„Ineffizienz ist unethisch“

Porträt. Seit 15 Jahren sucht Michael Heinisch in der Vinzenz-Gruppe die Balance zwischen Strategie, Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit. Das spiegelt sich auch in seiner Geschichte wider.

Als jungem WU-Dissertanten fiel dem Tiroler Michael Heinisch (heute 48) ein Buch in die Hände. „Das Konzept Integriertes Management“ hieß es, geschrieben vom Wirtschaftswissenschaftler Knut Bleicher. 1990 war der Ansatz seiner Zeit weit voraus. Es existieren nicht nur strategisches und operatives Management, stand da, es gibt auch eine dritte Dimension: das normative Management, also Unternehmensführung auf Basis von Werten. Heinisch war tief beeindruckt.

Sein Karriereweg führte ihn schnurstracks nach St. Gallen in Fredmund Maliks Managementzentrum, das Nonplusultra seiner Zeit. Am dritten Tag sandte man ihn nach München, zu einem Riesenprojekt: „Das waren wirklich große Schuhe, die sie mir zugetraut haben.“ Das strategische Know-how, über das er heute verfüge, habe er dort erworben.

Der liebevollste aller Ratschläge

Das Projekt blühte und gedieh über drei Jahre, bis ihn, „am Höhepunkt meines Erfolges“, sein Managing Partner beiseitenahm. Im Münchner Biergarten riet er ihm, Malik zu verlassen. „Ich war gekränkt. Ich hatte mein Projekt doch zu einem richtig guten Ergebnis geführt.“

Erst später verstand er: „Er wollte mir sagen, wenn ich nicht aufpasse, bleibe ich ein projektbezogener Berater. Es war Zeit, auch Ergebnisverantwortung zu übernehmen.“ Heute nennt er das „den liebevollsten Ratschlag, den ich je bekommen habe“.

Konsequent war seine nächste Station der damals rasant expandierende Technologiekonzern VA Tech. „Das war brutal. Ich steckte bis zur Hüfte in Unternehmensführung, M&A und Datenanalysen. 20 Stunden jeden Tag.“ Dieser Etappe verdanke er seinen kaufmännischen Werkzeugkasten und „alles, was ich über Zahlen weiß“.

Zwei Jahre später bekam er das Angebot der Vinzenz-Gruppe, deren Geschäftsleitungsvorsitzender er heute ist. Er erinnerte sich an das Buch, das er als junger Doktorand gelesen hatte. Nun konnte er alle drei Dimensionen umsetzen, die er im Lauf seines Lebens kennengelernt hatte: seine Leidenschaft für Strategie, sein Wissen über Zahlen – und seine Werte.

Vertrauen schaffen

Das zeigt sich etwa, wenn er die Prozesse im Krankenhaus nicht nur auf Wirtschaftlichkeit, sondern auch auf Menschlichkeit durchleuchtet. Den Weg des Patienten zur Operation etwa: „Da wird er im Bettenwagerl zum OP geschoben, hat Angst und trifft unterwegs nur Menschen, die er noch nie gesehen hat. Ist das aus seiner Sicht ein glücklicher Prozess?“

Nein, findet Heinisch und lässt jetzt die vertraute Stationsschwester den Patienten fragen, ob er von ihr begleitet werden will. „Menschen im Spital sind nicht nur krank am Körper. Sie sind auch gekränkt, weil sie ihre Autonomie verloren haben. Weil sie abhängig und verletzlich sind.“

Menschlichkeit budgetieren

Natürlich, Extrazuwendung kostet extra Geld. Seit 15 Jahren sucht er nun schon die Balance zwischen Strategie, Wirtschaftlichkeit und Werten. Für ihn ist auch Effizienz ein Wert: „Ineffizienz ist unethisch.“ Daher sein betriebswirtschaftlicher Ansatz: „Wir budgetieren Menschlichkeit.“

Dennoch, Heinisch macht keinen Hehl daraus, dass nicht alles perfekt läuft. Auch seine Mitarbeiter fühlten sich manchmal übergangen. Dann lege er ihnen gemeinsam mit den Führungskräften die Hintergründe dar: „Manchmal wird es heiß.“ Doch am Ende des Tages spüre er Respekt – und sei es nur dafür, dass er ehrlich war.

ZUR PERSON

Der promovierte Handelswissenschaftler Michael Heinisch (48) ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der Vinzenz Gruppe Krankenhausbeteiligungs- und Management GmbH und der Vinzenz Gruppe Service GmbH. Diese betreiben sieben Krankenhäuser und fünf Pflege- und Rehab-Häuser sowie ambulante Dienste in mehreren Bundesländern entsprechend christlichen Werten und Grundhaltungen.

("undefined", Print-Ausgabe, 02.04.2016)

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