"House of Cards": Doch das Messer sieht man nicht

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Die zweite Staffel der US-Fernsehserie über den Aufstieg des teuflischen Politikers Frank Underwood erstickt meisterhaft jede Hoffnung auf das Gute im Menschen.

Es ist kein Geheimnis: Das Kartenhaus von Frank Underwood ist nicht umzublasen. Der ruchlose Kongresspolitiker, meisterhaft dargestellt von Oscar-Preisträger Kevin Spacey, setzt seinen Marsch zum Gipfel der Macht in der zweiten Staffel von „House of Cards“ (in Österreich auf Sky Go zu sehen) zielstrebig fort; ein Marsch, der nur an einem Ort enden kann, nämlich im Oval Office des amerikanischen Präsidenten. Auch in der zweiten Staffel von 13 Folgen mordet Underwood, doch dass ihm niemand den Prozess macht, liegt auf der Hand: Wie sonst könnte der digitale Videoverleih Netflix, der „House of Cards“ produziert, schon jetzt die dritte Saison ankündigen?

Underwood hat den Wind in seinen Segeln. Er hat sich erfolgreich ins Amt des Vizepräsidenten intrigiert, das er höchst aktiv auszufüllen gedenkt. „Es gibt zwei Arten von Vizepräsidenten: Fußabstreifer und Matadore. Raten Sie, welcher ich sein werde“, sagt er in einer der typischen Szenen, in denen er gleichsam aus der Handlung heraustritt und sich komplizenhaft an den Zuseher wendet. Underwood hat im Ringen um den Einfluss auf den betont willensschwachen Präsidenten einen mächtigen Atomenergie-Tycoon auszubooten, der seine kaufmännischen Interessen in China mit Washingtons Außenpolitik zu verweben versucht.

Lady Macbeth geht eigene Wege

So betritt Vizepräsident Underwood das Parkett der Hochdiplomatie, und er hat seinen Teddy Roosevelt ebenso gelesen wie das Handbuch des Boxens: „In Gaffney (der Heimatstadt Underwoods in South Carolina, Anm.) haben wir unsere eigene Art von Diplomatie“, vertraut Underwood dem Zuseher an. „Reiche die Rechte zum Handschlag, aber halte in der Linken einen Stein.“ Denn, so führt er aus, „jeder erfahrene Faustkämpfer weiß, dass ein Gegner, der in den Seilen hängt, zweierlei braucht: einen Schlag in den Magen und einen Uppercut aufs Kinn“.

Zugleich muss er journalistische Recherchen in der Frage nach dem Tod des Politiker Peter Russo unterbinden. Zur Erinnerung: Russo war jener charakterschwache Protegé, dessen sich Underwood in der ersten Staffel bedient hatte, um Vizepräsident zu werden – und den er dann, als seine Sex- und Drogensucht zum Problem zu werden drohten, eiskalt umgebracht hat.

Regisseur David Fincher bevölkert sein fiktives Washington, das aus Kostengründen und wegen der Schwierigkeit, im Kapitol Drehgenehmigungen zu erhalten, in Baltimore nachgebaut wurde, mit einigen reizvollen neuen Figuren. Da gibt es die Abgeordnete Jacqueline Sharp, die Underwood als Nachfolgerin im Kongress platziert. Rasch erkennt sie, dass sie von ihm als Schachfigur benutzt wird; wie sie damit zurande kommt, ist einer der interessantesten Handlungsfäden der zweiten Staffel. An Profil gewinnt zudem Rachel Posner, jene junge Prostituierte, die Underwood gezielt auf den unglückseligen Russo angesetzt hatte und die sein Kabinettschef Stamper nun mit Gewalt vor der Öffentlichkeit zu verstecken trachtet.

Am erstaunlichsten in dieser Produktion ist die Entwicklung von Claire Underwood, der Ehefrau des Vizepräsidenten. Robin Wright rechtfertigt in der zweiten Staffel den Golden Globe, den sie für ihre Rolle in der ersten erhalten hatte. Der eisig-schönen Karrieristin, die ihrem Gatten einer Lady Macbeth gleich die Stichwörter für eine Kabale nach der anderen einflüstert, fügt Wright unerwartete Schichten persönlicher Tragik und bösartiger Ranküne gleichermaßen hinzu.

Was tun mit all der Macht, lieber Frank?

War „House of Cards“ schon in seinen ersten 13 Folgen ein Meisterwerk des Zynismus, vervollkommnen die nächsten 13 Episoden ein Bild lückenloser Misanthropie. Hier winkt kein Happy End, gute Absichten wenden sich gegen den, der sie hegt, in der Politik geht es einzig um Macht. Das ist wohl die einzige Schwachstelle von „House of Cards“: Was will Frank Underwood mit all der Macht anfangen? Oft wird er mit Richard III. verglichen, doch drängt sich ebenso gut Brechts „Mackie Messer“ auf: Dieser Haifisch braucht seine Zähne nur zum Lächeln; sein Messer setzt er so diskret wie tödlich ein.

Ab 14. Februar sind in Österreich alle Episoden der zweiten Staffel auf Sky Go und Sky Anytime abrufbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2014)

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