SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner glaubt noch an die Trendwende und verspricht ein Klimaticket.
„Ja, ich liebe die Menschen“, sagte Pamela Rendi-Wagner am Beginn ihrer Rede vor dem kleinen Parteitag der SPÖ, dem Bundesparteirat. „Und eigentlich könnte ich hier schon wieder aufhören.“ Allerdings machte sie dann doch noch eine knappe Stunde weiter.
Die Frage ist, ob diese Liebe auf Gegenseitigkeit beruht. In dem Sinn zumindest, als die Mehrheit der wahlberechtigten Menschen bereit wäre, bei der Nationalratswahl am 29. September SPÖ zu wählen. Im Moment sieht es nicht danach aus: Der Rückstand auf die ÖVP ist – mit bis zu 18 Prozentpunkten – beträchtlich. Aber es ist ja immerhin noch elf Wochen Zeit.
Wobei auch manche Genossen ihre Zweifel zu haben scheinen. Im Museumsquartier blieben am Samstag einige Plätze leer, was aber auch mit der Tatsache zusammenhängen könnte, dass es Mitte Juli ist. Etwa 250 Delegierte waren gekommen, darunter ehemalige Minister wie Lore Hostasch, Helga Konrad und Rudolf Edlinger, aber nur zwei von drei Landeshauptleuten, nämlich Gastgeber Michael Ludwig und der Kärntner Peter Kaiser. Der Burgenländer Hans Peter Doskozil ließ sich entschuldigen, er war am Samstag in Köln.
Die Anwesenden gaben sich der Selbstbeschwörung hin. „Mut für Österreich“ stand auf der einen Seite der Bühne, „Gut für Österreich“ auf der anderen. Dazwischen arbeitete sich Rendi-Wagner in einer bemühten, aber nicht gerade fesselnden Rede an der „Ibiza-Koalition“ ab. „Die einen lassen sich filmen, die anderen bezahlen“, spielte sie auf die Großspenden an.
Danach versuchte die SPÖ-Chefin zu skizzieren, welche Wendung das Land unter „der ersten gewählten Bundeskanzlerin der Republik“ nehmen würde. Ihr Programm beinhaltet SPÖ-Klassiker wie die Millionärssteuer, die Wiedereinführung der Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose, eine steuerfinanzierte Pflege oder auch ein Klimaticket: Für drei Euro pro Tag soll man mit allen Öffis fahren dürfen. In der Migrationspolitik bleibt die SPÖ ambivalent: Einerseits verlangt Rendi-Wagner „Mut zur Menschlichkeit“, andererseits warf sie ÖVP und FPÖ vor, nicht ausreichend für den Schutz der EU-Außengrenzen lobbyiert zu haben.
Ihre Partei hat sie gebeten, daran zu glauben, „dass wir stimmenstärkste Partei werden können“. Dafür gab es Applaus, selbstverständlich im Stehen, und Umarmungen. SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek freute sich über die „menschlichen Regungen“ der Parteichefin, womit sie sich wohltuend „von diesem türkisen Eiskasten“ abhebe. Gemeint war Altkanzler Sebastian Kurz.
Am Nachmittag wurde Rendi-Wagner dann mit 95,6 Prozent zur Spitzenkandidatin gewählt. Er glaube, dass der Tiefpunkt nun überwunden sei, sagte ein ehemaliger Minister am Rande der Veranstaltung. „Aber ich bin eben auch ein unverbesserlicher Optimist.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2019)