Coco Chanel: Schwierige Liebe der Selbstverliebten

Coco Chanel Schwierige Liebe
Coco Chanel Schwierige Liebe
  • Drucken

Jan Kounens "Coco Chanel & Igor Stravinsky" mit Mads Mikkelsen und Anna Mouglalis überzeugt stärker als "Coco" mit Audrey Tautou.

Vor Jahren war in Wien eine Rekonstruktion von Vaslav Nijinskys Original-Choreografie zu Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“ zu sehen. Die Uraufführung des Moderne-Klassikers verursachte in Paris 1913 einen Tumult. Angesichts artig hüpfender Indianerinnen mit Zöpfchen war die Provokation bei der Wiederauflage nicht nachzuvollziehen.

In „Coco Chanel & Igor Stravinsky“ von Jan Kounen wird der Skandal komplett rekonstruiert: Atemberaubend, wie sich das barbarische Frühlingswunder, bei dem eine Jungfrau geopfert wird, indem sie sich zu Tode tanzt, tanzen muss, zu dieser wahrhaft wilden Musik ereignet. Dazu die tobenden Pariser Freunde der schönen Künste, die sich von einem Frühlingswunder wohl eher Blümchen, Pas de deux und schmeichelnde Violinen erwartet hatten. Herrlich!

Die Eröffnung ist die Hauptattraktion dieses Films. Doch auch sonst ist „Coco & Igor“ besser gelungen als „Coco“ von Anne Fontaine mit Audrey Tautou. Dies war eher eine kitschig-glatte Mainstreamproduktion über die tristen Anfänge der berühmten Modeschöpferin (1883–1971). Kounen, der als Avantgardist und Besson-Nachfolger betrachtet wird, drehte mit „Dobermann“ und „Blueberry“ zwei optisch experimentell anmutende Arbeiten, deren Bildsprache er in „Coco & Igor“ sozusagen beschönigend variiert hat. In „Coco und Igor“ sind zwei narzisstische Persönlichkeiten porträtiert, die sich nicht einmal in der intimsten Umarmung vergessen.

Der Macho und die Karrieristin

Vor allem die kühle Coco ist, wie ihre Rivalin, Strawinskys Ehefrau Catherine (wunderbar: Elena Morozowa), feststellt, „eine Menschensammlerin“, außerdem vor allem mit ihrer Karriere beschäftigt. Anna Mouglalis, als Model auch auf Chanel-Plakaten zu sehen, ist eine majestätische Coco, die Igor die Beleidigung, sie sei eine Stoffhändlerin, keine Künstlerin, nicht verzeiht. Der Däne Mads Mikkelsen – derzeit auch in „Kampf der Titanen“ zu sehen – fasziniert als wortkarger, mit den Frauen überforderter Igor. Der Film ist episch, schwelgerisch geraten. Auch erinnert er wie frühere Arbeiten Kounens zeitweise an hoch entwickelte Werbespots. Man erfährt aber einiges über das Funktionieren von Genies im richtigen Leben – ohne dass sie banalen Seitenblicken ausgeliefert werden. bp

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.