Ein Film über Liebe und Krisen (möglicherweise)

Michael Kreihsls Episodenfilm „Liebe möglicherweise“: eine vage Annäherung an das einsame Großstadtleben. Oder so.

Wien. Ein Familienvater (Devid Striesow) stürzt sich in die Midlife-Crisis und in eine Affäre mit der Geliebten (Edita Malovcic) seines Freundes (Norman Hacker). Die betrogene Frau (Silke Bodenbender) packt daraufhin die Sachen ihres Mannes in Umzugskisten und beginnt ein inniges Verhältnis mit dessen Freund. Der kümmert sich nebenbei um seinen kranken alten Vater (Otto Schenk), der – aus Altersgram oder aus der Unfähigkeit, seinen Hunger nach Zuneigung anders auszudrücken? – suizidale Gedanken zum Ausdruck bringt, indem er sich etwa ein richtig scharfes Rasiermesser wünscht. „Ich sag' das alles ohne Selbstmitleid“, stellt er klar. Und im Krankenhaus, in dem die betrogene und betrügende Frau arbeitet, wacht eine verzweifelte Mutter (Gerti Drassl) am Bett ihres Sohnes, der im Koma liegt.

In Michael Kreihsls unaufgeregtem Episodenfilm „Liebe möglicherweise“ haben alle irgendwie mit allen zu tun, und doch sind sie einsam. Geht es um die (unerfüllte, unbeantwortete) Liebe? Um die Suche nach Glück? Vermutlich. Vielleicht. Um Lebenskrisen in der Großstadt, die es einem – laut einem anerkannten Klischee – so schwer macht, Nähe und Geborgenheit zu finden? Wahrscheinlich auch. Der Film bleibt in vielem vage: Was seine Figuren letztlich wollen, was sie glücklich macht, scheinen sie selbst nicht zu wissen – da kann das Ensemble noch so sehr versuchen, den Figuren Tiefe zu verleihen, sie bleiben Abziehbilder, die in hölzernen Dialogen kaum wirklich etwas von sich selbst erzählen und erst recht nichts voneinander oder der Welt, in der sie verloren sind. Was bleibt, sind konstruierte Verbindungen, allzu erwartbare Wendungen und eine unkonkrete Anspielung auf das überfordernde moderne Leben, in dem irgendwie nichts Bestand hat und irgendwie alles ein bisschen schwierig ist. Also möglicherweise. (kanu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2016)

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