Der Mann hinter dem Deutsche-Bank-Geheimnis

Stefan Krause bastelt an der neuen Strategie für die Deutsche Bank. Ein Porträt.

Einmal im Jahr zieht es Stefan Krause nach Kolumbien. In dem südamerikanischen Land, in dem er vor 52 Jahren als Sohn deutscher Eltern geboren wurde, kriegt er den Kopf am besten frei. Dort interessiert es niemanden, dass er Finanzchef der Deutschen Bank ist. Das Finanzressort, das er seit 2008 relativ geräuschlos führt, gibt Krause bald ab.

Inzwischen hat er einen viel wichtigeren Job: er tüftelt an der neuen Strategie, die Deutschlands größtes Geldhaus in wenigen Wochen vorstellen will. Wie der künftige Kurs aussehen soll, ist im Moment das bestgehütete Geheimnis am Finanzplatz Frankfurt. Der Countdown läuft.

Beinfreiheit für den Strategievorstand

Krause ist nicht nur derjenige, der die neue Strategie entwirft - zusammen mit den Co-Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen sowie Aufsichtsratschef Paul Achleitner, die ihn nicht lange überreden mussten, wie Insider berichten. Er wird auch derjenige sein, der die Strategie in den kommenden Jahren maßgeblich umsetzt, unbehelligt vom Tagesgeschäft und ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten rivalisierender Konzernsparten. Dafür wurde eigens der Posten des Strategievorstands geschaffen. Größtmögliche Beinfreiheit, heißt die Devise.

Die klassische Banker-Karriere hat Krause, anders als Jain und Fitschen, nicht vorzuweisen. Im Gegenteil - der studierte Betriebswirt hält sich zugute, noch immer eine gesunde Distanz zum eigenen Haus zu haben. Denn bevor Krause mitten in der Finanzkrise zur Deutschen Bank stieß und über die Zockereien der Branche auf dem US-Immobilienmarkt staunte, hatte er mehr als 20 Jahre beim Autobauer BMW verbracht - von 2002 bis 2007 als oberster Hüter der Finanzen, zuletzt als Vertriebschef. Damalige Weggefährten bescheinigen ihm einen soliden Job, auch wenn als Makel im Lebenslauf eine hohe Abschreibung wegen fehlgeschlagener Absicherungsgeschäfte bleibt.

Ohrfeige der US-Regulierer

Die Deutsche Bank führte Krause ohne Staatshilfen durch die Finanzkrisenjahre. Zwei Rückschläge hatte er allerdings auch hier einzustecken: Kritiker kreiden ihm die Ohrfeige der US-Regulierer wegen schlampiger Bilanzierung an. Und Krauses Unterschrift stand unter der Umsatzsteuererklärung der Bank für das Jahr 2009, die Ermittler wegen mutmaßlichen Steuerbetrugs mit CO2-Verschmutzungsrechten auf den Plan rief.

Fest steht: Als langjähriger Manager in der sogenannten Realwirtschaft dürfte Krause ein besonderes Gespür für schlanke Prozesse haben. Und dass die Deutsche Bank schlanker werden muss, das gilt inzwischen als einzig gesicherte Erkenntnis in der Strategiedebatte.

Hitzige Debatten, kühler Kopf

Dass Krause mit dem schwierigsten Thema in der Bank betraut wurde, hat aber offenbar noch einen anderen Grund. Kollegen beschreiben den Vater von drei Kindern, verheiratet in zweiter Ehe, als jemanden, der auch in hitzigen Debatten einen kühlen Kopf bewahrt. Selbst in langen Aufsichtsratssitzungen, wenn die Nerven blank liegen, schaffe es Krause, vor den Kontrolleuren betont gelassen die Feinheiten der Bilanz zu erörtern, berichtet einer, der ihn schon häufiger dabei erlebt hat.

Macht Krause das automatisch zu einem Kandidaten für die Doppelspitze mit Jain, wenn Fitschens Vertrag 2017 ausläuft? Die neue Strategie, wenn sie denn die Investoren überzeugt, könnte ein Sprungbrett sein, glauben einige, die die Bank gut kennen. Andere sagen, sobald Krause seinen Job erledigt hat, hat er sich quasi abgeschafft. Hätte man ihn befördern wollen, dann hätte er die Strategie zusätzlich zum Finanzressort bekommen und nicht als Ersatz. Krause selbst lässt sich nicht in die Karten schauen. Der langjährige Meister der Zahlen gab lediglich vor einiger Zeit zu, dass er die Telefonkonferenzen mit Analysten zu Quartalsergebnissen, "das trockene Zeug", nicht vermissen werde.

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