Der dänische Skandalregisseur kommt ins Museum: Ab September zeigt das Brandts Museum für Kunst und visuelle Kultur in Dänemark das Schaffen von Lars von Trier.
Der dänische Filmemacher Lars von Trier bekommt in Dänemark eine eigene Ausstellung. Das Brandts Museum für Kunst und visuelle Kultur in Odense erzählt ab Ende September die Werke des Skandalregisseurs in Zusammenarbeit mit dessen Produktionsfirma Zentropa.
Die Schau soll den Besuchern von Trier und seinen künstlerischen Schaffensprozess näherbringen. Ausstellen will das Museum unter anderem Bilder, Requisiten und Manuskripte, von denen der Filmemacher die meisten im Rausch geschrieben haben will. Außerdem sollen Interviews und Ausschnitte aus den Filmen des Dänen gezeigt werden.
Er gilt als ''Enfant terrible'' des europäischen Films: Regisseur Lars von Trier. Am 30. April 2016 feierte der Däne seinen 60. Geburtstag. Er arbeitet derzeit an einem neuen Film: "The House That Jack Built" werde in diesem Jahr gedreht, kündigte von Trier vor kurzem auf seiner Facebook-Seite an. Der Film soll von einem Massenmörder handeln und aus der Sicht des Täters erzählt werden. Von Triers Filme sorgen immer wieder für Debatten, für den größten Skandal in seinem Leben hat der Regisseur aber selbst mit einer unbedachten Äußerung bei einem Interview gesorgt. (c) REUTERS (YVES HERMAN) Bei der Vorstellung von "Melancholia" in Cannes 2011 sagte Von Trier, er hege Sympathien für NS-Diktator Adolf Hitler und NS-Architekt Albert Speer. Mit Verweis auf seinen biologischen Vater, einen Deutschstämmigen, erklärte er: "Ich bin ein Nazi." Das löst einen Eklat aus. Der Däne entschuldigte sich, doch das Filmfestival erklärte ihn trotzdem zur "persona non grata". Von Trier wurde die Akkreditierung entzogen. (c) REUTERS (Tobias Schwarz / Reuters) Rund drei Jahre gab der Däne danach keine Interviews mehr. Im Dezember 2014 brach er sein Schweigen: In einem Video zog er sich demonstrativ ein Klebeband vom Mund. In der dänischen Zeitung "Politiken" beichtete der Regisseur von seiner Alkoholsucht - und seine Angst davor, nüchtern keine Filme machen zu können. (c) REUTERS (Yves Herman / Reuters) "The House That Jack Built" ist das erste Projekt des Filmemachers seit "Nymphomaniac". Das zweiteilige Sexdrama sei der erste Film gewesen, bei dem er nicht unter Einfluss eines Cocktails aus Alkohol und Tabletten gestanden habe, als er das Manuskript schrieb, sagte von Trier. Deshalb habe er eineinhalb Jahre dafür gebraucht. Seine Aussage, nur im Rausch etwas zustande zu bringen, ist damit aber widerlegt. Im Rückblick auf den Eklat in Cannes meinte Von Trier: "Das war die erste Pressekonferenz, auf der ich nüchtern war, und das ist anscheinend lebensgefährlich." (c) REUTERS (JEAN-PAUL PELISSIER) Für einen Skandal gehalten wurden die Aussagen vor allem außerhalb seines Heimatlandes Dänemark. Denn auf die Idee, Von Trier für antisemitisch zu halten, kämen die Dänen nicht. Der Ziehvater des Regisseurs war Jude - erst als 33-Jähriger hat Von Trier von seiner Mutter erfahren, dass er selbst nicht jüdischer Abstammung ist, sondern biologisch Sohn eines Deutschen. Das versetzte Von Trier nach eigener Aussage einen Schock. "Ich bin ja im Herzen ein Jude", sagte er "Politiken" Ende 2014. (c) Reuters Photographer / Reuter Als das Interview erschien, ging er jeden Tag zu Treffen der Anonymen Alkoholiker, um seine Sucht in den Griff zu bekommen - seiner Frau und den Kindern zuliebe. Doch seine Ehe konnte der Däne dadurch nicht retten. Im Herbst 2015 gaben Lars und Bente Froge (im Bild), die gemeinsam Zwillinge haben, ihre Trennung bekannt. Für den Regisseur ist es schon die zweite Ehe, die zerbrach. Mit der dänischen Regisseurin Cæcilia Holbek hat Trier zwei Töchter. (c) REUTERS (Tobias Schwarz / Reuters) Mit seinen - für einen Regisseur jungen - 60 Jahren kann Von Trier bereits auf eine lange, erfolgreiche Karriere zurückblicken. Bereits mit seinem Erstling, dem achtminütigen Experimentalfilm "Nocturne" (1980) sorgte der damalige Stundent der Dänischen Filmhochschule für Furore und wurde in München mit dem ersten Preis des Festivals der Filmhochschulen ausgezeichnet. (c) imago/Leemage (imago stock&people) Mit dem Noir-Thriller "Forbrydelsens element", so der Originaltitel, nahm die Karriere des Filmemachers Fahrt auf. In dem Film versucht ein Polizist, einem Serienmörder mithilfe kontroversieller Ermittlungmethoden habhaft zu werden. "The Element of Crime" ist der Auftakt der "Europa"-Trilogie des Regisseurs. Die deutsche Band Element of Crime rund um Sänger Sven Regener hat sich nach dem Film benannt. (c) Imago Barbara Sukowa, Jean-Marc Barr und - zum ersten aber nicht zu letzten Mal - Udo Kier spielten die Hauptrollen in dem (nach "Epidemic", 1987) dritten Teil der "Europa"-Trilogie. Barr spielt einen Deutsch-Amerikaner, der in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg beim Aufbau helfen will und beginnt, beim Bahnunternehmen "Zentropia" zu arbeiten. Dort versuchen Menschen, ihn für seine Zwecke zu missbrauchen. (c) imago stock&people (imago stock&people) In Dänemark wurde die Fernsehserie "Hospital der Geister" (Riget) zum Riesenerfolg. Die gleichermaßen gruselige wie skurril-komische Serie spielt in einem technisch fortschrittlichen Krankenhaus. (c) Imago Seinen internationalen Durchbruch feierte Von Trier mit "Breaking The Waves", dem ersten seiner unter dem Titel "Goldene-Herzen-Trilogie" zusammengefassten Märtyrerinnen-Dramen. Emily Watson und Stellan Skarsgard spielen die Hauptrollen in dem verstörenden Liebesdrama. Darin macht sich die naive Bess (Watson) in einem tiefreligiösen Dorf in Schottland zur Prostituierten, um mit den Erzählungen ihrer sexuellen Abenteuer ihren verunfallten Ehemann (Skarsgard) am Leben zu erhalten. (c) imago/United Archives (imago stock&people) "Breaking the Waves" bekam beim Filmfestival in Cannes den großen Preis der Jury. Auch Hauptdarstellerin Emily Watson wurde durch "Breaking the Waves" berühmt. Die Bühnen-Schauspielerin stand mit 29 Jahren für Von Trier überhaupt das erste Mal vor einer Kamera. Sie bekam mehrere Schauspielerpreise und wurde für ihre Darstellung für den Oscar nominiert. Von Trier hat den Ruf, Höchstleistungen aus seinen Schauspielern herauszukitzeln. (c) John Schults / Reuters Eine junge Frau wird in dem Film Mitglied einer Kommune, die es zum Dogma erhebt, ganz wortwörtlich "verrückt" zu spielen, um sich so gegen die Gesellschaft aufzulehnen. Mit dem Dogma-Film "Idioterne" schockierte Von Trier mit expliziter Nacktheit. Bei dem Konzept "Dogma" verzichteten Regisseure auf Konventionen der Filmsprache wie künstliches Licht oder Musik. Zweiter Teil der Goldene-Herzen-Trilogie. (c) imago/AGD (imago stock&people) Für "Dancer in the Dark", den dritten Teil der Goldene-Herzen-Trilogie, gewann der Regisseur die isländische Sängerin Björk als Hauptdarstellerin. Die langsam erblindende Selma (Björk) möchte in dem Film ihrem Sohn das gleiche Schicksal ersparen und begeht eine Verzweiflungstat. Die brillant choreographierten Musical-Sequenzen kontrastieren dabei den Sozial-Realismus des Films. (c) imago stock&people (imago stock&people) Für "Dancer in the Dark" bekam Von Trier schließlich die Goldene Palme in Cannes. Björk erhielt eine Auszeichnung als Beste Darstellerin. (c) Fred Prouser / Reuters Auch der minimalistische, in Theaterbühnen-Optik gedrehte Film "Dogville" mit Nicole Kidman wurde vielfach preisgekrönt. Der Drei-Stunden-Film erzählt von einer jungen Frau Grace, die in einer nordamerikanischen Kleinstadt der 1930er-Jahre dem Sadismus der Einwohner ausgeliefert ist. Aber Grace bekommt ihre Rache. (c) Imago/Rolf Konow Für die Fortsetzung "Manderlay" stand Hollywood-Star Kidman nicht mehr zur Verfügung, statt ihr übernahm Bryce Dallas Howard die Hauptrolle der Grace, die nun Sklaven in die Freiheit führen will. Der verstörende Psychothriller "Antichrist", den Von Trier inmitten einer schweren Depression schrieb, stieß in Cannes auf geteiltes Echo. Charlotte Gainsbourg und Willem Defoe spielen darin ein Ehepaar, das sich nach dem Tod des gemeinsamen Kindes gegenseitig zerreibt. Kritiker warfen dem Film Frauenfeindlichkeit vor. (c) imago stock&people (imago stock&people) Seiner Hauptdarstellerin Gainsburg brachte "Antichrist" den Darstellerpreis der Filmfestspiele von Cannes ein. Auf dem Filmfestival sagte der Däne, der sich einmal als "besten Regisseur der Welt" bezeichnete, den Horrorstreifen "Antichrist" habe er ohnehin "für mich selbst gedreht, nicht für das Publikum". (c) REUTERS (Jean-Paul Pelissier / Reuters) Der Film wurde überschattet von dem Skandal um Von Triers Nazi-Sager. In der ersten Hälfte endet eine teure Hochzeit im Desaster. In der zweiten Hälfte geht die Welt (hoch ästhetisch) unter. Als depressive Braut beeindruckt Hollywoodstar Kirsten Dunst, Charlotte Gainsburg spielt ihre Schwester. (c) Zentropa/Christian Geisnæs "Melancholia" wurde mehrfach preisgekrönt, in Cannes selbst wurde Kirsten Dunst als Beste Darstellerin ausgezeichnet. Lars von Trier bekam unter anderem den Europäischen Filmpreis, kam aber nicht zu Verleihung. (c) REUTERS (Vincent Kessler / Reuters) Als eines der größten Kunstwerke Von Triers gilt "Nymphomaniac". In zwei Filmen kam die (sexuelle) Lebensgeschichte des Sexsüchtigen Joe (Stacy Martin als Teenager, Charlotte Gainsburg als Erwachsene) ins Kino. Joe beichtet diese dem alternden Junggesellen Seligman (Stellan Skarsgard), der sie nach einer Schlägerei verletzt mit in seine Wohnung nimmt. Auch "Nymphomaniac" wurde mit mehreren Filmpreisen bedacht. (c) Filmladen Im kommenden Jahr soll Von Triers neuer Film "The House That Jack Built" - benannt nach einem Kinderreim - fertig sein. Spannend wird, wo der Regisseur ihn vorstellen wird. Ob erneut - wie "Nymphomaniac" bei der Berlinale - oder wieder in Cannes, wo der Regisseur seine bisher größten Erfolge feierte. (c) APA/AFP/VALERY HACHE (VALERY HACHE) Lars von Trier: Das ''Enfant terrible'' des europäischen Films ist 60 Zuletzt hatte der Skandalregisseur 2013 mit dem Drama "Nymphomaniac" über eine Sexsüchtige Aufsehen erregt. Zu seinen weiteren Filmen zählen "Dancer in the Dark", "Dogville", "Antichrist" und "Melancholia".
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(APA/dpa)
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