„Picknick mit Bären“: Dem Alter davonwandern

Picknick mit Bären
Picknick mit Bären(c) Frank Masi, SMPSP
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Robert Redford und Nick Nolte wollen in „Picknick mit Bären“ noch einmal neu durchstarten. Aber der Versuch bleibt so müde, wie es die Knochen der Protagonisten sind.

Begräbnisse sind ein unmissverständlicher Wink, wenn sie gleich zu Beginn eines Filmes über alternde Menschen vorkommen. In Nancy Meyers' „Man lernt nie aus“, seit einigen Wochen im Kino zu sehen, wird die Bedeutung laut ausgesprochen: Ein Witwer (Robert De Niro) trifft seine Freunde nur noch auf Beerdigungen. Höchste Zeit für einen Lebenswandel – er beginnt ein Praktikum bei einem Start-up. In „Picknick mit Bären“ ist die Prämisse dieselbe, anstatt sich in die junge Hightech-Welt zu stürzen, begibt sich der Protagonist aber auf Wanderschaft, um dem Altern zu entkommen.

Dabei sollte es ja eigentlich gar nicht ums Altern gehen: Reiseautor Bill Bryson begann in den 1990er-Jahren, mit 44 Jahren, den Appalachian Trail zu wandern, einen Weg, der über 3500 Kilometer durch 14 Bundesstaaten im Osten der USA führt. Nur wenige schaffen es, den ganzen Wanderweg am Stück zu bestreiten, auch Bryson musste nach einem Bruchteil der Strecke aufgeben. Später schrieb er ein Buch, eine humorvolle Aufzeichnung seiner Erlebnisse, gespickt mit Informationen über die Geschichte des Trails, seine Flora und Fauna.

2005 sicherte sich Hollywoodstar Robert Redford die Filmrechte an „A Walk in the Woods“ (zu Deutsch: „Picknick mit Bären“). Er wollte Bryson spielen, sein Freund Paul Newman (mit dem er „Zwei Banditen“ und „Der Clou“ drehte) sollte seinen übergewichtigen Wanderkumpanen Stephen Katz verkörpern. Die Produktion verzögerte sich, Newman starb 2008. Jetzt, mit 79 Jahren, hat Redford sein Projekt endlich verwirklicht – mit Nick Nolte an seiner Seite und ergänzt um die Weisheit, dass das Leben endlich ist und man es nutzen sollte, bevor man selbst zum Gastgeber einer Beerdigung wird.

Bryson, im Film (Regie: Ken Kwapis) ein gelangweilter alternder Schriftsteller, stößt bei einem Waldspaziergang auf den Appalachian Trail und setzt sich sofort in den Kopf, den ganzen Weg per pedes zu bezwingen. Warum genau, vermag er nicht zu erklären: „Ich habe das Gefühl, ich muss es tun.“ Seine Frau (Emma Thompson) ist von der Idee wenig angetan: „Nimm doch den Volvo!“ Sie stellt die Bedingung, dass er nicht allein losmarschieren darf. Das ruft Brysons alten Freund Katz auf den Plan, einen trockenen Alkoholiker, gepeinigt von Knieschmerzen, Übergewicht und den nostalgischen Erinnerungen an aufregendere Zeiten.

Platte Schmähs und Klamauk

Sie marschieren also los, Bryson voran, Katz stapft fluchend und keuchend hinterher. Was folgt, ist eine episodische Auflistung von Begegnungen und Abenteuern: Zwei rüstige Männer fallen in einen Fluss, verjagen Bären, sinnieren über Vergänglichkeit und wärmen ihre alte Freundschaft wieder auf. Das Altern wird hier reduziert auf müde Knochen und lasches Sexleben. Was war das Leben früher schön! Tiefsinnigere Überlegungen werden stets wieder fallen gelassen, zugunsten platter Schmähs über füllige Frauen oder klamaukiger Szenen, in denen Katz durch den Lattenrost seines Stockbetts bricht.

Was will dieser Film? Für eine Charakterstudie alternder Männer ist er zu oberflächlich, für ein Wander-Roadmovie hat er zu wenig Drive, für eine Naturschau geraten die Kameraschwenks über Bergketten und weite Wiesen zu beiläufig. Redford und Nolte, beide durchaus charmant in ihren Rollen, wirken wie zwei Männer, die gemeinsam wandern gehen und sich dabei eben filmen lassen. Nach 98 Minuten hat keine der Figuren eine nennenswerte Entwicklung gemacht.

Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn Redford sein Projekt noch mit Wunschpartner Paul Newman hätte verwirklichen können. Das Leben ist kurz – auch in dieser Hinsicht erinnert der Film daran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2015)

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