Leonard Nimoy (1931-2015): Mr. Spock, Liebling und Klassiker

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Inmitten biederer amerikanischer TV-Importe begeisterte der Vulkanier von der Enterprise mit Coolness, Vernunft und Courage, ein Gentleman und besserer Mensch - als die Menschen.

Die TV-Serien von Kindern der 1950er- und 1960er-Jahre hießen „Lassie“, „Fury“, „Flipper“: Ein Hund, ein Pferd, ein Delfin. Man konnte sich mit der „bezaubernden Jeannie“ nach Mobilität sehnen oder nach einem freundlichen, toleranten Onkel namens Bill. Fernsehen war schwarz-weiß, es gab bloß zwei Kanäle, manche hatten gar keinen Fernseher – und das erste Farbfernsehen glitzerte komisch in Pink und Hellblau. Frauenfiguren waren meist nach dem Motto „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau“ (Margarinewerbung) gestaltet – und dann kam er: Mr. Spock, eine Identifikationsfigur für Mädchen und Knaben.


Nie wieder Krieg, so hoffte man. Spock huldigte der Vernunft, er wirkte „cool“, obwohl das Wort damals als Ausdruck eines Lebensgefühls unbekannt war, er kündete von Aufregendem wie dem Universum – und er war Vulkanier, eine zum Unterschied von den Menschen reife und friedliche Spezies, die auf die Träume der Hippiebewegung verwies, obwohl Spock, ein Gentleman, das Gegenteil eines Hippies war. „Wegen Spock bin ich Wissenschaftler geworden“, schrieb dieser Tage ein Poster. Am Freitag ist Leonard Nimoy alias Mr. Spock – ein Held aus dem All, ein Publikumsliebling und ein Phänomen – 83-jährig in Los Angeles verstorben.

Zur Zeit der Erstausstrahlung der TV-Serie „Raumschiff Enterprise“ (im Original: „Star Trek“) in den Sechzigern setzte kaum jemand große Hoffnungen in Gene Roddenberrys Sci-Fi-Show, die nach nur drei Staffeln trotz wachsenden Anklangs bei Kritik und Publikum wegen schlechter Quoten abgesetzt wurde. Später entwickelte sie sich dank Wiederholungen zum Kultklassiker, und mit ihr Leonard Nimoys Figur. Spock, Erster (und extraterrestrischer) Offizier an Bord der Enterprise war unverwechselbar dank Spitzohren und Topfschnitt. In seinem charakteristischen blauen Trikot begegnete er allen Anfechtungen des Daseins und des Weltraums mit einem lapidaren „Faszinierend.“ Produzenten hegten anfangs Zweifel am Identifikationspotenzial des Vulkaniers und wollten ihn aus der Mannschaft streichen.

Dank Nimoys Charisma blieb Spock auf der Kommandobrücke und wurde zur Popikone. Die Dynamik zwischen ihm und dem temperamentvollen, manchmal triebhaften Captain Kirk (William Shatner) bildete den Glutkern der Serie, und Nimoy brachte darin immer wieder auch die menschlich-humoristischen Aspekte des schmähstaden Spock zum Vorschein.


Lebensrolle. Der immense Erfolg der Figur kam für Nimoy überraschend. Den Sohn jüdisch-orthodoxer ukrainischer Einwanderer zog es früh zum Schauspiel, schon vor „Star Trek“ hatte er etliche kleinere Rollen in Theater, Film und Fernsehen absolviert. Nach Spock wurde alles anders. Serienprominenz ist bekanntlich Fluch und Segen zugleich: Je größer die Berühmtheit einer Figur, desto stärker wird sie mit dem Darsteller identifiziert, und kaum eine Fankultur ist so eingefleischt wie jene um „Star Trek“. Nimoy hatte daher lange Zeit ein gespaltenes Verhältnis zu seiner Figur. Seine beiden Autobiografien heißen „I Am Not Spock“ und „I Am Spock“. Nach der Einstellung der Show versuchte er sich in anderen Sendungen, etwa als Nachfolger von Martin Landau in „Mission Impossible“, in den Siebzigern zog es ihn aber wieder ins All.

Er sprach Spock in einer „Enterprise“-Zeichentrickserie, deren Popularität mit dazu beitrug, dass eine Kinoversion rund um die Sternenfahrer geboren wurde, an der sich Nimoy sechs Mal beteiligte; erst nur als Schauspieler, dann auch als Regisseur. Dabei stirbt Spock am Ende von „Der Zorn des Khan“, dem zweiten und vielleicht besten Teil der Filmreihe – und wird im darauffolgenden, bei dem Nimoy erstmals Regie führte, prompt reanimiert; gemäß seinem Gruß und Leitmotiv: „Live long and prosper.“


Enterprise 2009.Nimoy war auch Dichter, Aktfotograf und hat als Sänger fünf Alben veröffentlicht. 2002 zog er sich aus dem Schauspielgeschäft zurück und zeigte sich nur noch sporadisch in den Medien. Der bekennende Star-Trek-Fan und Blockbuster-Regisseur J.J. Abrams konnte ihn dann wieder aus der Reserve locken: Er engagierte sein Idol für die Akte-X-Variation „Fringe“, 2009 gab Nimoy in Abrams' „Enterprise“-Neuauflage zur Freude der Fans ein weiteres Mal die Rolle seines Lebens auf der großen Leinwand, dank irrwitzigem Zeitreise-Plot an der Seite seines jungen Nachfolgers Zachary Quinto. Im Sequel ließ er sich ebenfalls blicken, aber es sollte sein letzter Kinoauftritt bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2015)

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