Alte Schule, böser Russe: Comeback für Tom Clancys Agent

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In „Jack Ryan: Shadow Recruit“ schlüpft Chris Pine in die Titelrolle: Der Versuch eines Neuanfangs der Agentenfilmreihe kommt allerdings angenehm altmodisch daher.

Wenige Monate nach dem Tod von US-Bestsellerautor Tom Clancy erwischt es nun auch seine berühmteste Kreation: CIA-Agent Jack Ryan. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: In seinem fünften Kinoabenteuer „Jack Ryan: Shadow Recruit“ wird der Titelheld nicht in den Tod geschickt, nur in eine gefährliche Geheimoperation – die sich allerdings eher als Routineauftrag entpuppt. Dessen wahres Ziel nicht so geheim ist: Zwölf Jahre nach dem letzten Ryan-Film „Der Anschlag“ soll eine Franchise neu belebt werden, indem man in aktueller Hollywood-Manier mit einer Ursprungsgeschichte von vorn anfängt. Das Wortspiel „Jack Ryan: Shadow Reboot“ liegt nahe. Mit Chris Pine, dem Captain Kirk in den Star-Trek-Neuauflagen, hat man auch einen einschlägig erfahrenen und prinzipiell recht geeigneten Darsteller.

Dagegen ist das Drehbuch zwar nicht sehr originell, aber dafür erstmals ein Original und keine Buchadaption. War Clancys originaler Roman-Ryan (Geburtsjahr: 1950) ein Kind des ausklingenden Kalten Kriegs – die erste Verfilmung, „Jagd auf Roter Oktober“ mit Alec Baldwin brachte es gut auf den Punkt –, so ist seine Reinkarnation in den Achtzigerjahren geboren. Ryan weilt als Auslandsstudent der Wirtschaft in London, als 9/11 in ihm patriotisches Feuer weckt: Er geht zu den Marines, wird über Afghanistan abgeschossen und birgt trotz Verletzung zwei Kameraden. Das weckt Interesse bei einem altgedienten CIA-Oberen (ein grau melierter Genuss: Kevin Costner): Ryan wird als Wall-Street-Insider angeworben und kriegt gleich den passenden Bürojob.

Vernichtung des Finanzmarkts

Als Ryan auf gigantische Finanzmanipulationen russischen Ursprungs stößt, wird er kurzerhand nach Moskau geschickt: sehr zum Unmut seiner Freundin (Keira Knightley), die eine andere Affäre wittert. Als sie ihm folgt, ist das Chaos perfekt: Sie wird in das Komplott hineingezogen, das ein russischer Oligarch zur Vernichtung des Finanzmarkts plant. Diesen Schurken gibt niemand anderer als der Regisseur, der mit sichtlichem Vergnügen einen Klischeebösewicht alter Schule mit jenem Theaterdonner ausstattet, den man früher mit ihm assoziierte: Kenneth Branagh, einst Dauerlieferant von Shakespeare-Kino, hat als Inszenator auf Großproduktionen umgeschwenkt. Zuletzt inszenierte er den Comic-Film „Thor“, als wär's eine Wagner-Oper, als Nächstes kommt Disneys „Cinderella“. Abgesehen von seiner überlebensgroßen Rolle – abwechselnd seelenvoll poetisch (er zitiert gern russische Dichter), zynisch scherzend und grausam strafend – setzt Branagh hier aber eher auf angenehm altmodische Zurückhaltung: Als Jack Ryan erstmals töten muss, geht ihm das wirklich an die Nieren, sonst geht es mehr um Intrigen als Action. Auch gut so, zumal nur wenige Actionszenen überzeugen – vor allem der Showdown wirkt geschludert. Im Übrigen inszeniert Branagh mit willkommener Ernsthaftigkeit, auch wenn er sich etwas Augenzwinkern angesichts der Anhäufung altbewährter Agentenfilm-Zutaten gönnt.

Jack Ryans Neuanfang ist damit aber auch irritierend obsolet: In Russland lauert wieder das Böse und der Plan, per Bombenattentat die Weltwirtschaft zu vernichten, wirkt angesichts von Selbstauslöschung im Spekulantentum rührend vorgestrig. (hub)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2014)

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