Was wirklich reich macht

Kolumne "Karrierewege". Nur wenige Positionen bieten hierzulande ein Gehalt, das wirklich reich macht. Das Einkommen zu erhöhen, geht aber ganz einfach.

Der Personalchef eines Zementkonzerns machte eine interessante Erfahrung: Gleichgültig, welche Gehälter sie ihren Mitarbeitern in Westafrika zahlten, sie hatten immer ausreichend viele geeignete Bewerber. „Ich hatte den Eindruck, die Menschen dort wären auch bereit, für uns zum Nulltarif zu arbeiten.“

Nach einiger Zeit entdeckte der Konzern die wahren Gründe. Nicht das gute Image als Arbeitgeber oder die Sozialleistungen machten das Unternehmen so attraktiv. In Wahrheit lag der Erfolg am Arbeitsmarkt daran, dass die Firma jedem Mitarbeiter am Monatsende einen Sack Zement kostenlos zur Verfügung stellte. Da Baustoffe für Private in dieser Region kaum verfügbar waren, war der Zementsack am Schwarzmarkt deutlich mehr wert als der Monatslohn des Arbeiters.

Auch hierzulande gibt es zahlreiche Jobs, die ein viel höheres Einkommen ermöglichen als das eigentliche Gehalt. Wer in der Sanitärabteilung eines Baumarkts arbeitet, kann beim Verkauf eines Waschbeckens den Kunden unverbindlich fragen: „Haben Sie jemanden, der es Ihnen einbaut?“

Sachbuchautoren mögen mit ihren gedruckten Werken kaum Geld verdienen, erhalten aber gut bezahlte Aufträge als Speaker oder Berater. Mathematiklehrer geben Nachhilfe, Universitätsprofessoren verfassen private Gutachten, Primarärzte haben neben dem Krankenhaus auch eine private Ordination.

Nur wenige Positionen bieten hierzulande ein Gehalt, das wirklich reich macht. Größeren Wohlstand schaffen sich die meisten nur über ein zusätzliches Einkommen, das ihnen der Job erst ermöglicht. Ohne Buch keine Aufträge als Speaker, ohne Professur keine Privatgutachten. Dabei ist die Möglichkeit eines Zusatzeinkommens weitgehend unabhängig von der Ausbildung, auch wenn Akademiker und Handwerker grundsätzlich die besten Chancen haben. In erster Linie hängt es von der Position und vom Geschäftssinn der Person ab, welches weitere Einkommen erzielbar ist.

Ein Musterbeispiel ist der Hausmeister Herr Franz, der vor einigen Jahren kurz vor seiner Pensionierung folgende Geschichte erzählte: „Ich bin seit Jahrzehnten in dieser Wohnhausanlage Hausmeister. Die Leute kennen mich und vertrauen mir. Wenn sie auf Urlaub fahren, gieße ich ihre Pflanzen und gebe der Katze zu fressen. Wenn es etwas zu reparieren gibt, bin ich gleich da. Ich verlange nie etwas, aber die Leute geben mir gerne ein Trinkgeld. Netto verdiene ich dadurch etwa doppelt so viel wie brutto als Hausmeister.“

„Herr Franz, wie schaffen Sie es denn bei all den Nebentätigkeiten, dass es in der Anlage immer tadellos aussieht? Im Sommer ist der Rasen stets gepflegt, im Herbst ist das Laub immer zusammengerecht, und im Winter liegt niemals Schnee auf den Gehsteigen. Wie machen Sie das?“ „Aber das mache ich doch nicht selber. Dafür zahle ich doch die Philippinos.“

Herr Franz genießt seit ein paar Jahren seine Pension. Er hat sich vom Trinkgeld vieler Jahrzehnte seinen Lebenstraum erfüllt und in seiner Heimat Kroatien ein Haus am Meer gekauft. Die Mieter seiner Wohnhausanlage denken noch immer voller Dankbarkeit an ihn.

Conrad Pramböck ist Berater und Speaker zu Gehalts- und Karrierethemen. Er leitet bei der Personalberatung Pedersen & Partners den Geschäftsbereich Compensation Consulting.

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