Sie wollen Ruhm und Wertschätzung

Quereinsteiger. Mit Hans Peter Haselsteiner und Frank Stronach treten zwei Unternehmerpersönlichkeiten im Wahlkampf auf. Warum sie sich den Weg in die Politik antun.

Sie könnten mit Stolz zurückblicken, in Pension gehen und den wohlverdienten beruflichen Ruhestand antreten. Nur, sie wollen nicht.

Sie starten lieber eine weitere Karriere. Diesmal nicht als Manager, diesmal versuchen sie sich als Politiker: Parteigründer Frank Stronach und (Polit-Rückkehrer) Hans Peter Haselsteiner als Neos-Ministerkandidat sind die jüngsten Beispiele. Hannes Androsch wurde nach längerer politischer Absenz mit 73 Jahren mittels Bildungsvolksbegehrens aktiv. Auch Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle wechselte erst wenige Jahre vor der Pensionierung vom Posten des Rektors in die Bundespolitik.

Aufgrund ihrer Erfahrung nehmen sie für sich in Anspruch, einen anderen, vermeintlich sachlicheren Zugang zur Politik zu haben. Die Bezeichnung als Politiker aber empfinden sie beinahe als Beleidigung. Stronach will lieber „Staatsmann“ sein, Töchterle trat der ÖVP bis heute nicht bei.

„Unternehmer sind Helden“

Während es Berufspolitikern oft an Entscheidungswilllen mangelt, verkörpern die Ex-Unternehmer eine „Ich weiß, wie es geht“-Mentalität. Mitt Romney ging vor der US-Präsidentschaftswahl 2012 so weit, Unternehmer – und damit sich selbst – zum Helden zu stilisieren.

Dass am Sprichwort vom „glatten politischen Parkett“ etwas dran ist, finden die Quereinsteiger oft rasch heraus. „In der Wirtschaft zu reüssieren ist zwar nicht einfacher als in der Politik“, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Hofer. „Die entscheidenden Fähigkeiten aber sind andere.“ Etwa in Entscheidungsprozessen: Während Manager mit straffer Führung punkten, „ist es in der Politik schwierig, die eigene Meinung durchzudrücken“, sagt Hofer. Es sei vor allem die Suche nach dem Konsens, die Managern an der Politik schwerfalle. Auf diesen Kulturwechsel seien Polit-Neulinge oft „schlecht vorbereitet“. Auch, dass plötzlich das eigene Leben von Medien durchleuchtet werde, sei ungewohnt. Und wenn Themen kritisch abgefragt würden, zu denen man sonst nie Stellung nehmen musste, können Fehler passieren, etwa die Todesstrafendebatte, die Stronach auslöste.

Auch die Parteien müssten sich auf die Quereinsteiger einstellen, sagt Personalentwickler Leopold Stieger (www.seniors4success.at). „Die Quereinsteiger können sich schließlich aussuchen, was und wie viel sie tun.“ Zettel verteilen und Basisarbeit sei meist nicht dabei.

Warum sich Manager die Politk antun? Hofer spricht vom „gerüttelt Maß an Eitelkeit“ oder – positiv formuliert – „gesunden Selbstvertrauen“. Es gehe um Ruhm und Wertschätzung: „Politische Topfunktionen gelten auch in Wirtschaftskreisen als etwas Besonderes“, sagt Hofer. Und: „Bundeskanzler gehen in ihrem Wirken eher in die Geschichte ein als Geschäftsführer.“

Gegen das Establishment anreiten

Das Positive am Engagement der ehemaligen Unternehmer: Sie haben nicht nur genügend Freizeit, sondern auch die Freiheit, sich politisches Engagement zu leisten. Während die Parteien bei den Jungen Rekrutierungsprobleme haben, müssen sich die verdienten Manager „keine Gedanken machen, ob sie gut angeschrieben sind“, so Hofer. „Ihnen kann nichts mehr passieren. Sie können es sich leisten, gegen das Establishment anzureiten.“ Ähnlich beurteilt Stieger die älteren Quereinsteiger: „Sie wollen etwas Neues starten.“ Österreich zu helfen sei aber nicht immer die größte Motivation.

Heute ist diese Generation fit wie noch nie. Stieger hält daher die Einteilung in drei Lebensphasen, Ausbildung, Arbeiten, Ausruhen, für überholt. Vor dem „Ausruhen“ entwickle sich dank höherer Lebenserwartung eine Phase, „für die es in Österreich keine Wahrnehmung gibt – 20 Jahre, in denen Menschen viel leisten können.“

Der Politiker-Prototyp wird seit jeher mit höherem Alter assoziiert. Etwa George Washington, der schon als junger Mann alt aussah. Das Alter scheint auch für Quereinsteiger relevant zu sein: Drei Viertel der aktiven Manager in Deutschland können sich den Weg in die Politik nur schwer vorstellen, erhob das Magazin „Capital“ im Frühjahr. Umgekehrt interessiert 70 Prozent der befragten Spitzenpolitiker ein Job in der Wirtschaft.

Auf einen Blick

Erfolg in Wirtschaft und Politik – dafür braucht es unterschiedliche Strategien: Während Manager oft auf straffe Führung setzen, zählt in der Politik der Weg des Konsenses. Auch mit ihrer „Ich weiß, wie es geht“-Mentalität können Ex-Unternehmer nicht immer punkten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2013)

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