Western im Theater: Die Liebe unterm Blutmond

(C) J. Compton Productions
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Der Auftakt der englischsprachigen „Frontier Trilogy“ geriet dramatisch, aber auch schematisch.

Ein Mann schleicht sich nachts in eine Kirche. Der blinde Priester stellt ihn. Der Mann gesteht, dass er Gottes Segen für einen Mord erbitten wollte . . . In die Probenräume des Wiener Rabenhof-Theaters in der Apostelgasse ist eine hölzerne „Chapel“, eine der typischen kleinen amerikanischen Kapellen „right in the middle of nowhere“ (im Nirgendwo) eingebaut. Dort gab es am Dienstagabend die Einspielvorstellung für eine englischsprachige Gastspielreihe vom Fringe-Festival in Edinburgh zu erleben.

„Blood Red Moon“ heißt das Stück. Man denkt an Blutmond, er entsteht bei einer besonderen Form der Mondfinsternis, zuletzt war das Himmelsspektakel 2015 in Wien zu sehen. Der Einakter von Jethro Compton ist Teil einer Trilogie, die diesen Freitag komplett gezeigt wird: Goldrausch in Kalifornien. Zwei Brüder entdecken einen einträglichen Platz am Fluss und kommen rasch zu einem kleinen Vermögen. Doch wie lang hält es? Und wie werden sie sich die einzige Frau, die als Dienstmädchen zu ihnen kommt, teilen?

Unterm Blutmond, Symbol von Unheil und Tod, entwickelt sich, wenig überraschend, aber großartig gespielt, ein blutiges Melodram. Zentrale nationale Mythen sind oft brüchig: Go west!, die Eroberung des US-Westens, bedeutete die Ausrottung der Indianer, der Native Americans. Und den Western-Helden saß auch dann die Waffe locker, wenn sie gegeneinander kämpften.

Der Westernfilm ist vielfältig, er reicht vom Comic-Helden Lucky Luke über „Die glorreichen Sieben“, die eben im Kino eine Wiederauferstehung erleben, bis zu Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“, die berühmte Musik klingt auch im Theater an.

Der Brite Jethro Compton (28) erregte zuletzt mit „The Bunker Trilogy“ über den Ersten Weltkrieg Aufsehen. Sein erstes Stück widmete der Autor-Regisseur John Fords Klassiker „The Man Who Shot Liberty Valance“. Ford ging schon etwas kritischer mit den Western-Mythen um, die lang in Groschenromanen und ähnlich schlicht gebauten Filmen verherrlicht wurden. Trotzdem, der Revolverheld, der niedermäht, was sich ihm entgegenstellt, ist bis heute ein fester Bestandteil der US-Kultur. Bei Compton ist die Rolle der emanzipierten Frau gestärkt: Annie get your Gun! Aber nicht für einen Wettbewerb zückt die Dame hier die Waffe.

Wie kann ein Minitheater mit Bilderwucher à la „Der mit dem Wolf tanzt“ oder „Django Unchained“ mithalten, späten Meisterwerken des Genres? Ja, das ist deutlich eindrucksvoller als die allzu simple Story, weil die Akteure (Matt Beveridge, Sam Donnelly, Jonathan Matthews, Bebe Sanders) wie in Shakespeare-Stücken ausschließlich aus der Sprache eine Welt erstehen lassen: mit ein paar Kisten, Waffen, Blechgeschirr, Tisch und Hocker in dem engen Raum, in dem der Zuschauer manchmal versucht ist, sich ängstlich zu ducken, wenn die Gewehrmündung zufällig an ihm vorbeischwenkt.

Shows über „Star Trek“ und den Tod

In den weiteren jeweils einstündigen Einaktern ohne Pause geht es um einen Kampf in der Kirche („The Clock Strikes Noon“) und um einen Outlaw („The Rattlesnake's Kiss). Englischsprachiges Theater und Kino erfreuen sich in Wien wachsender Beliebtheit, viele Kinder und Jugendliche sprechen heute auch durch die Popmusik gut Englisch bzw. verstehen es so wie ihre Muttersprache.

Die Fringe-Serie im Rabenhof wird nach Ablauf der Western-Trilogie Ende Oktober mit der Musical-Show „Am I Dead Yet?“ im Jänner und im März 2017 mit der „Star Trek“-Comedy „What Would Spock Do?“ fortgesetzt. Man will mit der neuen Schiene origineller sein als das sehr traditionelle Vienna's English Theatre. Allerdings, englischsprachige Aufführungen, die Kasse machen wollen und müssen, was im deutschen Theater weniger das Hauptziel ist, sind – stilistisch, nicht inhaltlich – oft eher konventionell. Insgesamt: Eine vielversprechende Neuerung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2016)

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