Das gleiche Spiel mit wechselnden Spielern

"Die Bourne Identität" von Doug Liman: ein solider US-Agententhriller.

Ein junger Amerikaner wird von der Besatzung eines italienischen Kutters aus dem Mittelmeer gefischt. Weder seine Taucherausrüstung noch die zwei Einschüsse in seinem Rücken und der unter seiner Haut versteckte Zugangscode zu einem Zürcher Bankschließfach weisen darauf hin, daß der Mann ohne Erinnerung (und anfänglich auch ohne Namen) bloß einem Segelunfall zum Opfer fiel.

In Zürich wird aus der schleichenden Vermutung des Amerikaners, etwas ganz besonderes zu sein, Gewißheit. Nachdem er zwei sture eidgenössische Sicherheitsorgane mir nichts, dir nichts bewußtlos geschlagen hat, findet er im Bankschließfach nebst einigen zehntausend Dollar auch eine Schußwaffe und ein Dutzend Pässe unterschiedlichster Provenienz, alle mit seinem Konterfei versehen.

Also beschließt der verwirrte junge Mann bis auf weiteres, die Identität Jason Bournes anzunehmen - nicht zuletzt deshalb, weil ihn die Bankangestellten mit diesem Namen anreden und sich der entspreche Identitätsausweis in seinem Besitz befindet. Mit dem Paß sucht Bourne gleich das amerikanische Konsulat auf, da schlägt die Alarmglocke in seinem Inneren erneut an. Kurz darauf sind die Räumlichkeiten devastiert und einige Botschaftsangehörige unter seinen findigen Schlägen zu Boden gegangen. Vor dem Gebäude, das er mittels einer halsbrecherischen Kletterpartie verläßt, bietet er der jungen Marie Kreutzer (Franka Potente) 10.000 Dollar für eine Fahrt nach Paris und schläft sich in ihrem verbeulten Mini-Cooper tüchtig aus.

Blechtürme in den Straßen

Der amerikanische Regisseur Doug Liman (Swingers, Go) legt mit The Bourne Identity seine erste Hollywoodproduktion vor. Erfreulicherweise stellt sein routiniert inszenierter Agententhriller rund um den an Amnesie leidenden CIA-Killer (bubenhaft unschuldig, dann wieder berechnend kaltschnäuzig: Matt Damon) vergleichbare Großproduktionen des vergangenen Sommers und des anbrechenden Herbstes (etwa die lächerliche Kalte Kriegs-Farce The Sum of All Fears und Steven Spielbergs prätentiösen Minority Report) locker in den Schatten. Im Gegensatz zu Spielberg und Robinson versucht Liman keineswegs, "großes" Kino zu machen, sein Rezept für einen gelungenen Actionfilm ist so erfolgversprechend, wie es alt ist: Für Suspense sorgt allein der Umstand, daß die Charaktere aus der Handlung immer nur genauso schlau werden wie das Publikum. Auf digitale Effekthascherei verzichtet Liman völlig - so türmt sich in bester John Frankenheimer-Manier bald das Blech in den engen Straßen von Paris und die Verfolgungsjagden, Schußwechsel und Faustgefechte gestalten sich rasant, kurz und schmerzvoll.

Den für einen Agententhriller immens wichtigen realpolitischen Überbau (und damit wiederum ein gewisses Maß an Integrität) erhält The Bourne Identity durch die Austauschbarkeit seiner Protagonisten: Die CIA unterhält in allen europäischen Hauptstädten gedungene Killer (unter denen sich besonders Clive Owen als Ausbund an kalter Professionalität und Kontrolliertheit hervortut). Die Profis kennen sich untereinander nur vom Hörensagen und warten bloß auf eine Beförderung - eine solche ist, wie es scheint, am einfachsten durch das Ausschalten des nächsten Kollegen zu erreichen. Ein geradezu selbstreflexiver Einfall der Unterhaltungsindustrie: Das Spiel bleibt immer dasselbe, nur die Spieler werden ausgetauscht.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.