FPÖ: "Sie werden auch künftig Angst haben"

FPÖ-Chef Strache lässt sich feiern.
FPÖ-Chef Strache lässt sich feiern.(c) APA (Hans Punz)
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Die Freiheitlichen haben sich im Wahlkampf vergleichsweise bescheiden gegeben. Auch aus taktischen Gründen. Am Wahltag konnten sie ein sattes Plus feiern.

Wien. Es ist nach 22 Uhr, als Heinz-Christian Strache auf seiner Wahlparty in der Marx-Halle schon die ersten Koalitionsbedingungen formuliert: „Wir brauchen gerechte Löhne, wir brauchen Entlastung und direkte Demokratie.“ Die FPÖ werde sich „gegen die politische Islamisierung“ einsetzen – aber nicht zu jedem Preis in eine Regierung wollen. „Wir bleiben uns treu.“ Jetzt werde erstmal gefeiert. Denn: „Es ist noch lange nicht zu Ende.“

Vom Publikum gibt es dafür Jubel, geschwenkte Fahnen und Standing Ovations auf den Bierbänken. Das Empfangskomitee hat die John-Otti-Band am frühen Sonntagabend schon einmal mit der Menge geübt: „Jetzt stehen wir alle auf und schwenken die Fahnen“, ruft der Sänger Werner Otti ins Publikum. Dann beginnen die Sprechchöre: „HC!“, ruft er. „Strache!“, antworten sie.

„Was für ein Sieg“, sagt Otti. Das habe man den Österreichern zu verdanken. Aber auch „unserem Liebling der Nation“, also FPÖ-Chef Strache. „Die Luft nach Oben ist unendlich, aber was wir geschafft haben, ist grenzenlos.“ Dann wird nach „An der schönen blauen Donau“ schon das nächste Lied gespielt: „Wir sind eine große Familie.“

Eine Familie, die man gewählt hat: Zumindest mehr als 27 Prozent der Österreicher (ohne Briefwähler) haben dies am Wahlsonntag getan. Wie es der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus formuliert: „Heute haben wir es geschafft, wieder ein paar Prozentpunkte zuzulegen.“ 2005 habe Strache die Partei „bei drei Prozent“ übernommen. „Und wir gewinnen stetig dazu.“ Später fügt Generalsekretär Harald Vilimsky hinzu: „Unsere Themen wurden gewählt.“ Auch, wenn die ÖVP und Sebastian Kurz Erster geworden sind. Ob es die FPÖ in die Regierung schaffe oder nicht: „Sie werden auch künftig Angst haben.“

Sie, das sind vor allem SPÖ und ÖVP. Denn Strache stellte am Sonntagabend schon eine Neuauflage von Rot-Schwarz in Aussicht. Nur dieses Mal eben in der Variation Schwarz-Rot. Eine alte Taktik, die die Partei schon den gesamten Wahlkampf durchzog: Vor politischen Stillstand warnen. Nur nicht zu hoch pokern, nur keine zu hohen Ansprüche stellen. Dieses Mal wollte die FPÖ keine Ziele formulieren, die sich am Wahltag in Niederlagen verwandeln könnten.

„Zufrieden ist ein Hilfsausdruck“

Erst nach den ersten Hochrechnungen traute sich Parteimanager Herbert Kickl also aus der Deckung: Es sei ein „ganz hervorragendes Ergebnis“, sagte er. „Zufrieden ist ein Hilfsausdruck, für den Zustand den ich gerade erlebe.“ Die Österreicher „haben sich Veränderung gewünscht“. Was das für die Freiheitlichen nun bedeute? „Wir werden dort zu finden sein, wo wir am meisten Veränderung erreichen können.“

Auch während des Wahlkampfs stellte Strache keinen Kanzleranspruch, wollte nie öffentlich Platz eins erreichen. Die Rechnung ging auf: Jetzt steht die Partei mit einem satten Plus vor ihrem Wahlergebnis da. Und kommt erstmals seit langem wieder als ernsthafter Koalitionspartner in Frage. Der einzige kleine Dämpfer am Sonntag: Bei den ersten Hochrechnungen wurde die Partei auf Platz zwei prognostiziert. Die Wahlkarten dürften das Ergebnis aber noch drehen.

Bei all der Euphorie: Dieser Wahlkampf dürfte, wenn man so will, die letzte Chance für Strache gewesen sein. Schafft er es dieses Mal nicht in die Regierung, könnte er nicht unbeschadet weitere fünf Jahre in Opposition bestehen, um bei der nächsten Wahl noch einmal zu kandidieren.

Der Wahlkampf war aber auch aus einem anderen Grund ein besonderer für die FPÖ. Einerseits waren die Chancen, tatsächlich eine Koalition bilden zu können, noch nie so hoch. Andererseits hatten die Freiheitlichen erstmals seit Langem wieder einen starken Kontrahenten, der in ihrem Wählerteich fischte. Als Kurz die ÖVP übernahm, lag die FPÖ plötzlich nicht mehr klar vor beiden Regierungsparteien. Also mussten die Freiheitlichen umdenken: Und steuerten das Ziel an, stark genug zu werden, um als ernst zu nehmender Regierungspartner in Frage zu kommen.

Dafür musste sich Strache aber auch wie ein ernst zu nehmender potenzieller Regierungspartner geben. Zum Beispiel in der Rhetorik: Ließ er schon 2013 die Nächstenliebe (für Österreicher) plakatieren, war es diesmal die Fairness. Für Österreicher. Auf die typischen, markanten Reime verzichtete man weitgehend. Auch bei TV-Konfrontationen war Strache zwar angriffig, aber mit einem ruhigeren Ton. Das hat zu einem gewissen Teil funktioniert: 20,5 Prozent erreichte die Partei 2013, damals war die FPÖ noch etwas enttäuscht vom Ergebnis.

Das sollte ihnen bei diesem Wahlkampf nicht mehr passieren.

Das sollte ihnen bei diesem Wahlkampf nicht mehr passieren.

("Die Presse", Printausgabe, 16.10.2017)

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