"Ghostbusters": Geister im digitalen Dunst

Ghostbusters
Ghostbusters(c) Sony Pictures
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Grässliche Dialoge und Geister als Zielscheiben: Mit dem neuen “Ghostbusters„-Film stimmt etwas nicht. Und das hat nichts damit zu tun, dass die Geisterjäger jetzt -innen sind.

Erst einmal durchatmen; denn die Hysterieschaukel, die den neuen „Ghostbusters“-Film seit der Veröffentlichung des ersten Trailers begleitet hat, ist ordentlich in Fahrt gekommen. Die dunkle Seite des Fanboytums spuckte frauenfeindliche Kommentare durch die digitalen Kanäle, als gäb's kein Morgen mehr, während die selbst ernannten Gleichstellungsbeauftragten in solcherart untergriffigem Gebaren sogleich eine Frontalattacke auf ihre gesellschaftspolitisch relevante Agenda erkannten. Es folgte ein Schlagabtausch, bei dem es wie so oft nicht mehr um die Sache selbst, sondern nur mehr um die Rezeption ebendieser ging: ein despektierlicher Eiertanz, bei dem sich niemand mehr die Frage stellte oder zu stellen traute, ob der „Ghostbusters“-Reboot eigentlich etwas kann oder nicht.

Leider ist Letzteres der Fall: Der taugliche Paul Feig hat vor einigen Jahren mit seiner ziemlich lustigen Fremdschämparade „Bridesmaids“ einen weltweiten Hit eingefahren und wendet die dabei gewonnenen Erkenntnisse jetzt auf ein anderes Genre, nämlich die Horrorkomödie, an. Auf dem Papier hörte sich die Idee, die vier damaligen männlichen Geisterjäger einfach durch weibliche zu ersetzen, sicherlich ganz lässig an. So eine Inversion von vermeintlichem Männerüberschuss entspricht immerhin auch ganz und gar einer Gesellschaft, die sich über die Anwendung des Paritätsprinzips auf Kunstwerke freut, ungeachtet der Tatsache, dass sich damit eine deutliche Beschränkung der künstlerischen Ausdrucksfreiheit Bahn bricht.

Sei's drum. Die grundsätzlich sympathische Kristen Wiig spielt in „Ghostbusters“ eine sachte Abwandlung ihrer Leinwand-Persona, also eine unsichere, patscherte, aber liebenswerte Gesellin, die hier hofft, endlich zu akademischen Weihen zu kommen, dann aber ausgerechnet vom Internet, das bekanntlich nie vergisst, zu Fall gebracht wird. Eine Jugendsünde in Form eines pseudowissenschaftlichen Buchs über Geistererscheinungen wird von ihrer resoluten Koautorin, Melissa McCarthy, die immer irgendwie Melissa McCarthy spielt, als E-Book neu aufgelegt und lässt die Wiig damit aus der Kurve, also von der Universität, fliegen.


Ganz selten sitzt ein Schmäh. Voller Zorn besucht sie ihre ehemalige Freundin, die mittlerweile mit einer irritierend aggressiven Kollegin, dem Technikgenie Kate McKinnon, am Traum der gewerbsmäßigen Geisterjagd werkelt. Zu den dreien gesellt sich schließlich noch die U-Bahn-Aufseherin Leslie Jones, die mit launig ausgestoßenen Wuchteln etwas Hacklerinnen-Authentizität in die hochtrabende Akademikerinnengruppe bringen soll. Das sind sie also, die neuen „Ghostbusters“, und bevor sie reden, geht das auch ziemlich in Ordnung.

Dann aber öffnen die kalauerigen Dialoge aus dem Drehbuch von Paul Feig und Katie Dippold das Tor zum fünften Humorhöllenkreis: Ganz selten sitzt ein Schmäh. Besonders erschütternd ist, jedenfalls für einen nicht ganz unerfahrenen, nicht ganz untalentierten Komödienregisseur wie Feig, dass sein „Ghostbusters“ rhythmisch unrund ist: der Todesstoß in dem Genre. Statt eines feisten Pingpong-Schlagabtauschs zwischen den Figuren fliegen seine Tischtennisbälle quer durch den Raum und verfehlen das Ziel.

Ausgerechnet die einzige nennenswerte männliche Figur im Film rettet einiges: Chris Hemsworth darf als unmöglich stupider Beefcake den Sekretär für die Geisterjägerinnen geben mit dem verständlichen Grundtenor, dass er zwar zu dumm zum Telefonieren ist, aber immerhin scharf aussieht. Schön wahrzunehmen, wie dieser Thor der Herzen seine Alphamännlichkeit zum Abschuss freigibt und dabei einige der größten Lacher des Films liefert. Wenn's mit dem Gaudium schon nicht hinhaut, dann sollten aber doch zumindest die Geister selbst beeindrucken. Immerhin sind zwischen Ivan Reitmans legendärem und noch immer ziemlich sehenswerten Originalfilm von 1984 und Feigs Reboot drei Jahrzehnte verstrichen, digitale Filmtrickrevolution inklusive.

Doch da ist bereits das nächste Problem: Im alten Film waren die ektoplasmischen Erscheinungen liebevoll entworfene Charaktere mit zwar primitiven, aber dennoch vorhandenen Eigenschaften, während sie hier zu bloßen Zielübungen verkommen. Der digitale Dunst, in den sie für gewöhnlich eingefasst sind, raubt ihnen jede Greifbarkeit. Da hilft es auch nicht, dass die Geisterjägerinnen nach dem erfolgreichen Einfangen häufig von Schleimfontänen getroffen werden.

In Summe fühlt sich Feigs Film an, als hätte er einfach eine weitere seiner „Chick Comedies“ entworfen und sie nachträglich mit dem „Ghostbusters“-Universum verschränkt. Dazu passen dann auch die lieblosen, langweiligen Gastauftritte der Originalbesetzung: Bill Murray wird als Geisterskeptiker – haha! – aus dem Fenster geworfen und Dan Aykroyd fährt ein Taxi, während Sigourney Weaver dunkelmunkelnd in die Kamera schaut. Das damalige Maskottchen, die grüne Schleimkugel Slimer, wurde diesmal ganz im Computer errechnet und darf ein paar Mal schrill geifernd über die Leinwand fliegen, bevor es mit einer Artgenossin, die aussieht wie seine Drag-Queen-Version, im Auto durch die Stadt rast.

Nein, irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Und das hat nichts damit zu tun, dass die Geisterjäger jetzt -innen sind. Aber: Who you're gonna call? Diese „Ghostbusters“ sicher nicht.

Die Filme

1984. Ivan Reitmans Komödie „Ghostbusters“ kommt in die Kinos, eine Mischung aus Science-Fiction und Fantasy. Sie handelt von drei universitär erfolglosen Parapsychologen, die gemeinsam eine Geisterjägeragentur gründen.

1986-88. Als Reaktion auf den Erfolg entsteht eine US-Zeichentrickserie.

1989. „Ghostbusters II“ kommt in die Kinos, mit Stars aus dem ersten Teil: Bill Murray, Dan Aykroyd, Sigourney Weaver.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2016)

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