Sicherungshaft auch für Österreicher? Frauenministerin will sich nicht einmischen

MINSIETRRAT: BOGNER-STRAUSS
MINSIETRRAT: BOGNER-STRAUSSAPA/ROLAND SCHLAGER
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Juliane Bogner-Strauß gibt sich gegenüber den "Sicherungshaft"-Plänen von Innenminister Herbert Kickl abwartend. Sie gibt zu bedenken, dass Gewalt "auch bei österreichischen Paaren" stattfinde.

Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) will sich an der Diskussion über eine "Sicherungshaft" von Asylwerbern nicht beteiligen. Den Vorschlag des baldigen burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil (SPÖ), diesen geplanten Mechanismus auch auf österreichische Gewalttäter anzuwenden, kommentierte sie nicht, sondern verwies auf das Justiz- sowie Innenministerium. Diese würden eine Lösung finden, erklärte sie.

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Gewalt finde überall, auch bei österreichischen Paaren, statt, räumte die Frauen- und Familienministerin ein. Wichtig sei aus ihrer Sicht aber, Frauen zu ermächtigen, "aus der Gewaltspirale herauszukommen". Ins Detail ging sie nicht, sie zeigte sich hingegen überzeugt, dass Innen-und das Justizressort in Sachen Sicherungshaft eine Lösung finden würden, um Fälle wie jenen in Dornbirn zu verhindern.

SPÖ wegen Doskozil im Dilemma

Doskozil hatte die Sicherungshaft, die von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) als Reaktion auf die Messerattacke in Dornbirn präsentiert worden war, als zu kurz gedacht bezeichnet. Er würde eine solche Präventivhaft auch für Österreicher einführen. Dabei verwies der SPÖ-Politiker auf diverse Messerattacken von Männern auf ihre (Ex-)Partnerinnen, die in den vergangenen Wochen Schlagzeilen gemacht hatten. Eine Unterscheidung zwischen Asylwerbern und Österreichern erscheine ihm nicht sinnvoll.

Doskozil hatte diesbezüglich Maßnahmen wie etwa die Wegweisung ins Feld geführt. Diese müsse man evaluieren und zusätzliche Maßnahmen überlegen. Eine Sicherungshaft solle kommen, wenn ein Psychologe feststelle, dass von einer Person - in welchem Zusammenhang auch immer - unmittelbare Gefahr ausgehe. Innenminister Kickl wies den Vorstoß Doskozils am Montag zurück. Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) lehnte eine "Sicherungshaft" für Österreicher ab.

Die SPÖ befindet sich nun wegen Doskozils öffentlich kundgetaner Idee im Dilemma. Innerhalb der Partei fanden sich sowohl Stimmen, die den Vorschlag vorsichtig begrüßten - als auch solche, die ihn entschieden zurückwiesen.

Am Dienstag meldete sich auch Vize-Klubchef Jörg Leichtfried zu der Debatte. Er verwies darauf, dass Doskozil gemeint habe, einfacher eine Untersuchungshaft verhängen zu können, sollte Gewalt in Familien drohen. Die Vorgangsweise der SPÖ sei Leichtfried zufolge jedenfalls klar: Man fordere eine Taskforce, die den Fall von Dornbirn unabhängig prüfen solle. Gebe es dann gesetzlichen Änderungsbedarf, könne man einfachgesetzliche Maßnahmen vornehmen. Für eine Verfassungsänderung, die zu einem massiven Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte führen würde, um ein Behördenversagen zu "vertuschen", will Leichtfried nicht zur Verfügung stehen.

Neos und "Jetzt" warnen vor autoritärem Staat

Die anderen beiden parlamentarischen Oppositionsparteien, Neos und "Jetzt", gaben am Dienstag zu den "Sicherungshaft"-Plänen ein entschiedenes Nein ab. Sie warnten angesichts der Debatte vor einem autoritären Staat. Haft auf der Grundlage einer Gefährlichkeitsprognose rühre an die Grundsäulen des Rechtsstaates, erklärte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger: "Das kennen wir von autoritären Staaten."

Sie nannte die Debatte um die "Sicherungshaft" ein Ablenkungsmanöver. Denn der mutmaßliche Mörder von Dornbirn - ein in Vorarlberg geborener Asylwerber, gegen den ein Aufenthaltsverbot in Österreich besteht - hätte aus ihrer Sicht in Schubhaft genommen werden sollen. "Wir werden uns nicht an der Vertuschung eines Behördenversagens beteiligen", sagte Meinl-Reisinger. Kickl solle "nicht ablenken von seiner eigenen Unfähigkeit".

Die von der Regierung angestrebte Verfassungsänderung lehnt Meinl-Reisinger ab und hofft, dass auch die SPÖ dafür nicht zur Verfügung stehen werde: "Ich warne die SPÖ ausdrücklich davor, diese Büchse der Pandora zu öffnen." Gesprächsbereit wäre Meinl-Reisinger allenfalls über ein "Expressverfahren" für Asylwerber aus sicheren Herkunftsländern. Mit einem solchen auch von Justizminister Josef Moser (ÖVP) vorgeschlagenen "Fast Track"-Verfahren hätte das Asylverfahren in dem konkreten Vorarlberger Fall aus ihrer Sicht nämlich eine Woche vor der Tat abgeschlossen und dann möglicherweise eine Abschiebung vorgenommen werden können.

Über die Pläne zur "Sicherungshaft" empört zeigte sich auch der Klubobmann von "Jetzt", Bruno Rossmann. Eine diesbezügliche Debatte wäre vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen, sagte er in einer Pressekonferenz - nicht mehr aber unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Innenminister Kickl, der in Österreich einen Polizeistaat errichten wolle. Auch an jene SPÖ-Vertreter, die mit Kickls Plänen sympathisieren, appellierte Rossmann, von deren Ansinnen Abstand zu nehmen.

Eine Verfassungsänderung kann sich Vizekanzler Strache freilich sehr wohl vorstellen. Er sehe die SPÖ und die Neos in dieser Frage in der Pflicht, sagte er am Dienstag.

(APA/Red.)

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