Bruno, die Nervensäge

(c) AP (Francois Mori)
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Komiker Sacha Baron Cohen macht unerträglich laut Werbung für sich und seine Kunstfigur Bruno. Die nicht nur Homosexuellen-Verbände spaltet.

Stimmt schon, man sollte sich als Österreicher vermutlich nicht darüber beschweren, wenn dem eigenen Land demnächst wieder ein paar Nanosekunden of „Fame“ zuteil werden – und einmal nicht Kellerverbrecher oder politische Protagonisten vom ganz rechten Rand dafür verantwortlich sind. Zumindest nicht direkt.

Trotzdem muss man sagen: Der neue Film des britischen Komikers Sacha Baron Cohen kommt schon vor dem Kinostart in Österreich (10. Juli) relativ anstrengend daher. Nicht weil sich Cohen in seinem Film „Bruno“ über Österreich im Speziellen und Schwule im Allgemeinen lustig macht, sondern weil die Marketingmaschinerie des Briten aufdringlich unangenehm geworden ist. Schon im März stapfte er bei den Mailänder Modenschauen als schwuler Modereporter Bruno auf den Laufsteg – und wurde (gut für ihn: Skandal!) verhaftet. Vor knapp zwei Wochen, bei den MTV Music Awards, inszenierte er seinen eigenen „Skandal“ – der keiner war, wie sich später herausstellte. Er ließ sich als „Bruno“ mit nackten Pobacken auf den Schoß des bekanntermaßen homophoben Rappers Eminem abseilen. Der Musiker sei empört gewesen, hieß es zuerst, tatsächlich war der Rapper eingeweiht, der Stunt von langer Hand geplant gewesen.

Auf dem aktuellen Cover des Männermagazins „GQ“ posiert Cohen als nackter Bruno, und das zur rechten Zeit. Diese Woche begann er seine Premierentour in Europa. In Paris erschien Cohen – wie auf dem Filmplakat – in goldenen Leder-Hotpants, mit kariertem Hemd und einem Steirerhut in Sonnenblumengelb. Zwei Tage später, in London, setzte er auf klassisch Britisches: Er kam in einer freizügigen Interpretation der englischen Königswache. Verkleidungsschmähs wie am Rosenmontag.


Aber Sacha Baron Cohen darf das. Der 37-jährige Brite mit israelisch-iranischen Wurzeln, der privat lieber Jeans und weite T-Shirts trägt, erfreut sich mittlerweile großer Bekannt- und wohl auch Beliebtheit. Zuerst war da der sexistische Rapper Ali G. aus England, mit dem Cohen eine Sendung auf MTV und später einen Film füllte. Dann überrollte 2006 der schnauzbärtige kasachische (und ebenfalls frauenfeindliche wie homophobe) Fernsehreporter Borat die Kinos. Und jetzt ist da eben Bruno.

Die hierzulande akribisch geführte kleinbürgerliche Suche nach dem realen österreichischen Vorbild ist mittlerweile abgeschlossen. Eine britische Zeitung vermutete zuerst, Alfons Haider sei Vorbild gewesen. Dominic Heinzl vom Privatsender ATV meinte im ehemaligen Modechef einer Tageszeitung den wahren Bruno gefunden zu haben. Wobei Cohen mehrfach versicherte, er habe kein konkretes Vorbild im Kopf gehabt. Dass die Idee für die Figur aber tatsächlich aus Österreich stammt, liegt nahe. Cohen hat einige Zeit in Wien gelebt und studiert. So richtig gefallen haben dürfte es ihm nicht. Seine Figur Bruno lässt er jedenfalls in die USA gehen, um „der berühmteste Österreicher seit Hitler“ zu werden. Die Alpenrepublik stellt er dar wie ein Land, in dem Männern nicht gestattet ist, einander die Hände zu reichen. Bruno hat also sicher nicht das Zeug dazu, ein besonders guter Botschafter für Österreich zu werden. Solange er manche erheitert, ist daran wohl wenig auszusetzen.

Einige amerikanische Homosexuellen-Verbände sehen das etwas anders. Die satirische Behandlung amerikanischer Homophobie sei missglückt. Gerade jenes Publikum, dessen Vorurteile im Film aufs Korn genommen werden, könnte sich in ihnen noch bestätigt sehen.

In Österreich blieb Kritik von offizieller Seite bislang aus. Heimische Cohen-Fans werden aber nicht erfreut sein. Obwohl der Film Österreich-Bezug hat, wird es in Wien keine offizielle Premiere mit Hauptdarsteller geben. Für Cohens PR-Maschinerie ist Austria vermutlich doch „a too small country“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2009)

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