Zum Tod von Architekt Johannes Spalt

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Kurz nach seinem 90. Geburtstag ist einer der bedeutendsten österreichischen Nachkriegsarchitekten gestorben.

Johannes Spalt konnte schon nicht mehr am Fest teilnehmen, als am 29.September 2010 zu seinem 90er das Buch „Wahlverwandtschaften“ (Residenz-Verlag, mit aktuellen Fotografien etlicher Spalt-Bauten) präsentiert wurde. Am 2. Oktober ist der bedeutende heimische Architekt nun gestorben.

Spalt wurde 1920 in Gmunden geboren, absolvierte eine Maurerausbildung und die Höhere Staatsbauschule, dann bis 1945 den Technischen Dienst bei der Luftwaffe. Nach dem Krieg wurde er freischaffender Architekt, 1952 gründete er mit Wilhelm Holzbauer, Friedrich Kurrent und Otto Leitner die „arbeitsgruppe 4“, deren Ideen und Entwürfe als Meilensteine der österreichischen Architektur gelten. Nach Leitners Abgang 1953 war das Kollektiv als „Dreiviertler“ bekannt, etwa ein Dutzend seiner 120 Projektentwürfe wurden realisiert: Werke wie die Parscher Pfarrkirche in Salzburg (1953–56) oder das Kolleg St. Josef in Aigen (1961–64) demonstrierten auch in der baulichen Praxis, was die Gruppe an theoretischen Leistungen gerade in der hierzulande bahnbrechenden Beschäftigung mit der Moderne vollbrachte.

„Wir könnten uns weniger einmauern“

Spalt, der auch viele Möbelentwürfe schuf, stand für die undogmatische Verbindung von historischem Bewusstsein und moderner Innovation. Ab 1969 betrieb er ein eigenes Wiener Atelier, zu seinen berühmtesten Bauten zählen die Z-Filiale in Wien-Floridsdorf (1971–74, mit Kurrent), die Salvatorkirche am Wienerfeld (1976–79) und das Haus Draxler in Wien-Nußdorf (1988). Von 1973 bis 1987 leitete er die Meisterklasse für Innenarchitektur und Industrieentwurf an der Wiener Hochschule für Angewandte Kunst, deren Rektor er von 1975 bis 1979 war. Bis zur Emeritierung 1990 leitete Spalt eine Architekturklasse. So prägte er auch als Lehrender eine Architektur der „Luft und Freiheit“, die Spalt oft in Leichtkonstruktionen von großer innerer Flexibilität umsetzte.

Spalt schwärmte von der „Philosophie des Salettls“ und betonte: „Wir könnten uns weniger einmauern.“ Als Baukünstler, Lehrer und Forscher trat Spalt für eine „Architektur der Anständigkeit“ ein, sprach im Interview mit der „Presse“ zu seinem 60er von einer „moralischen Angelegenheit“ und opponierte gegen „Erfüllungsgehilfen und Geschäftemacher“ wie die „neuen Ringstraßenbarone“. Architektur, bilanzierte Spalt, sei die „Demonstration eines geistigen Prinzips“ und Ausdruck einer Kultur. Dieses Prinzip wird auch nach Spalts Tod in seinen Bauten und Entwürfen weiterwirken. hub

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2010)

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