MeToo.

James Levine kontert - und klagt New Yorker Met

"Bin kein Aggressor": James Levine
"Bin kein Aggressor": James LevineREUTERS
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Met-Direktor Peter Gelb wolle sein Erbe ausradieren und habe "zynisch" die Me-Too-Debatte gekapert, erklärt der entlassene Maestro. An den Missbrauchsvorwürfen sei nichts dran.

Der Maestro denkt nicht daran, klein beizugeben: Nur wenige Tage nachdem die Met verkündet hat, dass sie ihren jahrzehntelangen Chefdirigenten entlässt, hat Levine beim Obersten Gericht des Staats New York geklagt: wegen Vertragsbruchs und Rufschädigung. Er fordert über vier Millionen Dollar (3,24 Mio. Euro) Schadenersatz von der Met, wie die "New York Times" in ihrer jüngsten Ausgabe berichtet.

In der Klage steht unter anderem, dass Levine “klar und eindeutig jede Verbindung mit diesen Anschuldigungen" zurückweise. Hinter der Entlassung stehe der Versuch des Met-Direktors Peter Gelb, “Levine völlig aus der Met zu entfernen und sein Erbe auszuradieren". Die Met habe auf "vage und substanzlose Anschuldigungen in den Medien" reagiert.

Der 74-Jährige war am Montagabend nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs entlassen worden. Er galt nach Bernsteins Tod als Amerikas größter Maestro; mit den Missbrauchsvorwürfen gegen ihn ist die MeToo-Debatte mit voller Wucht in die Welt der klassischen Musik eingedrungen.

Auch Missbrauch Minderjähriger?

Die Met zog mit ihrer Entscheidung die Konsequenzen aus einer von ihr selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung. 70 Personen waren dafür befragt worden. Levine habe demnach Künstler missbraucht, die am Anfang ihrer Karriere und Levines Autorität unterworfen gewesen seien, schreibt die Met in ihrer Mitteilung.

Auch vom Missbrauch Minderjähriger ist in Berichten über polizeiliche Ermittlungen, die seit 2016 in der "New York Post" und der "New York Times" erschienen. Schon 2016 nämlich hatte ein Mann Anzeige erstattet. Im Jahr 1985, als er 15 Jahre alt gewesen sei, habe Levine begonnen, ihn sexuell zu missbrauchen, und mehrere Jahre lang nicht damit aufgehört. 2016 war auch das Jahr, in dem der damals 73-jährige James Levine als Chefdirigent der Met zurücktrat - nach über 40 Jahren. Aus gesundheitlichen Gründen, hieß es; Levine blieb dem Haus jedoch als Gastdirigent verbunden. Noch weitere männliche Musiker meldeten sich in der Folge mit dem Vorwurf, Levine habe sie als Minderjährige sexuell missbraucht. Ende 2017 leitete die Met schließlich die eingangs erwähnte Untersuchung ein und setzte für deren Dauer die Zusammenarbeit mit Levine aus - die sie nun ganz beendet hat. Der Dirigent hatte davor zu den Vorwürfen erklärt: "Jeder, der mich wirklich kennt, kann bezeugen, dass ich nicht das Leben eines Unterdrückers und Aggressors geführt habe."

Gerücht seit Jahrzehnten Thema

Noch vor kurzem hatte Dirigent Andris Nelsons die Überzeugung geäußert, sexuelle Belästigung passe nicht zur Liebe zur klassischen Musik und spiele daher in der Szene auch keine Rolle.

Die Gerüchte, Levine belästige gern (sehr) junge Männer, sind fast so alt waren wie Levines Ruhm. Sie waren auch vor 20 Jahren Thema, als Levine 1997 Nachfolger von Sergiu Celibidache an der Spitze der Münchner Philharmoniker wurde. Die Grünen wollten damals vergeblich Missbrauchsgerüchte untersucht haben.

(red.)

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