Wie das Geld zu den Parteien kam

Förderung. Erst sollten es fast acht sein, dann null, und nun dürfen sich die Parteien um zwei Prozent mehr vom Staat freuen. Bei der Parteienförderung bleibt Österreich aber Europameister.

Wien. Zuerst sprach der Bundeskanzler über die Verschiebung des Brexit. Aber auch beim Thema Parteienförderung war Sebastian Kurz not amused. Er kritisierte am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat Ö3. Denn im Radio habe es geheißen, die Regierung wolle die Parteienförderung erhöhen, die Opposition sei dagegen. Es handle sich um die „ultimativ zugespitzte Form der Falschinformation“, zürnte der Kanzler. „Ö3 hat korrekt berichtet“, entgegnete der ORF-Redakteursrat.

Doch wie kam es zur jetzigen Lösung, was wollten Opposition bzw. Regierung, und muss man sich um die finanzielle Lage von Österreichs Parteien denn sorgen?

1Wieso wurde das Thema Parteienförderung jetzt aktuell?

Alles beginnt im Jahr 2012: Die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben zu dem Zeitpunkt hohe Schulden. Gleichzeitig werden unter öffentlichem Druck Offenlegungsregeln bei Parteispenden beschlossen. Vor allem aus der ÖVP kommen Stimmen, die fürchten, das könnte Spender abschrecken. Zudem wird die Wahlkampfkostenrückerstattung für Nationalratswahlen abgeschafft.

Die große Koalition beschließt daraufhin eine fette Erhöhung der Parteienförderung (insgesamt um 14 Millionen Euro) ab 2013. Mit teilweiser Rückwirkung ins Vorjahr, damit der Betrag höher ausfällt. Und die Koalition legt fest, dass künftig die Parteienförderung immer angehoben wird, wenn die Inflation seit der letzten Erhöhung fünf Prozent überschritten hat.

2Wie kam es zur jetzigen Lösung bei der Parteienförderung?

Heuer würde die Parteienförderung automatisch um 7,8 Prozent angehoben werden (Inflation seit der letzten Anpassung). Doch Kurz will die Erhöhung für heuer einfrieren, wie er im Jänner erklärt. Die SPÖ entgegnet, man solle die Parteienförderung wegen der guten Konjunktur wie geplant erhöhen. Die Neos wollen die Valorisierung der ihrer Meinung zu hohen Förderung für immer abschaffen.

Auch Koalitionspartner FPÖ ist von der Kanzleridee wenig begeistert. Die Blauen fordern vielmehr ein generelles Verbot von Parteispenden, die mehr als 3500 Euro betragen. Das würde der FPÖ nicht so weh tun, der ÖVP aber sehr. Im Endeffekt kommt nun weder diese Begrenzung, noch wird die Parteienförderung eingefroren.

Stattdessen beschließt die Koalition am gestrigen Mittwoch im parlamentarischen Verfassungsausschuss die Anhebung der Parteienförderung um die aktuelle Inflationsrate (zwei Prozent). Im selben Ausmaß steigen die Grenzen für die Offenlegung von Spenden sowie die Obergrenze für Wahlkampfausgaben. Und laut der Novelle steigt die Förderung nun jedes Jahr um die Inflationsrate. Die Opposition ist gegen diese Lösung.

3Muss man sich Sorgen um Österreichs Parteien machen?

Parteifinanzierungsexperte Hubert Sickinger lacht, als man ihm diese Frage stellt. Den Parteien gehe es „exzellent“, sagt er zur „Presse“. Nirgendwo in Europa würden Parteien derart viel Geld von Staat erhalten. Zwar erhalten die Parteien laut Sickinger nun nur um 589.000 statt um 2,3 Millionen Euro (wenn die Erhöhung um 7,8 Prozent gekommen wäre) mehr. Doch ist es für die Parteien von Vorteil, wenn ihre Einkünfte nun jährlich steigen statt wie bisher alle paar Jahre.

Steuerzahler etwa können von solchen Regeln nur träumen: Die Steuertarife ändern sich nicht, wenn die Inflation steigt und man so in eine höhere Tarifklasse kommt. Die Abschaffung der kalten Progression hat die Koalition erst für die nächste Legislaturperiode versprochen (s. auch S. 17).

4Und wie viel bekommen die Parteien nun an Förderung?

Nach Sickingers Zahlen fließen heuer allein aus der nun erhöhten Parteienförderung rund 30 Millionen an die fünf Parlamentsparteien. Dazu gibt es noch Klubförderung (insgesamt 21 Millionen) und Förderungen für die Parteiakademien (rund 10,5 Millionen). Die Förderung für die Parteiakademien wurde zuletzt im Budget eingefroren, während die Klubförderung automatisch dann steigt, wenn der Lohn für Vertragsbedienstete des Bundes erhöht wird. Für die heurige EU-Wahl gibt es noch 13 Millionen extra. Und dazu kommen die Förderungen, die Parteien auf Ebene der Bundesländer (gesamt 113 Millionen Euro) erhalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2019)

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