Was wollen Sie wirklich sagen

Kolumne "Karrierewege". Warum Authentizität und Vorbereitung beim Bewerbungsgespräch nicht gespreizt wirken müssen.

Vor allem junge Menschen meinen, dass sie für ein Vorstellungsgespräch keine Vorbereitung benötigen. Sie fürchten: „Wenn ich mit meinen auswendig gelernten Sätzen daherkomme, wirke ich nicht mehr authentisch, sondern so oberflächlich und gespreizt wie das Zerrbild eines schlechten Politikers. Ich lasse das Gespräch einfach auf mich zukommen. Mir wird schon etwas Passendes einfallen.“

In manchen Bereichen mag diese Ansicht stimmen. Wer etwa im Bewerbungsgespräch nach seinen Schwächen gefragt wird und laut Lehrbuch antwortet: „Ich arbeite zu genau und bin detailverliebt“, vermittelt vor allem, dass er die einschlägigen Bewerbungsratgeber gelesen hat. Ein echtes Bild auf seine Schwächen gibt diese Antwort nicht, und ein guter Recruiter wird diese offenkundig auswendig gelernte Aussage nicht gelten lassen.

Authentizität und Vorbereitung schließen einander jedoch nicht aus. Im Gegenteil wirken die besten Kandidaten deswegen im Gespräch so stark, weil ihnen die gute Vorbereitung Selbstsicherheit verleiht. Ein Kandidat drückte es so aus: „Wenn ich gut vorbereitet bin, bringe ich die Dinge auf den Punkt. Jedem ist klar, was ich wirklich sagen will. Ohne Vorbereitung wirke ich hingegen fahrig und chaotisch.“

Viele Fragen in Bewerbungsgesprächen ähneln ja einander: „Erzählen Sie aus Ihrem Berufsleben. Was sind Ihre größten Stärken und Schwächen? Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?“ Gerade auf diese Klassiker braucht jeder Kandidat passende Antworten. Ein Bewerber, der auf die Frage nach seinen beruflichen Ambitionen in den nächsten Jahren meint: „Puh, gute Frage. Dazu habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, wird in der Regel nach wenigen Minuten freundlich hinauskomplimentiert. Im Interview sind klare Antworten gefragt.

Wer vorbereitet ist, wirkt professionell. Für Laien mag es zu Beginn seltsam wirken, ihre wichtigsten Statements vor dem Gespräch zu formulieren, doch beim Termin wirken sie dann meist klar und intensiv wie Nachrichtensprecher im Fernsehen. Auch professionelle Speaker üben Text, Dramaturgie und Gestik so lange ein, bis beim gebuchten Auftritt nichts mehr schief gehen kann. Die stärksten Momente der Rede und die unterhaltsamsten Pointen sind dutzendfach geprobt, bis sie leicht und natürlich von der Hand gehen.

Damit Ihre Spontaneität nicht völlig verloren geht, können Sie in jedem Gespräch ein paar neue Wendungen ausprobieren. Wenn die Pointe nicht funktioniert, lassen Sie sie beim nächsten Termin einfach wieder weg. Haben Sie die Lacher hingegen auf Ihrer Seite, behalten Sie sie bei. Ein Personalchef erzählte aus seiner persönlichen Erfahrung: „Mein ganzes Berufsleben lang hatte ich immer die selbe Antwort auf die Frage nach meinen Schwächen. Ich sagte immer: ‚Meine größte Schwäche ist die Schokolade."

Conrad Pramböck ist Berater und Speaker zu Gehalts- und Karrierethemen. Er leitet bei der Personalberatung Pedersen & Partners den Geschäftsbereich Compensation Consulting.

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