„Out of Context“ des belgischen Choreografen und Heilpädagogen in Wien: Heiter und kurzweilig.
Es ist ein Abend zum Schauen. Zum Staunen. Zum Lachen. Und manchmal darf man auch ein wenig Mitleid empfinden mit diesen Gestalten, die auf der Bühne Grimassen schneiden, wie Tiere aneinander schnüffeln oder auf spastisch verkrampften Beinen taumeln und immer wieder zu Boden stürzen – so grotesk, dass man erst wieder losprusten muss, obwohl man sich über ein solches Unglück doch eigentlich gar nicht lustig machen darf. Oder doch?
Choreograf Alain Platel, der einst eine Ausbildung zum Heilpädagogen gemacht hat, kennt diese verunsicherte Distanz nicht. Er stellt dar, stellt zur Schau, stellt nicht infrage – es ist, wie es ist, es ist erstaunlich, es ist schön, was wiederum erstaunlich ist, weil doch das Unvollkommene nicht schön sein kann. Oder doch?
Peinliches bleibt nicht erspart
Platel gibt den hervorragenden Tänzerpersönlichkeiten der Gruppe Les Ballets C de la B in „Out of Context“ den nötigen Raum, mit höchstem Körpereinsatz einen wahnsinnigen, gleichzeitig leichten und jedenfalls sehr heiteren Tanz zu vollführen, bei dem auch das, was man gemeinhin als peinlich erachtet, nicht ausgespart wird. Da fällt die Playback-Anlage bei einer erbärmlichen Karaoke-Darbietung aus. Da baumeln Geschlechtsteile, wo sonst Suspensorien Halt verleihen. Da tanzen Leute in Unterwäsche zu Popsongs, als wären sie aus Versehen im falschen Outfit in der Disco gelandet, hätten es aber nicht bemerkt.
Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Jeder kleine Finger, jedes Augenlid, jede Falte der roten Decken, die als einzige manchmal vor den neugierigen Blicken schützen, ist choreografiert. Wunderbar durchdacht.
„Out of Context“: 8. und 9.6., 20.30h, Museumsquartier, Halle G: www.festwochen.at
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2010)