Pierce Brosnan im Interview: Vater in jeder Hinsicht

Pierce Brosnan Vater jeder
Pierce Brosnan Vater jeder(c) AP (Matt Sayles)
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Zurzeit ist er in Roman Polanskis Film "Ghostwriter" zu sehen und spielt Robert Pattinsons Vater in "Remember Me". Der Schauspieler Pierce Brosnan im Interview.

Mr. Brosnan, im Liebes- und Familiendrama „Remember Me“ spielen Sie den Vater von Robert Pattinson. Der 23-Jährige wurde über Nacht durch die Vampirsaga „Twilight“ zum gejagten Teenagerschwarm. Wie beurteilt ein Bond a.D. einen aktuellen Shootingstar?

Pierce Brosnan: Der Junge wird im Strudel des frischen Ruhms gerade ordentlich durchgewirbelt! Das Ausmaß der Hysterie überwältigt ihn. Wenn er diese Massen, diese Millionen Mädels sieht, bekommt er immer ganz große Augen. Aber er ist ein sehr netter junger Mann, sehr klug, hat ein gutes Herz und einen gesunden selbstironischen Humor. Er ist eigentlich scheu und zieht sich gerne in den Hintergrund zurück.

Glauben Sie, Pattinson hat das Zeug, den Hype zu überstehen?

Ja. Der schafft das! Der bleibt auf dem Boden. Ich verneige mich vor dem Druck, den er zu spüren bekommt. Alle Achtung! Aber er vertraut am meisten auf sein eigenes Urteil, das ist schon mal gut. In „Remember Me“ hat er sich schauspielerisch toll geschlagen und war sogar ausführender Produzent, damit hat er bewiesen, dass ein schlaues Köpfchen auf seinen Schultern sitzt.

Das klingt nach einer guten Prognose für seine Karriere...

Robert hat die Regeln dieses Spiels schnell begriffen und nutzt sie zu seinen Gunsten, um seine Karriere auf solide Beine zu stellen. Das ist heute wichtiger denn je. Und er hat gerade Wind in den Segeln, mit dieser riesigen Popularität!

Weckt er Vatergefühle in Ihnen? Was rät der alte Fuchs dem Newcomer?

Dagegen kann man sich nicht wehren, dass er Vaterinstinkte weckt. Ich hätte ihm nie meinen Rat aufgezwungen, ohne dass er mich darum bittet. Als einmal die Sprache darauf kam, habe ich nur gesagt: Genieß diese Zeit. Gib nicht viel, aber nimm dir viel.

Sie haben selbst drei Söhne, Sean (26) aus der Ehe mit Ihrer verstorbenen Frau Cassie, Dylan (13) und Paris (9) aus Ihrer jetzigen Ehe mit Keeley. Was konnten Sie Ihren Söhnen im Umgang mit Ruhm vermitteln?

Wir sprechen viel darüber. Ich bin Schauspieler, ich arbeite, ich bin berühmt – das ist ihnen bewusst. Ich versuche, ihnen zu vermitteln, dass das nichts Besonderes ist. Man muss versuchen, diese „Berühmtheit“ zu mäßigen und im Umgang mit anderen so weit herunterzubrechen, wie es geht. Ich versuche, ihnen auch etwas über die schmerzlichen Seiten des Ruhms beizubringen, z.B. über Ablehnung. Kaum denkt man, man hat's geschafft und ist angekommen, wird man von jemandem rausgeschmissen. Und denen ist es egal, wie es dir dabei geht.

Welche Erfahrung war für Sie so bitter?

„Bond“ hat immer Drama in mein Leben gebracht! (lacht) Bond trat 1986 in mein Leben und verließ es auch wieder 1986. Ich dachte, ich werde nun ein internationaler Filmstar – und dann wurde es nichts. Das sollte damals noch nicht sein. Dann musste ich in den USA erst mal Arbeit finden. Aber dann bog 007 ja 1994 noch mal um die Ecke. Aber gerade, wenn du den fünften machen willst, überlegen die es sich anders und ändern den Kurs. Da muss man so hart sein wie altes Leder, um damit klarzukommen!

Ihr Sohn Sean hat wohl nun auch seine Berufung gefunden und will auch Schauspieler werden...

Es ist hart. Es ist gerade eine wirklich brutale Zeit für Schauspieler, mehr denn je! Oder zumindest, seitdem ich in Hollywood unterwegs bin.

Sicher wird Sean immer mit Ihnen verglichen.

Ja, er muss mich als Ballast herumtragen, das ist ihm bewusst. (Pause, atmet tief durch.) Außerdem war ich bei Sean lange ein alleinerziehender Vater. Und ich weiß oft nicht, ob ich bei dieser Aufgabe erfolgreich war.

In „Remember Me“ sind Sie auch ein verwitweter Vater. Im Leben sicher eine schwierigere Rolle als im Film.

Nun – man muss wohl auch lernen, seine Kinder irgendwann loslassen zu können. Zum Glück kriegen meine Frau und ich das bei den Kleinen sehr gut hin. Keeley ist eine wunderbare Mutter, gemeinsam sind wir ein starkes Team. Unsere Liebe und unsere Kraft sind groß, und ich bete zu Gott, dass das so bleibt.

Sind Sie ein besserer – oder vielleicht sogar weiserer – Vater für Ihre beiden Jüngsten als für Ihre älteren Kinder?

Ja, ohne Frage! Als ich 1981 nach Hollywood ging, da war Sean drei, und ich war ich voller Hunger und Leidenschaft für den Job. Bin ich heute auch noch, aber in gemäßigterer Form. Die Zeit gewährt einem die Gnade der Veränderung. Und schenkt einem Humor. Ich genieße heute die Zeit mit meinen Jungs zutiefst! Jeden Morgen, wenn ich sie zur Schule fahre, philosophieren wir. (lacht) In meiner irischen Art schwafele ich über Gefühle, über Freundschaft, welches Thema auch immer! Die Zeit zwischen dem Verlassen des Hauses und dem Schultor gehört uns dreien ganz allein. Da kauen wir alle Emotionen und Egos ihrer Mitschüler, Freunde und auch Lehrer durch.

Sie leben auf Hawaii. Ihren Söhnen zuliebe?

Meine Jungs sind totale Surf-Freaks. Bis vor einem Jahr lebten wir in Kauai und gingen jeden Tag surfen. Jetzt richten wir uns gerade in Malibu ein Zuhause ein. Ich sage zu Keeley schon: Sobald das Haus fertig ist, können wir eigentlich weiterziehen. (lacht) Die arme Frau! Sie ist mir schon rund um den Erdball gefolgt! Sie ist mein Nordstern – meine Orientierung, mein Licht.

Ist Ihre Ehe Glück, harte Arbeit oder Schicksal?

Ich glaube, dass es Schicksal war, dass wir beide uns damals in Mexiko kennenlernen sollten. Ich war vom Schicksal gebeutelt. Ich weiß noch, ich saß mit meinem Sohn Sean morgens am Pool, es war noch früh, und da kam sie um die Ecke, diese schöne Frau, in ihrem Armani-Anzug.

Liebe auf den ersten Blick?

Auf jeden Fall Anziehung auf den ersten Blick. Das Mädchen war ein echter Hingucker. Ich wollte sie so oft wie möglich sehen, musste aber dauernd um die Welt fliegen. Sie war so voller Leben, voller Energie, und ich kam gerade aus den Tiefen meiner Trauer. Zwei Jahre habe ich nur getrauert. Ich hatte auf meinem Lebensweg schon ein paar Dornen gespürt. Und dieses Mädchen war einfach magisch.

1991 mussten Sie den Krebstod Ihrer Frau Cassie verwinden. Ist das Erfahren einer persönlichen Tragödie etwas, was Sie an Roman Polanski bindet? Er musste 1969 den Mord an seiner schwangeren Frau Sharon Tate verkraften.

Ich glaube, der Mann hat gelitten. Sehr sogar. Der Tod von Sharon – und auf diese bestialische Art, mit dem Mord an dem ungeborenen Kind in ihrem Leib. Sie war sein Licht. Das weiß ich, das hat er mir selbst gesagt.

Haben Sie den Mut gehabt, ihn auf diese Tragödie anzusprechen?

Ja, bei unserem ersten Treffen bei einem Mittagessen in Paris. Hey, er ist Pole, ich Ire, das schafft schon Sympathien. Und irgendwie tragen wir beide ja dasselbe Kreuz: Ich habe meine Frau an Krebs verloren. Ja, wir haben über unsere verstorbenen Lieben gesprochen. Und er sprach über Sharon mit so viel Zärtlichkeit, sie war ihm noch so nah... (bricht ab)

Ihre Trauer hat Sie tief geprägt, Polanski auch. Fühlen Sie sich ihm deswegen nah?

Ja, ich habe Mitgefühl für ihn. Ich denke auch, dass es falsch war, was er getan hat, in jeder Hinsicht – Gott! Er hat schlechte Entscheidungen getroffen. Aber das Gerichtsverfahren damals, die 90 Tage Haft, die Flucht vor der Justiz, das Exil und vor allem die Scham – nun, jetzt hat der lange Arm des Gesetzes ihn gepackt, aber jetzt macht auch schnell mit eurer Gerechtigkeit. Lasst Würde und Mitgefühl walten, schon um der Familien und der Kinder willen! Die Familien werden viel stärker in Mitleidenschaft gezogen, als man sich das vorstellen kann. Ich plädiere für Frieden. Es ist genug.

Pierce Brosnan,
geb. am 16. Mai 1953 in Irland, wuchs in Irland und London auf. Schon in der Schule sammelte er erste Erfahrungen als Schauspieler. Ab 1973 studierte er am Drama Centre London und arbeitete nebenbei als Assistent des Bühnenmanagers am Royal Theatre.

Der Dramatiker Tennesse Williams wurde in Brosnans erstem Studienjahr auf ihn aufmerksam und besetzte ihn in seinem Stück „Red Devil Battery Sign“. Ab 1981 folgten Auftritte im Fernsehen und kurz darauf der Durchbruch mit der Krimiserie „Remington Steele“.

Vier Mal verkörperte er den Geheimagenten James Bond. Weitere bekannte Filme: „Mrs. Doubtfire“, „Mamma Mia“. Aktuell in den Kinos in Roman Polanskis Film „Ghostwriter“ und „Remember Me“.

Privatleben
In erster Ehe mit Cassandra Harris verheiratet, ein Sohn. Sie starb 1987 an Krebs, er adoptierte zwei Kinder aus ihrer ersten Ehe.

Seit 2001 ist er mit der Journalistin Keely Shaye Smith verheiratet und hat mit ihr zwei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2010)

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