Seth Rogen: Mann ohne Scham

Seth Rogan
Seth Rogan(c) Universal
  • Drucken

In Amerika ist er einer der größten Comedy-Stars, hier ist Seth Rogen vor allem treuen DVD-Konsumenten bekannt. Diesen Mann sollte man aber wirklich im Auge behalten. Er ist ja eh kaum zu übersehen.

Hallo, mein Name ist Seth Rogen und ich war mal Model für Playgirl.“ So hat  Seth Rogen gern seine Stand-Up-Programme begonnen. Das wäre nichts Besonderes, hätte er das nicht schon mit 13 gemacht. Auf Bar Mitzwas – oder in Lesbenclubs. „Ich dachte immer, das seien normale Clubs, in denen Ladys Night wäre. Weil meine Mutter zuhörte, machte ich möglichst anständige Witze, erzählte von meinen schwerhörigen Großeltern und so. Das Sarkastischste war noch, dass ich, wenn jemand dazwischenredete, sagte: ,Ich bin 13. In 30 Jahren bin ich 43. Sie werden dann tot sein.‘“

So unschuldig wie Seth Rogen da tut, ist er beileibe nicht. Denn heute, 15 Jahre später, gilt der Kanadier als einer der größten Comedy-Stars Hollywoods. Und den Status hat er sich nicht mit harmlosen Scherzen erarbeitet. Die Paraderolle des stattlichen jungen Herrn mit der charakteristischen Lockenmatte war zu Beginn der kiffende Nichtsnutz mit dem trocken-dreckigen Humor.  Zum Beispiel in Judd Apatows etwas anderer Dating-Komödie „Jungfrau (40), männlich, sucht ...“ aus 2005. Oder auch, diesmal in einer Hauptrolle, im Doch-nicht-so-safer-Sex-Streifen „Beim ersten Mal“ aus 2007.

Star auf DVD. Dass es dabei nicht geblieben ist, also bis auf den dreckigen Humor, das liegt daran, dass Seth Rogen seine Gags und mitunter seine Filme selbst schreibt. Etwa die Kifferkomödie „Pineapple Express“, von Kritikern als Meilenstein des Genres gefeiert. Sie wurde dadurch geadelt, dass Rogen und sein Ko-Star James Franco bei der letzten Oscar-Verleihung einen Kiffersketch spielen durften. Hierzulande fragten sich einige vielleicht, wer das wohl gewesen sein mag – die Sache mit dem Starstatus von Seth Rogen hat sich in der Alten Welt noch nicht so herumgesprochen. Kunststück: Während in Österreich „Pineapple Express“ oder die explizit romantische Komödie „Zack and Miri make a Porno“ direkt auf DVD landeten, wurde Rogen in der „Vanity Fair“ zusammen mit Kollegen mit einer Fotostrecke von Annie Leibovitz gefeiert. Unter anderem stellte er mit seinen Kumpels aus der Clique um Regisseur Judd Apatow ein „Vanity Fair“-Cover nach: Auf dem saß Tom Ford inmitten der nackten Keira Knightley und Scarlett Johansson. Moppel Seth Rogen gab in der Parodie (im hautfarbenen Nylon-Overall) Klappergestell Keira Knightley.

Ambivalenter Mentor. Apropos Judd Apatow: Rogen ist sich bewusst, dass vieles in seiner Karriere nicht so gelaufen wäre, hätte ihn der Regisseur nicht in Vancouver entdeckt. Und Apatow ist sich dessen auch bewusst: „Ich glaube, ich habe sein Leben ruiniert. Meinetwegen ging er nie auf ein College.“ Aber das hatte Seth Rogen sowieso nie vor: „Mir war bald klar, dass ich keine Lust auf Schule hatte und auf einen normalen Job. Sobald ich herausgefunden hatte, dass Lustigsein auch ein Beruf sein kann, wusste ich, das wird mein Job.“
Und deshalb zog er mit 16 nach Los Angeles. Apatow engagierte ihn in der Serie „Freaks and Geeks“ (dt: „Voll daneben, voll im Leben“) und Rogen verdiente das Geld für die Familie. Nur bei diesem Thema wird der „Mann ohne Scham“, wie ihn US-Medien nennen, in Interviews  kurz verlegen. Und lacht sein schrulliges Bärenlachen, das viel von seinem Charme ausmacht.

Nach dem Ende der Serie arbeitete er mit seinem Freund Evan Goldberg bei Sacha Baron Cohen als Autor für die „Ali G Show“. Auch eine gute Schule für Sardonismus. Mit Evan Goldberg hatte er auch schon als Teenager ­einen Film geschrieben – und womit keiner der beiden je gerechnet hatte: Die Schulkomödie „Superbad“ kam 2004 in die Kinos. „Das ist wahrscheinlich der einzige Film über jungfräuliche Burschen, der tatsächlich von jungfräulichen Burschen geschrieben wurde.“

Authentizität spielt eine große Rolle in allem, was Seth Rogen macht: Am deutlichsten sieht man das in den Szenen, in denen junge Männer (mit oder ohne Joint) zusammensitzen, was in so ziemlich jedem Rogen-Film passiert: „Skurril war es bei ,Beim ersten Mal‘. Diese Szenen, in denen wir Freunde zusammensitzen, hätten direkt aus meinem Leben stammen können. Ich spielte da nicht nur, was ich in meiner Freizeit tue, sondern ich tat es auch noch mit den Menschen, mit denen ich es in meiner Freizeit tue!“

Liebe unter Männern. Solche Szenen gibt es auch in „Funny People“ – dem neuen Film mit Seth Rogen, und ja, der kommt sogar in Österreich ins Kino. Er führt ihn zurück zu seinen Anfängen als Stand-Up-Comedian. Allerdings ist er der am wenigsten Begabte des Freundeskreises und deshalb fassungslos vor Glück, als ihn Komikerstar George Simmons (Adam Sandler) unter seine Fittiche nimmt. Dass der sozial gestört ist und außerdem todkrank, findet er erst später heraus. Autor/Regisseur Judd Apatow hat sich für das Drehbuch ein bisschen an seinen Schützlingen bedient: „Ja, ich fand Spuren von mir in den Charakteren. Aber wir sind nicht so ehrgeizig. Wir vergönnen einander den Erfolg“, sagt Rogen.

Erfolg ist in der amerikanischen Popkulturgeschichte, wenn man einen Superhelden im Kino spielt. Und das wird Seth Rogen als Nächstes tun. Derzeit dreht er die Filmversion der Serie „The Green Hornet“( „Die grüne Hornisse“), mit der Bruce Lee einst berühmt wurde. Vielleicht wird er deshalb neuerdings sogar als Sexsymbol gehandelt. Und das dem „Anti-Clooney“, der nach dem Dreh der Sexszene mit „Grey‘s Anatomy“-Blondine Katherine Heigl sagte: „Erst hatte ich Angst, ich könnte sie anschwitzen, aber dann: Niemand erwartet von mir, sexy zu sein, oder?“ Über seine echte Lebensgefährtin sagt er nur:„Ich habe eine viel hübschere Freundin, als ich haben dürfte.“

Für „The Green Hornet“ wurde Rogen auf Diät gesetzt. In Talkshows wird er deswegen derzeit gnadenlos auf den Arm genommen und mit Chips, die er nicht essen darf, gefoltert. Die Qual hat simple produktionstechnische Gründe: „Als wir damals die Actionszenen von ,Pineapple Express‘ drehten, war ich absolut nicht in Form. Ich brauchte immer zehn Minuten zwischen den Szenen, um mich zu erholen. Da saß ich dann mit meiner Sauerstoffmaske im Gesicht und dachte, wenn ich ein bisschen trainiert hätte, dann wäre alles schneller vorbei ...“


Funny People: ab 18. 9. im Kino.

Seth Rogen 1996 Stand Up Comedy

Seth Rogan @ Vanityfair





Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.