Ein gar nicht legendärer Herkules posiert im Kino

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"The Legend of Hercules": Der erste von zwei heurigen Filmen über den mythischen Muskelmann ist ein Flop.

Findige US-Filmblogger nutzen einen englischsprachigen Begriff für eine Faustregel – „The Rule of Twos“ – schon länger, um Hollywoods Faible für Konkurrenzproduktionen zu beschreiben: Ein bekanntes Beispiel für die Regel stammt aus dem Jahre 1998, als mit „Armageddon“ und „Deep Impact“ gleich zwei Großproduktionen herauskamen, in denen die Zerstörung der Erde durch Kometeneinschlag drohte.

Erst im Vorjahr wurde so Roland Emmerichs Action-Opus „White House Down“ beim Erscheinungstermin und an der Kasse von einem anderen Film überrundet, in dem ebenfalls der US-Präsident persönlich bei der Verteidigung seines Amtssitzes gegen böse Terroristen aushilft: Mit „Olympus Has Fallen“ konnte Millennium Films, die Firma des auf US-Action spezialisierten israelischen Produzenten Avi Lerner, den Rivalen ausstechen – also hat man es heuer wieder versucht.

„The Legend of Hercules“ kam in den USA bereits im Jänner ins Kino und soll nun hier Leute ins Kino ziehen, bevor im Sommer der Blockbuster „Hercules“ mit dem formidablen Ex-Wrestler Dwayne Johnson in der Titelrolle anläuft. In Übersee war „The Legend of Hercules“ allerdings ein Flop – die Produktionskosten von 70 Millionen Dollar konnte er nicht annähernd einspielen, die Kritiken waren verheerend. Hierzulande hat der Verleih Sony nicht einmal eine Pressevorführung anberaumt – und tatsächlich ist der Film missglückt, aber nicht schlimmer als viele digitale Fantasy-Blockbuster, die mit großen Kampagnen viel Platz in den Medien haben. Die Eröffnungsszene von „The Legend of Hercules“ gibt dabei gleich die epigonale Stoßrichtung vor: eine Kampfszene, deren aggressive Videospielästhetik überdeutlich die Spartaner-Schlachtplatte „300“ und ihre Fortsetzung beschwört.

Mit den Mythen um Herkules hat der Film im Übrigen wenig zu tun: Sein Titelheld (Kellan Lutz) weiß zunächst nicht, dass er ein Göttersohn ist, dem es bestimmt ward, der Tyrannei seines vermeintlichen Vaters (Billig-Action-Star Scott Adkins) ein Ende zu bereiten. Bis dahin wird viel durch osteuropäische Wälder geritten, die heute preisgünstigere Drehorte abgeben, oder vor unzureichend gestalteten, trotz 3-D flachen Hintergründen posiert. Die Dialoge erinnern auch im Original an die schleißigen Synchronisationen billigerer alter Sandalenfilme und Hauptdarsteller Lutz (aus „Twilight“) an deren Muskelmanndarsteller: Als Teilzeit-Fotomodell brächte er die geeignete Physis mit, aber es mangelt ihm sowohl an Schauspieltalent wie an jeglichem Charisma.

Sympathisch trivial, doch lieblos digital

Die sympathische Seite des Films ist, dass er wie unlängst (und um Klassen besser) „Pompeji“ versucht, die Trivialspektakel, die in den 1950ern und 1960ern als „Peplum“ aus Italien kamen, ehrlich wiederzubeleben – inklusive herzzerreißender heroischer Opferbereitschaft und amüsant übertriebener Fantasterei (Herkules zieht Blitze vom Himmel und schwingt sie als Schwert). Leider macht aber der lieblose Digitalbaukasten-Zugang allen altmodischen Pseudomythen-Charme zunichte. Auch Regisseur Renny Harlin, der sich einst bei analoger Action (etwa in „Stirb langsam 2“) handwerklich inspirieren ließ, stochert lustlos im virtuellen Niemandsland herum. Jenseits seiner Nonsensqualitäten mag man aus dem Film ein Sittenbild heutigen Kinoverfalls mitnehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2014)

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