Ich bin ganz bei mir

Kolumne "Sprechblase". Warum "Ich bin bei Ihnen" Angst einflößt.

Menschen mit Berührungsangst können gar nicht anders. Selbst wenn sie die Meinung des Gegenübers teilen und wenn sie einverstanden sind: Sie müssen dagegen sein. Denn sie müssen sich schützen. Schützen vor jener Sprechblase, die Zustimmung ausdrücken soll: „Da bin ich ganz bei Ihnen.“ Stellen Sie sich das einmal bildlich vor. Dieses Ganz-bei-Ihnen-Sein drückt mehr als bloß inhaltliche Tuchfühlung aus.

Trotzdem hört man das „Da bin ich ganz bei Ihnen“ ständig. Auch von Menschen, die über die unterschiedlichen Distanzzonen Bescheid wissen: öffentliche Distanz – rund vier Meter –, wenn wir am Strand das Badetuch auflegen. Soziale Distanz – bis zu vier Metern – auf dem Bahnsteig. Persönliche Distanz – zwischen einem halben und einem Meter, also der Armlängenabstand – im Gespräch mit Kollegen. Und Intimdistanz, sie ist selbsterklärend.

Was das Körperliche betrifft, haben wir das mit der Distanz verstanden. Doch sprachlich hapert es bei vielen. Sie sind weiterhin ständig bei den anderen. Manchmal wünscht man sich, sie würden, bevor sie bei jemandem anderen sind, erst einmal zu sich kommen.

In den Sprechblasen spürt Michael Köttritsch, Leiter der Ressorts "Management & Karriere" und "Arbeitswelten" in der "Presse", wöchentlich Worthülsen und Phrasen des Managersprechs auf und nach.

michael.koettritsch@diepresse.com

Hier finden Sie die gesammelten Kolumnen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.