Amy Schumer: Ist sie das, die lustigste Frau Amerikas?

Amy Schumer
Amy Schumer(c) APA/AFP/MARK RALSTON
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Amerikas Kritiker und Zuseher überhäufen Komödiantin Amy Schumer mit Lob. Sie ist die freche, selbstbewusste Antwort auf männliche Spaßproduzenten. Und gibt sich als Künstlerin zum Anfassen, die gern über ihre Rundungen scherzt.

Nein, Amy Schumer hat das Genre der intelligenten wie derben Frauenkomödie nicht erfunden. Eine Reihe von großartigen Kolleginnen haben ihr den Weg geebnet, darunter die TV-Produzentinnen Tina Fey („30 Rock“) und Amy Poehler („Parks and Recreation“) oder die „Brautalarm“-Hauptdarstellerin Kristen Wiig. Seit Kurzem aber fällt zuerst Schumers Name, wenn es um Frauenkomödien ohne romantischen Zuckerguss geht. Erfolg lässt sich bekanntlich auch an der Anzahl der Feinde messen, die man hat – und die werden bei Schumer gerade mehr.

Seit einigen Tagen ist die 34-jährige New Yorkerin mit einem Plagiatsvorwurf konfrontiert. Die Komödiantinnen Kathleen Madigan, Wendy Liebman and Tammy Pescatelli beschuldigten sie via Twitter, drei ihrer Sketches gestohlen zu haben. So heißt es in einem Programm von Wendy Liebman: „Vielleicht bin ich altmodisch, aber ich mag es, wenn der Mann zahlt. Für Sex.“ Bei Schumer ging der Satz so: „Ich bin von der alten Schule – ich denke der Mann sollte beim ersten Date immer zahlen. Für Sex.“ Das klingt tatsächlich ziemlich ähnlich, doch Schumers Freunde verteidigen sie eifrig; die Tweets der Komödiantinnen wurden wieder gelöscht.

Zwischentöne wie diese können Amy Schumer ohnehin nicht mehr aufhalten. 2015 war das Jahr der zweifellos hübschen Blondine, die dafür bekannt ist, sich über ihre Pausbacken und Bauchfalten lustig zu machen. Bei den Critic's Choice Awards in Los Angeles begrüßte sie das Publikum unlängst mit den Worten: „Hallo, ich bin Amy, die Plus-Plus-Size Schauspielerin.“ Ihre Körpermaße seien schuld daran, dass niemand in Hollywood sie engagiere, weshalb sie sich ihre eigenen Rollen schreiben müsse. So wie die der beziehungsgestörten Amy in ihrer semi-biografischen Komödie „Dating Queen“, die 2015 in den Kinos war und ihr nun zahlreiche Preis beschert. Sie gibt darin eine selbstbewusste Magazinjournalistin, die nach One-Night-Stands nicht kuscheln will und bei zu viel emotionaler Nähe das Weite sucht, außerdem sehr trinkfest ist. Nicht nur der Name Amy, auch die Familienkonstellation erinnert an ihr eigenes Leben: So hat sie wie die Hauptfigur im Film einen Vater, der an Multipler Sklerose leidet.

Der Film ist wie „Brautalarm“ eine Antwort auf klassische Bubenkomödien von „Die Hochzeitscrasher“ (mit Vince Vaughn und Owen Wilson) bis zu „Beim ersten Mal“ (mit Seth Rogen). Kein Wunder, dass Judd Apatow, Regisseur und Produzent des Letzteren, zu Amy Schumers größten Fans und Unterstützern zählt. Unlängst nannte er sie „die witzigste Person der Welt“ und fragte „Wer war eigentlich größer im vergangenen Jahr als du?“ Tatsächlich stand und steht sehr viel auf ihrem Programm. Sie arbeitet weiter an ihrer TV-Serie „Inside Amy Schumer“, steht regelmäßig auf Stand-up-Comedy-Bühnen, moderiert Preisverleihungen und lässt sich zwischendurch von Star-Fotografin Annie Leibovitz – nur in Unterhosen und hohen Hacken, Blick frei auf ihre Bauchfalten – für den Pirelli-Kalender in Szene setzen. Diese uneitle Haltung brachte ihr besonders viel Lob ein.

Weitgehend Politik-freie Schmähs

Viel machen ist das eine, aber wieso ist Schumer so beliebt? Erstens liegt das wohl an ihrer unverkrampften Einstellung zu Sex. Frauen nehmen sich bei ihr – wie der eingangs erwähnte Scherz (ob gestohlen oder nicht) zeigt –, gerne das, was sie brauchen. Und weisen Männer in ihre Schranken. Sie wirkt auf Männer sowie Frauen wie der unkomplizierte Kumpel, mit dem man auf jeden Fall eine spaßige Ausgehnacht haben würde. Zweitens ist Schumers Unterhaltung nicht simpel, aber auch nicht besonders tiefgehend. Auch wenn sie offen Kritik an Amerikas Waffenpolitik übt, bleiben ihre Programme weitgehend frei von Politik. Die Polit-Satire ist eher in den immer noch männlich dominierten Late-Night-Shows daheim.

Drittens inszeniert sich Amy Schumer als Künstlerin zum Anfassen, lässt ihre Fans auf Twitter und Instagram an ihrem Leben teilhaben. Sie wissen also, dass Schauspielerin Jennifer Lawrence ihre beste Freundin und der fünf Jahre jüngere Möbeldesigner Ben Hanisch ihre neue Liebe ist. Mit der beziehungsneurotischen Amy aus „Dating Queen“ hat die echte Amy also weniger zu tun, als ihre Fans glauben würden.

ZUR PERSON

Amy Schumer (*1981) wuchs in New York auf, begann ihre Karriere 2004 als Stand-up-Komödiantin auf Off-Broadway-Bühnen. Die Auftritte brachten ihr erste Engagements für Fernseh-Comedy-Formate. Seit 2006 trat sie in zahlreichen Filmen und TV-Serien (darunter „Girls“ und „30 Rock“) auf.

Seit 2013 hat sie ihre eigene TV-Serie „Inside Amy Schumer“, für die sie neben vielen anderen Autoren auch das Drehbuch schreibt. Im Vorjahr spielte sie die Hauptrolle in der Kinokomödie „Dating Queen“ (Original: „Trainwreck“), zu der sie ebenfalls das Drehbuch beisteuerte. Sie posierte außerdem nur in Unterhosen für den Pirelli-Kalender 2016, den Annie Leibovitz fotografierte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2016)

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