James Bond als Sir und keuscher Liebhaber

James Bond Roger Moore: Coolness gab es auch schon in den 1970er und 1980er Jahren.
James Bond Roger Moore: Coolness gab es auch schon in den 1970er und 1980er Jahren.(c) imago/United Archives
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Der lässige Brite Roger Moore, Erzrivale des virilen Sean Connery als Agent im Geheimdienst Ihrer Majestät, starb wenige Monate vor seinem Neunziger. Die Blockbuster-Reihe ging mit Moore in die weite Welt. Zur Rolle hielt er Distanz.

Martini-Cocktail geschüttelt – nicht gerührt: Darin waren sich die zwei einig. Der Unterschied zwischen Sean Connery und Roger Moore als James-Bond-Darsteller war groß. Und dementsprechend gespalten auch die Community. Den harten, virilen Connery und den eleganten, augenzwinkernden Moore trennten Welten. Moore, der Held der Frauen und Weicheier, höhnten Hasser des Briten und Liebhaber des Schotten. Großartig waren sie beide. Einer ist nun gestorben: Im Oktober hätte Roger Moore seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Die Sexszenen in den Bondfilmen, in denen er den Geheimagenten spielte, waren Klatschgeschichten zufolge deshalb so keusch, weil seine langjährige Ehefrau, die fesche Italienerin Luisa Mattioli, die 32 Jahre an seiner Seite blieb, explizite Bettszenen nicht erlaubte. Insgesamt war Moore viermal verheiratet und hatte drei Kinder. 2002 ehelichte er die dänische Millionärin Kristina Tholstrup. Schön, klug und blond, wie mancher weibliche Fan insgeheim konstatierte, entsprach die Dame Moores „Beuteschema“. Inzwischen hat Daniel Craig neue Maßstäbe als Bond gesetzt, ein einsamer Wolf, der auch Schwäche zeigen, sich von Frauen pflegen lassen darf. Craig zeigte zuletzt Ermüdungserscheinungen. Kein Wunder, Bond, eine Goldgrube, aber im schwer umkämpften Genre Action unterwegs, ist als Dreh eine mörderische Strapaze, und die Special Effects werden immer dominanter.

Neue Technologien statt Kalter Krieg

Will man Bond Connery als Kämpfer des Kalten Krieges sehen und Craig als Retter vor der globalisierten Kriminalität, die immer skrupelloser und raffinierter wird, so öffnete Moore-Bond das Tor in exotische Welten, irdische und außerirdische – und er hatte sich auch mit anderen Technologien zu befassen als Waffen.

Angeblich war Moore, erfolgreicher Darsteller von Abenteuerfilmen und TV-Serien, bereits für den ersten Bond („James Bond jagt Dr. No“) vorgesehen, dann entschieden sich die Produzenten aber für den relativ unbekannten Connery. Bei „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ musste Moore wegen Fernsehverpflichtungen absagen. Es folgten „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974), „Der Spion, der mich liebte“, „Moonraker“, „In tödlicher Mission“, „Octopussy“ und „Im Angesicht des Todes“ (1985), die zu den weltweit kommerziell erfolgreichsten Filmen des jeweiligen Jahres gehörten. „Moonraker“ spielte 1979 allein 210 Millionen Dollar ein. In „Der Mann mit dem Goldenen Colt“ reiste Bond nach Fernost und erkundete Solartechnik und Laser. Bei „Der Spion, der mich liebte“ fällt manchem die spektakuläre Verfolgungsjagd auf Skiern zu Beginn ein – in Österreich. In „Moonraker“ wird eine Raumfähre entführt, „In tödlicher Mission“ muss Bond-Moore den Steuercomputer für den Start einer Atomrakete aufspüren. Bei „Octopussy“ waren Bonds Flugkunststücke besonders spektakulär, bei „Im Angesicht des Todes“ ringt Bond mit dem KGB. Stets agierte er selbstironisch, ein Sir, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, schon gar nicht von gefährlichen Damen, die übrigens damals, sogar in Bond-Filmen, noch nicht so emanzipiert waren wie heute.

Und auch markante Böse oder Gute sollen nicht vergessen werden. In „Der Spion, der mich liebte“, spielten etwa Barbara Bach und Curd Jürgens oder der unvergessliche Beißer Richard Kiel, in „Leben und sterben lassen“ flüchtet Bond über die Rücken von Krokodilen vor diesen, Jane Seymour hat ihm aber sehr gefallen. Und: In „Der Mann mit dem goldenen Colt“ gab Christopher Lee den Bösewicht Scaramanga.

Moore wurde als Sohn eines Polizisten und einer Kassierin 1927 in Stockwell (heute ein Teil von London) geboren und wollte ursprünglich Zeichner werden. Er besuchte eine Kunstschule und arbeitete danach beim aufstrebenden Trickfilm. Als 18jähriger trat er in die Armee ein und war nach dem II. Weltkrieg in Kärnten stationiert. Ende der 1940er Jahre begann er mit Statistenrollen beim Film, sein Idol war der noble Westernheld Stewart Granger. Allerdings hatte Moore Angst vor Schusswaffen, nicht gerade die ideale Voraussetzung für einen Agenten. Moore studierte an der Royal Academy of Dramatic Art, den Avancen des homosexuellen Regisseurs, der seine Ausbildung finanzierte, folgte er nicht. Er spielte zunächst Theater. Als er ein Angebot von der Royal Shakespeare Company und von MGM bekam, entschied er sich fürs Kino.

„Ein Bond-Moment? Was soll das sein?“

Sieben Mal spielte Moore Bond, zu dem er indes ein distanziertes Verhältnis hatte: „Ich habe keine James-Bond-Momente im Leben. Was soll das überhaupt sein?“, fragte er in einem Interview im „Spiegel“ den Redakteur, der ihm lauter Fragen zu seiner Lebensrolle stellte. Wahrscheinlich bleibt auf der gewaltigen Bond-Maschine nicht viel Raum für Romantik. Nach sieben Bondfilmen hatte Moore genug, vom Presserummel und „aggressiven Fans“ wie er feststellte. Er habe vorwiegend sich selbst gespielt, den eleganten Briten, den von Bond nur eins unterscheide, dass er eben kein Held sei. Der deutsche Titel von Moores Biografie hieß „Mein Name ist Bond, James Bond“, das gefiel ihm nicht, die englische Version „My Word is my Bond“ sei viel treffender, murrte er. Denn: „Mein Name ist eben nicht Bond!“

ZUR PERSON

Sir Roger Moore (geboren am 14. 10. 1927 in Stockwell; gestorben am 23. 5. 2017 in Crans-Montana/Schweiz) besuchte in London eine Kunstschule. 1945 ging er 18jährig zur Armee, wo er im Truppentheater mitwirkte. Über Statistenrollen kam er ans Theater, ging zu MGM, feierte in den 1960er und 1970er-Jahren im TV Erfolge („Simon Templar“, „Die 2“) und war von 1973 bis 1985 in sieben Kino-Filmen „James Bond“. Moore war Golden-Globe-Preisträger und Sonderbotschafter der UNICEF.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2017)

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