"Die geht mir am Oasch", hatte Neos-Fraktionsführerin Krisper ins versehentlich noch aktivierte Mikrofon gesagt - bestritt aber, damit Ilse Huber gemeint zu haben. Letztere bezog die Äußerung dennoch auf sich.
Der Ibiza-U-Ausschuss verliert seine Verfahrensrichterin: Ilse Huber legt die Funktion zurück. Der Hintergrund, wie am Freitag aus der Parlamentsdirektion verlautet: Huber war von der Opposition mehrfach für ihre Arbeit im Untersuchungsausschuss kritisiert worden - etwa für ihre Auslegung des Entschlagungsrechts. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat eine Aussage von Neos-Mandatarin Stephanie Krisper, die Huber auf sich bezogen hat.
"Leider habe ich im Laufe der Sitzungen erleben müssen, dass hier unsachliche und persönliche Angriffe stattgefunden haben, die auch mich mit einbezogen haben", so Huber in einer schriftlichen Erklärung. Am gestrigen Verhandlungstag sei für sie "eine Grenze überschritten" worden. "Die höchst abfällige Äußerung einer Fraktionsführerin und der darauf folgende öffentliche Diskurs sind für mich ohne Beispiel. So etwas habe ich in meiner jahrzehntelangen Laufbahn als Richterin noch nie erlebt und so etwas hätte ich auch niemals erwartet", zeigte sich Huber, die vor ihrer Pensionierung Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes war, enttäuscht.
"Die geht mir am Oasch", hatte Krisper im Zuge einer Debatte rund um die Befragung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Donnerstag ins versehentlich noch aktivierte Mikrofon gesagt. Sie bestritt danach, die Verfahrensrichterin gemeint zu haben, vielmehr sei es ein Plural gewesen und sie habe sich über die Zustände geärgert, von Blümels Erinnerungslücken über Geschäftsordnungsdebatten bis zur Vorsitzführung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
"Ich habe mich aufgrund dieses Vorkommnisses entschieden, mein Amt als Verfahrensrichterin zurückzulegen", erklärte Huber jedoch. Sobotka habe sie Freitagmorgen über ihren Schritt informiert, für den sie um Verständnis bitte. Sie habe die Funktion der Verfahrensrichterin übernommen, weil es ihr ein Anliegen gewesen sei, "meine Erfahrungen als Richterin noch einmal für die Republik und im Sinne unserer Demokratie als Verfahrensrichterin in einem Untersuchungsausschuss einzubringen", sagte Huber.
Interimistisch übernimmt nun der stellvertretende Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl, ehemaliger Vizepräsident des Oberlandesgerichts Wien. Die Entscheidung, wer zum neuen Verfahrensrichter bestellt wird, trifft die Präsidiale.
ÖVP-Fraktionsführer sieht „Tiefpunkt unterschritten“
Scharfe Kritik an der Opposition äußerte ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl. "So kann es jetzt nicht mehr weitergehen, wir haben dank Neos und Co. bereits jetzt den Tiefpunkt unterschritten", sagte er nach der Rücktrittserklärung von Huber. Das Verhalten der Opposition gegenüber der Richterin sei "untragbar, unmenschlich und unwürdig" gewesen. Er sprach in diesem Zusammenhang von Mobbing. Die zurückgetretene Verfahrensrichterin habe zu ihm gesagt, "einem Mörder widerfährt mehr Respekt bei einer Gerichtsverhandlung", als einer Auskunftsperson im U-Ausschuss von den Parteien entgegengebracht werde.
Im U-Ausschuss würden regelmäßig Menschen "verunglimpft", der Opposition gehe es nur um "parteipolitisches Kleingeld". Gerstl fordert nun eine Fraktionsführersitzung, "um den U-Ausschuss als seriöses Kontrollinstrument vor der völlig außer Rand und Band geratenen Opposition zu schützen".
Die jüngsten Vorwürfe der Opposition gegen den Ausschuss-Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) wischte Gerstl bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz vom Tisch - und mahnte vielmehr "Respekt" für das Amt ein. SPÖ, FPÖ und NEOS hatten am Freitag neuerlich Sobotkas Rücktritt gefordert, weil die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Verein "Alois Mock Institut" prüft, dessen Präsident Sobotka ist.
Neos: „Völlig zurecht geärgert"
Nach dem „Mobbing"-Vorwurf forderten aber auch die Neos mehr Respekt ein: "Die ÖVP soll die Hetzkampagne gegen Stephanie Krisper sofort einstellen", sagte Helmut Brandstätter am Freitagnachmittag via Aussendung. "Die ständigen Attacken gegen Stephanie Krisper“ - sie war bereits zuvor ins Visier der ÖVP geraten - würden lediglich zeigen, „wie gut unterwegs sie in ihrer unerschrockenen Aufklärungsarbeit ist", meinte Brandstätter. Krisper habe niemanden persönlich beleidigt, sondern sich "völlig zurecht über die Zustände im Untersuchungsausschuss geärgert".
(APA)