Warum es ein Vorteil ist, schwach zu sein

Strategie. David gegen Goliath war kein aussichtsloser Kampf. Tatsächlich wussten Beobachter des ungleichen Duells von Anfang an, dass der unbewegliche Riese gegen den wendigen Schleuderkämpfer keine Chance hatte.

Als winziges Rädchen im Getriebe sehen sich viele, als wehrlose Schwache, die der mächtige Arbeitgeber ohne Mühe zermalmen könnte. Der US-Journalist und Autor Malcolm Gladwell will sie vom Gegenteil überzeugen. In mehreren seiner Bücher greift er die in Wahrheit überlegene Position der Kleinen gegenüber den nur scheinbar mächtigen Großen auf.

Am biblischen Beispiel: Der israelitische „Underdog“ David war wendig und versiert mit der Steinschleuder, was allen Beobachtern des ungleichen Zweikampfs auf den ersten Blick klar war. Goliath hingegen war schwerfällig, auf den Nahkampf reduziert und obendrein von seiner Rüstung behindert.

Klein-Sein zum Vorteil machen

Die Geschichte wurde falsch interpretiert, sagt Gladwell. Ihre wahre Botschaft sei: Lass dich nicht von der vermeintlichen Stärke der Mächtigen einschüchtern, sondern drehe deinen Nachteil in einen Vorteil. Wer etwa schwach im Angriff sei, müsse sich eben auf die Verteidigung konzentrieren. Wer wenig Budget zur Verfügung habe, müsse eben mit einfallsreicher Guerillataktik die Kriegskasse der Konkurrenz aushebeln.

Das aber erfordere Fantasie und Querdenkertum und sei mit Anstrengung verbunden. Vor ebendieser zuckten viele zurück – und bevorzugten es zu jammern.

Der Fluch der Eliten

An einer Topuniversität fühlen sich nur Topbegabungen wohl, sagt Gladwell. Alle anderen leiden. Daher muss die allgemein „beste“ Option noch lang nicht gut für den Einzelnen sein. „Ist es wirklich erstrebenswert, als kleiner Fisch im großen Teich mitschwimmen zu wollen?“, fragt der Autor. Wäre es nicht besser, sich einen kleinen Teich zu suchen und in diesem etwas Besonderes zu werden?

Gladwell recherchierte, dass überdurchschnittlich viele erfolgreiche Politiker in ihrer Kindheit ein Elternteil verloren hatten. Sie mussten früh lernen, allein mit Schwierigkeiten fertig zu werden, folgert er, und stellten sich später souverän dem Weg nach oben. Aus dem Nachteil wurde ein Vorteil.

Ganz anders viele Wohlstandskinder: Weder hätten sie gelernt, Problemlösungsstrategien zu erarbeiten, noch wären sie hungrig genug, um sich durchzubeißen.

Schon kleine Handicaps, meint der Autor, könnten ein großer Ansporn sein. So würden in den Vorstandsetagen auffallend viele Legastheniker sitzen. Virgin-Gründer Richard Branson oder Cisco-CEO John Chambers etwa hätten früh gelernt, aus ihrer Not eine Tugend zu machen: indem sie sich nicht kleinmachten, sondern energisch andere Stärken entwickelten.

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