliert konfrontiert worden, erklärte Glawischnig am Samstag in einer Aussendung - allerdings nicht schriftlich, weil die Betroffene dem nicht zugestimmt habe.
"Ich hätte mir persönlich gewünscht, dass ich in meinem Berufsleben niemals mit solchen Vorwürfen zu tun haben muss", betonte Glawischnig, die im Mai aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Sie sei erstmals im Dezember 2015 von der Vertrauensperson des grünen Klubs wegen Belästigungsvorwürfen gegen einen Abgeordneten kontaktiert worden, führte Glawischnig aus. Sie habe Pilz denn auch mit den Anschuldigungen konfrontiert, er sei darauf aber nicht weiter eingegangen.
"Ich werde am Donnerstag bei der Angelobung nicht dabei sein." Peter Pilz nimmt nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung sein Nationalratsmandat nicht an. APA/HERBERT NEUBAUER
"Im Kern handelt es sich um einen Arbeitskonflikt." Im Zusammenhang mit den Vorwürfen der verbalen und körperlichen sexuellen Belästigung seiner früheren Mitarbeiterin sieht sich Pilz als Opfer. APA/HERBERT NEUBAUER
"In meinem Vokabular kommt das - an und für sich für mich nicht ungeheuerliche - Wort 'Schatzi' nicht vor. (...) Dieser Satz ist eine freie Erfindung." Pilz will auch rechtliche Schritte gegen die Anschuldigungen ergreifen. APA/HERBERT NEUBAUER
"Fallen mit den Mandaten und mit den Jobs auch die Hemmungen weg? Heißt's jetzt Rache für das, was nicht ich, sondern Wählerinnen und Wähler entschieden haben?" Pilz vermutet die Quelle für die Veröffentlichung der Vorwürfe bei seiner alten Partei, den Grünen. APA/HERBERT NEUBAUER
"Persönliche Erinnerungslosigkeit ist keine Entschuldigung." An eine angebliche körperliche Belästigung beim Forum Alpbach kann sich Pilz laut eigenen Angaben nicht erinnern. APA/HERBERT NEUBAUER
"Die strengen Maßstäbe gelten auch für mich." Dennoch nennt er den entsprechenden "Falter"-Bericht als Grund für seinen Rückzug. APA/HERBERT NEUBAUER
"Wir älteren und in meinem Fall noch - gerade noch - mächtigen Männer müssen bereit sein, auch etwas dazuzulernen." Zum Schluss noch ein Tipp für seine "Geschlechtsgenossen". APA/HERBERT NEUBAUER
''Schatzi ist frei erfunden'': Pilz' Rückzug in Zitaten
Im Jänner 2016 habe dann ein Schreiben der Gleichbehandlungsanwaltschaft die grüne Klubführung erreicht, in dem die Vorwürfe wie folgt bewertet worden seien: "Die von der Mitarbeiterin glaubhaft geschilderten Verhaltensweisen und Bemerkungen erfüllen nach unserer Beurteilung die Tatbestände der sexuellen und geschlechtsbezogenen Belästigung".
Schreiben wurde Pilz "langsam vorgelesen"
Man habe mehrmals versucht, von der betroffenen Mitarbeiterin von der Vertraulichkeit entbunden zu werden - einer Übermittlung des Schreibens an Pilz habe sie nicht zugestimmt, sie habe sich aber bereit erklärt, dass das Schreiben Pilz "in fast allen Passagen" vorgelesen werden könne, so Glawischnig. "Es wurde ihm langsam vorgelesen, er konnte mitschreiben", betonte Glawischnig. "Er war also sehr wohl in Kenntnis der Vorwürfe", habe aber ohne etwas Schriftliches nicht konkret Stellung nehmen wollen.
Der grüne Klub habe die Vorwürfe klären wollen, jedoch könne ein Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission ausschließlich von der Betroffenen geführt werden, erläuterte Glawischnig. Für eine politische Klärung samt Konsequenzen in der Klubsitzung wäre die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht Voraussetzung gewesen, die aber nicht erteilt worden sei. Von der Anwältin der Betroffenen sei das mit der Befürchtung einer öffentlichen Bloßstellung und langfristigen Stigmatisierung argumentiert worden.
Pilz hat unterdessen am Samstag bekanntgegeben, aufgrund der aufgekommenen Vorwürfe sein Mandat im Nationalrat nicht annehmen zu wollen. Martha Bißmann wird stattdessen ins Parlament einziehen.
Nun wird Peter Pilz doch nicht im Nationalrat sitzen. Das einstige grüne Urgestein hat es zwar bei der Nationalratwahl am 15. Oktober 2017 auf eigene Faust versucht und ist mit einer eigenen Liste angetreten. Auch gelang der Einzug in den Nationalrat. Wegen der Vorwürfe sexueller Belästigung wird er aber sein Mandat nicht annehmen. APA/HANS KLAUS TECHT
Was passierte, wird hoffentlich geklärt werden. Der 63-jährige Steirer gilt nicht nur in Hinblick auf seinen Anspruch auf eine Politikerpension als Dinosaurier. Seit dem ersten Einzug der Grünen in den Nationalrat 1986 (ÖVP-Chef Sebastian Kurz war damals gerade erst geboren) war Pilz als Abgeordneter mit dabei - unterbrochen nur durch einen mehrjährigen Abstecher in den Wiener Gemeinderat. Von 1992 bis 1994 war er sogar Bundessprecher der Partei, die sich damals noch "Grüne Alternative" nannte. APA/GEORG HOCHMUTH
Anlass für seinen Abgang von den Grünen war der Bundeskongress im Juni 2017. Dort ist er in der Abstimmung um den vierten Listenplatz dem Jugend-Kandidaten Julian Schmidt unterlegen. Er lehnte es ab, für einen Listenplatz weiter hinten zu kandidieren, auch einen von der Parteiführung angebotenen Vorzugsstimmenwahlkampf schlug er aus. Stattdessen verkündete er seine Trennung von der Partei, die er mitbegründet hat. Lediglich den Eurofighter-Untersuchungsausschuss brachte Pilz, der sich selbst gerne als Aufdecker der Nation darstellte, für die Grünen noch zu Ende, bevor er aus dem Parlamentsklub auszog. APA/DIE GRÜNEN/INES BACHER
Für Pilz, der schon seit längerem einen Kurswechsel der Grünen verlangt und immer wieder quer geschossen hatte, waren seine Nominierungen bei den Bundeskongressen schon in früheren Jahren Zitterpartien. Vor der letzten Nationalratswahl 2013 landete er zwar knapp auf der Liste, musste sich aber aus dem Parteivorstand zurückziehen. APA/ROLAND SCHLAGER
Mit der früheren Parteichefin Eva Glawischnig verband ihn eine "innige Feindschaft": Sie zeigte sich von seinen Alleingängen, aber auch seinem Machismo genervt - und seiner Meinung, die Grünen müssten einen kantigen, linkspopulistischen Kurs fahren, um zu wachsen und die FPÖ herausfordern zu können. (c) APA (Herbert P. Oczeret)
Pilz' Verdienste sind dennoch unbestritten. Der vor allem von den Wiener Boulevardmedien geliebte Steirer agiert seit Jahren als Aufdecker im Kampf gegen Korruption und verfügt über beste Kontakte zu Polizei, Heer und Geheimdiensten. Immer wieder stand er sich damit aber auch selbst im Weg: durch seinen Hang zur Inszenierung und zur schnellen Pointe, seinem oft aufgesetzt wirkenden Verschwörerton und mit der inquisitorischen Tendenz, als Kläger und Richter gleichzeitig aufzutreten. (a) APA
Seine bisher größte Rolle spielte der langjährige Bewohner einer Gemeindebauwohnung in Wien-Kaisermühlen als Vorsitzender des ersten Eurofighter-Ausschusses 2007. Dass er zehn Jahre später die Chance für einen zweiten nutzte und dafür auch ohne große Skrupel die FPÖ ins Boot holte, galt als weiterer Höhepunkt seiner Karriere, wurde aber auch schon als Versuch gewertet, noch einmal sein Nationalratsmandat zu retten. Erste öffentliche Sporen als Aufdecker hatte er sich in den Affären "Noricum" und "Lucona" verdient. (Bild: Gabriela Moser und Grünen-Fraktionsführer Peter Pilz vor einer Sitzung des Eurofighter-U-Ausschusses) APA/GEORG HOCHMUTH
Ein weiterer Verdienst Pilz' ist die Entdeckung Alexander Van der Bellens für die Politik. Dieser war Betreuer seiner Dissertation ("Ökonomische Bedeutung der Einführung neuer Medien in Österreich", 1983). Pilz brachte ihn zu den Grünen. Politische Anfänge hatte der Hobbymusiker - es gab legendäre Vorweihnachtsauftritte als "Nick O'Low" - bei den Trotzkisten an der Universität, aber auch den Sozialdemokraten. Ein gewisser Michael Häupl schloss ihn damals aus dem Verband der sozialistischen Studenten aus. APA
Zur Person: Peter Pilz wurde am 22. Jänner 1954 in Kapfenberg (Steiermark) geboren. Er ging in Bruck an der Mur ins Gymnasium, war Zivildiener und studierte an der Uni Wien Volkswirtschaft. 1986 zog er mit den ersten Grünen in den Nationalrat ein. Peter Pilz ist verheiratet. APA/DIE GRÜNEN/INES BACHER
Peter Pilz: Grüner Einzelkämpfer (doch) nicht im Hohen Haus
Der Listengründer könnte im Rahmen eines Eurofighter-U-Ausschusses ins Hohe Haus zurückkehren. Derzeit erlebe er viel Rückhalt - und freue sich vor allem über die "vielen Mails von Frauen".
Pilz gab an, noch nie in seinem ganzen Leben eine Frau sexuell belästigt zu haben, vermutet hinter den Vorwürfen eine Intrige. Nun melden sich zwei weitere Betroffene zu Wort.
Was ist juristisch gesehen sexuelle Belästigung? An welche Stellen können sich Opfer wenden, und welche Aufgaben hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft und die -Kommission? Eine (Begriffs-)Erklärung.
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